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       # taz.de -- Entwurf des Bundeshaushalts für 2022: Mehr Schulden durch Krieg
       
       > Der Entwurf für den Bundeshaushalt 2022 steht. Für Zuschüsse zu den
       > Energiekosten muss die Ampel-Regierung wohl zusätzliche Kredite
       > aufnehmen.
       
   IMG Bild: Mittlerweile ist ein sogenannter Ergänzungshaushalt im Gespräch: Finanzminister Christian Lindner
       
       Berlin taz | Möglicherweise wird die Bundesregierung dieses Jahr noch
       einmal mehr Schulden aufnehmen als geplant – wegen des [1][russischen
       Krieges gegen die Ukraine]. Eigentlich wollten SPD, Grüne und FDP 2022 mit
       knapp 100 Milliarden Euro neuer Kredite auskommen. Doch mittlerweile ist
       ein sogenannter Ergänzungshaushalt im Gespräch, der zum Beispiel
       Ausgleichszahlungen an Haushalte und Unternehmen für die [2][steigenden
       Energiekosten] beinhalten könnte.
       
       Eine „höhere Nettokreditaufnahme“ im Bundeshaushalt 2022 sei möglich, hieß
       es am Montag aus dem Bundesfinanzministerium. So hatte [3][Finanzminister
       Christian Lindner (FDP)] einen Tank-Rabatt ins Gespräch gebracht. Wenn
       jeder Liter Benzin und Diesel beispielsweise mit 20 Cent staatlich
       bezuschusst würde, kostete das etwa eine Milliarde Euro pro Monat. Statt
       fossile Energie zu subventionieren, plädierte der grüne Finanzpolitiker
       Sven-Christian Kindler dafür, Privathaushalten mit niedrigen und mittleren
       Einkommen ein zusätzliches Energiegeld als Unterstützung auszuzahlen.
       Finanzpolitisch wäre der Effekt derselbe: Geld, das die Regierung nicht
       über Steuern einnimmt, muss sie sich leihen.
       
       Über den Entwurf des Bundeshaushalts 2022 will das Kabinett an diesem
       Mittwoch entscheiden. Im Plan stehen bisher Ausgaben von 458 Milliarden
       Euro, 100 Milliarden davon finanziert über neue Schulden. Der
       Ergänzungshaushalt soll im Laufe des Frühjahrs hinzukommen, wenn die
       Regierung weiß, was sie genau machen will. Wegen der [4][Coronapandemie]
       ist [5][die Schuldenbremse] im Grundgesetz dieses Jahr noch ausgesetzt.
       
       2023 soll diese Regel eigentlich wieder eingehalten werden. Bei den Grünen
       wird allerdings diskutiert, ob das realistisch erscheint. Denn um das zu
       schaffen, müsste die Regierung ihre Ausgaben schnell um etwa ein Viertel
       verringern. Angesichts der anhaltenden Coronaprobleme und der Folgen des
       Krieges kann man das für schwierig halten.
       
       ## Wie viel Geld für welchen Bereich?
       
       Krisen und Herausforderungen haben den Anteil der Schulden an den
       Bundesausgaben während der vergangenen Jahre ohnehin stark steigen lassen.
       So will die Ampel zusätzlich zum normalen Haushalt 2022 ein
       [6][Sondervermögen für die Bundeswehr] einrichten. Die dafür vorgesehenen
       100 Milliarden Euro stammen ebenfalls aus zusätzlichen Krediten. Sie lassen
       die Verschuldung des Bundes in diesem Jahr auf mindestens 200 Milliarden
       Euro wachsen. Und aus 2021 hat die Regierung bereits 60 Milliarden Euro
       Kredite ins laufende Jahr umgebucht, die in den Klima- und
       Transformationsfonds fließen. Dieser Teil des Haushalts dient dazu,
       mittelfristig die Klimapolitik zu finanzieren.
       
       Konkret sind im Haushaltsentwurf für 2022 nochmals rund 24 Milliarden Euro
       Mehrausgaben wegen Corona enthalten, etwa Hilfen für Unternehmen. Die
       Verkehrsinvestitionen sollen während der kommenden fünf Jahre in Richtung
       20 Milliarden Euro jährlich zunehmen – der größte Teil für Schienenverkehr,
       der Straßenbau bekommt weniger.
       
       Für den Bau von Sozialwohnungen stellt die Koalition dieses Jahr zwei
       Milliarden zur Verfügung, ab 2025 dann schon 3,5 Milliarden. Insgesamt 50
       Milliarden Euro sind jährlich für Investitionen eingeplant – viel mehr als
       früher. Bei der Entwicklungshilfe will die Regierung mehr oder weniger die
       Zusage einhalten, 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung zur Verfügung zu
       stellen. Dieser Posten wächst allerdings nicht annähernd so schnell wie das
       Militärbudget.
       
       Von den im Koalitionsvertrag angepeilten großen Sozialreformen ist bisher
       nichts zu sehen. Weder die [7][Kindergrundsicherung] noch das Bürgergeld
       stehen im Entwurf für dieses Jahr. Ob sie nächstes Jahr kommen, ist unklar.
       Die Aussichten für diese potenziell teuren Vorhaben sind angesichts der
       finanziellen Gesamtlage nicht gut.
       
       Den Beginn der Rückzahlung der Coronaschulden seit 2020 hat die Regierung
       auf 2028 hinausgeschoben. Dann sollen jedes Jahr elf Milliarden
       zurückfließen – 30 Jahre lang. Trotz der zusätzlichen Kredite halten sich
       die deutschen Staatsschulden noch einigermaßen in Grenzen. Dieses Jahr
       werden sie bei gut 70 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen.
       
       14 Mar 2022
       
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