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       # taz.de -- Bahninitiativen fordern Klimaticket: Deutsche Bahn unter Zugzwang
       
       > Bahninitiativen kritisieren, dass der Staatskonzern seine Stammkunden
       > vernachlässige. Sie fordern ein Klimaticket – nach österreichischem
       > Vorbild.
       
   IMG Bild: In der Pandemie hat die Bahn viele Kund:innen verloren
       
       Berlin taz | Bahninitiativen fordern die rasche Einführung eines
       Klimatickets für den öffentlichen Verkehr in Deutschland. Es soll nach
       österreichischem Vorbild sowohl im regionalen ÖPNV als auch im Fernverkehr
       der Deutschen Bahn gelten.
       
       „Die Deutsche Bahn macht keine gezielte Politik, um die Stammkunden zu
       halten“, sagte der Verkehrsexperte Winfried Wolf bei der Vorstellung des
       [1][„Alternativen Geschäftsberichts“] für die Deutsche Bahn, der vom
       Bündnis „Bürgerbahn statt Börsenbahn“ herausgegeben wird. Die Kunden würden
       der Bahn nicht nur wegen Corona den Rücken kehren, sagte er.
       
       Die BahnCards etwa, mit denen Kund:innen Rabatte bekommen, seien zu
       teuer. Im vergangenen Jahr sei der Umsatz des Unternehmens im Bereich
       BahnCard um 23 Prozent gesunken, berichtete Wolf. Die Bahncard 50 kostet
       234 Euro für die 2. Klasse, damit zahlen Nutzer:innen die Hälfte des
       regulären Preises. Gerade erst hat der Staatskonzern die Partner-Bahncard
       abgeschafft, mit der im gleichen Haushalt lebende Personen Rabatte bekamen.
       
       Die Deutsche Bahn wird am Donnerstag ihre Bilanz für das Jahr 2021
       veröffentlichen. Die Bahnkritiker:innen wollen mit dem 80-seitigen
       „Alternativen Geschäftsbericht“ auf die Fehlentwicklungen hinweisen, die es
       aus ihrer Sicht bei dem Konzern gibt, der zu 100 Prozent im Besitz des
       Bundes ist.
       
       ## Weniger Fahrgäste
       
       Einer der zentralen Punkte ist die Preispolitik. „Das Tarifchaos bei der
       Deutschen Bahn ist legendär“, sagte Wolf. Die Bahnkritiker:innen
       fordern Vereinfachungen, etwa ein Buchungssystem für alle Anbieter, und
       preiswertere Tickets. Österreich hat im vergangenen Jahr ein
       [2][sogenanntes Klimaticket eingeführt, das] fast im ganzen Land gilt.
       Außerdem gibt es in den Bundesländern regionale Klimatickets. Beides
       wollen die Bahninitiativen auch für Deutschland. Das gerade von den
       Koalitionsparteien der Bundesregierung beschlossene „9 für 90“-Ticket
       könnte ein Einstieg dafür sein, hieß es. Mit dem Ticket für 9 Euro sollen
       Kund:innen einen Monat den ÖPNV nutzen können, Details wie Tarifgebiete
       und Ähnliches stehen noch nicht fest.
       
       In Österreich kostet das Klimaticket für den Nah- und Fernverkehr im Jahr
       1.095 Euro, junge Leute bis 25 Jahren, Senior:innen und Menschen mit
       Handicap zahlen 821 Euro. Deutschland ist weitaus größer. Hierzulande wäre
       ein Preis zwischen 1.500 und 1.800 Euro akzeptabel, sagte Wolf. Zum
       Vergleich: Die BahnCard 100, mit der Kund:innen das gesamte Angebot der
       Deutschen Bahn nutzen können, kostet im Jahr 4.144 Euro.
       
       Nötig hätte es die Deutsche Bahn, mit günstigen Tickets Kund:innen
       zurückzugewinnen. In der Pandemie sind die Fahrgastzahlen stark
       eingebrochen. Sie lagen in den Jahren 2020 und 2021 dem Alternativen
       Geschäftsbericht zufolge 60 Prozent unter dem Niveau von 2019.
       
       ## Schienennetz schrumpft
       
       Die Bahnkritiker:innen glauben nicht, dass der Konzern sein Ziel
       erreichen wird, bis 2030 die Zahl der Fahrgäste im Vergleich zur
       Vor-Corona-Auslastung zu verdoppeln. „Das ist illusorisch“, sagte Wolf. Der
       Abbau der Infrastruktur setze sich fort. „Alles Gerede vom Aufbau neuer
       Kapazitäten ist falsch“, sagte er. Das Schienennetz sei 2021 gegenüber dem
       Vorjahr um weitere 111 Kilometer kürzer geworden. Auch Weichen und
       Gleisanschlüsse würden weiter abgebaut.
       
       Vor Kurzem haben sich mehr als zwei Dutzend Bahninitiativen
       zusammengeschlossen. Am 14./15. Mai veranstalten sie in Stuttgart eine
       „Klimabahn“-Konferenz, um die bundesweite Vernetzung voranzutreiben. Dabei
       geht es auch um das umstrittene [3][Megaprojekt Stuttgart21], dessen Kosten
       mittlerweile völlig aus dem Ruder gelaufen sind. „Stuttgart21 wird am
       fehlenden Brandschutz scheitern“, sagte der ehemalige Richter Dieter
       Reicherter, Sprecher des Bündnisses gegen Stuttgart 21.
       
       30 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.kopfbahnhof-21.de/wp-content/uploads/AltGeschBer2021-GESAMT01.pdf
   DIR [2] /Bus-und-Bahn-in-Oesterreich/!5789979
   DIR [3] /Betrugsverdacht-bei-Grossprojekt/!5816027
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
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