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       # taz.de -- Die Ausstellung von Kriegsverbrechen: Von Gewalt und Strohkästchen
       
       > Das Deutsche Historische Museum hat begonnen, über ein
       > Dokumentationszentrum zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges
       > nachzudenken.
       
   IMG Bild: Denkt über die deutsche Besatzung nach: Das DHM
       
       Manche werden sie vielleicht noch kennen: die Erzählung deutscher Männer,
       die im Zweiten Weltkrieg als Soldaten nach Frankreich mussten. Viele von
       ihnen berichteten davon wie von einem Urlaub. Von Gräueltaten,
       Hinrichtungen, Folterungen und Vergewaltigungen war oft kaum die Rede.
       
       Es ist ein Wunder, wie diese Erzählung wieder lebendig wird, als die
       kanadische Historikerin Julia Torrie von ihrem Forschungsschwerpunkt, der
       Sozial- und Kulturgeschichte während der Kriegszeit in Europa, berichtet.
       Unter anderem zeigt sie das Foto eines „Kleinen Führers durch Paris“ für
       deutsche Soldaten, der mit Genehmigung der nationalsozialistischen Führung
       im August 1940 erschien und auf den ersten Blick wie ein harmloser
       Reiseführer wirkt.
       
       „Eigentlich half dieses Bild von Frankreich als Urlaubsziel nur, die
       Ausbeutung zu überdecken“, sagt Torrie. Die Aufforderung an die deutschen
       Soldaten, sich mit den Schätzen des Landes zu beschäftigen, erfolgte erst,
       nachdem man sie sich angeeignet hatte.
       
       Julia Torrie ist eine von vielen Redner*innen bei einem Symposium des
       [1][Deutschen Historischen Museums (DHM)] am 31. März, bei dem es darum
       ging, wie man heute Gewalt im Museum ausstellen kann. Hintergrund ist der
       Beschluss des Bundestags im Oktober 2020, ein Dokumentationszentrum zur
       Geschichte des Zweiten Weltkrieges und der deutschen Besatzungsherrschaft
       in Europa zu errichten, das das DHM realisieren soll.
       
       ## Wie wird der Krieg in der Ukraine einfießen?
       
       Nach dem [2][russischen Angriff auf die Ukraine] erhält das Symposium
       unverhoffte Aktualität. Es werden nicht nur Fragen danach laut, wie man in
       ehemals besetzten Gebieten recherchieren soll, wo nun wieder Krieg
       herrscht. Auch ist unklar, wie der Krieg die Ausstellung verändern wird.
       
       Es sind spannende Objekte, die auf dem Symposium vorgestellt werden und die
       nicht immer von der rohen, sondern auch von der allgegenwärtigen subtilen
       Gewalt der deutschen Besatzer erzählen. Neben dem Reiseführer kommt etwa
       ein Strohkästchen aus der Alltagssammlung des DHM vor, wie sie in Osteuropa
       bis heute gefertigt werden. „Es ist ein Zeugnis eines Zwangsarbeiters in
       Schleswig-Holstein, der selbst aktiv wurde, um seine Situation zu
       verbessern“, berichtet Sammlungsleiterin Julia Franke.
       
       Das Kästchen konterkariere die Darstellung vieler deutscher Bauern nach dem
       Krieg, die Zwangsarbeiter hätten es gut bei ihnen gehabt. Natürlich waren
       die Überlebenschancen größer als etwa im Bergbau, sagt sie. Aber man war
       auch abhängig von der Gunst der Bauern. Von alldem berichte das Kästchen,
       das auf den ersten Blick so unbedenklich scheint wie der Reiseführer.
       
       31 Mar 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Messmer
       
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