URI: 
       # taz.de -- Israel-Palästina-Konflikt: Neue Welle der Gewalt droht
       
       > Drei Anschläge haben Israel erschüttert. Die Sorge vor einer Eskalation
       > auf palästinensischer als auch auf israelischer Seite wächst.
       
   IMG Bild: Nach dem Anschlag in Bnei Brak: Trauernde bei der Beerdigung von Avishai Yehezkel
       
       Tel Aviv taz | Es ist der dritte Terroranschlag in Israel innerhalb einer
       Woche. Am Dienstagabend erschoss in Bnei Brak, eine überwiegend
       ultraorthodox geprägte Stadt direkt angrenzend an Tel Aviv, [1][ein
       Angreifer fünf Menschen mit einem Sturmgewehr]. Insgesamt wurden [2][bei
       den drei Anschlägen in den letzten Tagen] elf Israelis sowie die jeweiligen
       Angreifer getötet.
       
       Kurz nach dem Anschlag vom Dienstagabend hört man in einer Liveschaltung im
       israelischen Fernsehen Sprechchöre aus Bnei Brak, die „Tod den Arabern“
       rufen. Der Angreifer stammte wohl aus Yaabad, einem Dorf in der Nähe von
       Jenin. Dort feierten junge Palästinenser den Terroranschlag auf der Straße
       – auch das wurde im Fernsehen übertragen.
       
       Die islamische Ra’am Partei, die an der israelischen Regierung beteiligt
       ist, verurteilte den Anschlag hart, genauso wie Palästinenserpräsident
       Mahmoud Abbas – l[3][aut Berichten der israelischen Internetzeitung Times
       of Israel] wohl auf Druck des israelischen Verteidigungsministers Benny
       Gantz. Auch der Vorsitzende der Vereinigten Liste, ein Zusammenschluss
       palästinensisch-israelischer Parteien, verurteilte die Attacke, [4][verwies
       aber im gleichen Atemzug auf 51 Palästinenser*innen], die seit Beginn
       des Jahres getötet wurden, und führte die Hasstaten auf die Besatzung
       zurück.
       
       Israel ist im Schockzustand. In den letzten Jahren waren die meisten
       Angriffe von palästinensischer Seite auf Siedler*innen im Westjordanland
       oder Sicherheitskräfte an Checkpoints und in Jerusalem gerichtet. Dass
       Israelis in Städten im Herzen des Landes angegriffen und getötet werden –
       so nah an der Partystadt Tel Aviv, die gerne die Augen vor dem Konflikt
       verschließt –, erinnert viele an die [5][Welle von Messerangriffen in den
       Jahren 2015/16] und an die zweite Intifada in der ersten Hälfte der 2000er
       Jahre. Das Land schockiert aber auch, dass der israelische Geheimdienst die
       Anschläge nicht vorhergesehen hat. Auch dass die ersten beiden Terrorakte
       wohl von Anhängern des „Islamischen Staates“ (IS) begangen wurden, hat sie
       offenbar überrascht. Vielen scheint es, als sei der IS plötzlich in Israel
       aufgetaucht.
       
       ## Immer wieder Konflikte während des Ramadan
       
       [6][Roni Shaked], Nahostexperte am Harry-S. Truman-Institut für
       Friedensentwicklung in Jerusalem, beobachtet das Phänomen schon länger.
       Palästinenser*innen sowohl aus dem Westjordanland als auch in Israel
       näherten sich bereits seit Jahren der Ideologie des „Islamischen Staates“
       an. Viel brauche es dafür nicht – über die sozialen Medien kann sich die
       Ideologie schnell verbreiten. Die meisten
       Sicherheitsspezialist*innen, wie auch Shaked, bezweifeln aber
       derzeit, dass die Angreifer vom IS selber beauftragt worden waren.
       
       Der Angreifer vom Dienstag hatte wohl keine Verbindungen zum IS. Doch
       irgendjemand muss ihn nach Israel gebracht und ihn mit M16-Sturmgewehren
       ausgestattet haben. Dass er die Tat alleine durchgeführt hat, scheint wohl
       unwahrscheinlich. In der Nacht zum Mittwoch [7][haben israelische
       Sicherheitskräfte eine Welle von Festnahmen im Westjordanland]
       durchgeführt. Premierminister Naftali Bennett berief für Mittwoch das
       Sicherheitskabinett ein.
       
       Durch den Anschlag vom Dienstag rückt der Konflikt zwischen Israelis und
       Palästinenser*innen wieder mehr in den Fokus: Am kommenden Samstag
       beginnt der Fastenmonat Ramadan, in dem sich die Auseinandersetzungen
       zwischen jüdischen Israelis und Palästinenser*innen ohnehin meist
       zuspitzen. Dieses Jahr fällt das jüdische Pessachfest in dieselbe Zeit.
       Spannungen sind vorprogrammiert, meint Shaked: „Fanatiker*innen von beiden
       Seiten könnten uns eine neue Welle der Gewalt bringen.“
       
       30 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Erneuter-Terrorakt-in-Israel-/!5845380
   DIR [2] /Konflikt-mit-Palaestina/!5841558
   DIR [3] https://www.timesofisrael.com/gantz-urged-abbas-to-condemn-attack-threatening-to-pull-planned-ramadan-gestures/
   DIR [4] https://www.timesofisrael.com/liveblog_entry/panning-attack-joint-list-chief-says-victims-join-51-palestinians-killed-this-year/
   DIR [5] /Messerangriffe-in-Israel/!5250311
   DIR [6] https://truman.huji.ac.il/people/ronni-shaked
   DIR [7] https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-israeli-forces-raid-west-bank-village-of-bnei-brak-shooter-arrest-family-members-1.10707786
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Judith Poppe
       
       ## TAGS
       
   DIR Israel
   DIR Palästina
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Terrorismus
   DIR Anschlag
   DIR Naftali Bennett
   DIR Westjordanland
   DIR Schwerpunkt Islamistischer Terror
   DIR Israel
   DIR Israel
   DIR Gaza
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Ukraine
   DIR Israel
   DIR Siedlungen
   DIR Israel
   DIR Gaza
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Israel-Palästina-Konflikt: Erneuter Angriff in Südisrael
       
       In der Stadt Aschkelon hat die Polizei einen Palästinenser nach einem
       Messerangriff getötet. Israel sanktioniert die Stadt Jenin im
       Westjordanland.
       
   DIR Israel-Palästina-Konflikt: Steigende Spannungen
       
       Nach den Anschlägen eskaliert die Lage weiter. Palästinenser verwüsten das
       Josefsgrab, das israelische Militär tötet vier Palästinenser*innen.
       
   DIR Nach den jüngsten Anschlägen in Israel: In ängstlicher Wartehaltung
       
       Zuletzt hat es in Israel drei Anschläge gegeben. Sie wecken die Sorge vor
       einer neuen Eskalation zwischen jüdischen und palästinensischen Israelis.
       
   DIR Eskalation im Israel-Palästina-Konflikt: Drei bewaffnete Palästinenser getötet
       
       Letzte Woche wurden bei Anschlägen 11 Menschen getötet. Am Samstag
       erschießen israelische Einheiten Mitglieder der radikalen Organisation
       Islamischer Dschihad.
       
   DIR Instrumentalisierung des Ukrainekriegs: Ukraine ist nicht Palästina
       
       Antizionistische Aktivist:innen vergleichen den Ukrainekrieg mit dem
       Nahostkonflikt. Doch diese Gleichung geht auf mehreren Ebenen nicht auf.
       
   DIR Israelisches Militär im Westjordanland: Zwei Tote bei Militäreinsatz
       
       Israelische Soldaten haben bei Jenin im Westjordanland zwei Palästinenser
       erschossen. Der Einsatz folgte auf die Anschlagsserie der letzen Tage.
       
   DIR Konflikt um Land in Israel und Palästina: „Das ist unmenschlich“
       
       Immer wieder reißt Israel in Al-Walaja angeblich illegal erbaute Häuser ab.
       Die Bewohner*innen protestieren, nun soll ein Gericht entscheiden.
       
   DIR Treffen von Israel und arabischen Staaten: Neue Freunde zu Besuch
       
       Israel empfängt erstmals gleich vier Außenminister arabischer Staaten. Mit
       dem US-Außenminister senden sie ein Signal an Iran und die Palästinenser.
       
   DIR Einbürgerung für Palästinenser untersagt: Kein Recht auf Gemeinsamkeit
       
       Israels umstrittenes „Staatsangehörigkeitsgesetz“ verbietet den
       Familiennachzug von Palästinenser*innen. Zivilorganisationen
       protestieren.