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       # taz.de -- Blick in die Zukunft: Nostradamus-Vorhersagen
       
       > Im Jahr 2033 ist alles anders. Das hatten uns schon so manche Vorbilder
       > vorausgesagt. Unser Autor hält sich dabei am liebsten an den
       > Star-Sterndeuter.
       
   IMG Bild: Nostradamus lag öfter mal daneben, aber seinen eigenen Tod hat er immerhin korrekt prophezeit
       
       Früher wollten alle wissen, was sie erwartet, heute haben die meisten schon
       von der Gegenwart genug. Wir blicken trotzdem einmal im Monat immer ein
       Jahrzehnt voraus 
       
       Wir schreiben das Jahr 2033. Fielmann heißt jetzt Aral, Aral Rossmann und
       Rossmann Fielmann. Das mag für viele überraschend kommen, jedoch ganz und
       gar nicht für mich. Denn in puncto Zukunft eifere ich seit jeher nur den
       allerbesten Vorbildern nach: der trojanischen Influencerin Kassandra, dem
       WM-Kraken Paul aus dem Sea Life Centre Oberhausen und [1][vor allem
       Nostradamus.]
       
       Der französische Schwurbelzar und Starsterndeuter aus dem 16. Jahrhundert
       ist auch das große Idol meines polnischen Futurologen Zbigniew, der sogar
       eine zerfledderte Autogrammkarte von „Nossi“, wie er ihn nennt, zu Hause in
       der Küche hängen hat: „Meinem lieben Freunde und Kollegen Z. In alter
       Früsche: Nostradamus.“ Wie allerdings die Echtheit der Widmung mit beider
       Geburts- und Sterbedaten korreliert, ist zwar nicht ganz klar, doch gerade
       das ist typisch für olle Nostradamus.
       
       Der war nämlich eben keiner jener windigen Pseudowahrsager, die ihr
       Fähnchen stets in den Wind der öffentlichen Erwartung hängen. Ganz im
       Gegenteil, denn er verlor sich niemals in wilden Spekulationen. So fehlen
       seinen Prophezeiungen fast durch die Bank genaue Zeitangaben, doch wer
       wollte ihm einen Strick daraus drehen, denn woher hätte er das alles auch
       überhaupt wissen sollen? Das ist wahrhaft vertrauenswürdig, das Vage als
       vage zu benennen, den Mut zur Lücke als höchste Tugend zu adeln – das ist
       nämlich unser Nossi, wie er leibt und rät, eine durch und durch immer
       ehrliche Haut.
       
       Dabei vermied er nicht nur seriös jede chronologische Einordnung seiner
       Vorhersagen, sondern auch eine inhaltliche Festlegung, worum es darin
       überhaupt ging. Diese flexible Herangehenweise wiederum bietet
       [2][hochangesehenen Verschwörungsfachblättern] wie der raum & zeit heute
       dankbare Interpretationsspielräume: So wusste man aus einer angekündigten
       Sonnenfinsternis die Einführung des Euro, den Brexit und natürlich auch
       eine zehnminütige Verspätung des RE 1 nach Cottbus herauszulesen.
       
       Nennt Nossi ausnahmsweise doch mal Ross und Reiter, liegt er zuweilen gerne
       erkennbar weit daneben. Zum Beispiel erscheint das Jahr 2242 als
       prognostizierter Termin [3][für das Ende der Welt] mittlerweile längst als
       viel zu optimistisch angesetzt. So was passiert eben.
       
       Immerhin hat er den eigenen Tod korrekt prophezeit. Nur der Zeitpunkt
       seines Ablebens kam für ihn sehr unerwartet: In der Früh hatte er sich zwar
       ein klein wenig schlapp gefühlt, aber das war in seinem für damalige
       Verhältnisse durchaus stolzen Alter ganz normal. Und er hatte ja
       schließlich schon die Pest heil überstanden, da würde er ja jetzt wohl kaum
       an Morgenmattheit abnippeln. Beruhigt und zufrieden nippte Nostradamus also
       an seiner aufgeschäumten Stechapfelschorle.
       
       28 Mar 2022
       
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