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       # taz.de -- Kein Geld für AfD-Stiftung: Steinbach und Erasmus bleiben arm
       
       > Der Bundeshaushalt 2022 sieht keine Förderung für die AfD-nahe
       > Erasmus-Stiftung vor. Die Stiftung verklagt den Haushaltsausschuss des
       > Bundestages.
       
   IMG Bild: No money, big problems: Erika Steinbachs Erasmus-Stiftung bekommt vorerst kein Steuergeld
       
       Berlin taz | Der aktuelle Haushaltsplan der Bundesregierung sieht keine
       Zuschüsse für die AfD-nahe Erasmus-Stiftung vor. Das geht aus dem am
       Dienstag im Bundestag von Finanzminister Christian Lindner (FDP)
       vorgestellten [1][Kabinettsentwurf für den Bundeshaushalt 2022 vor]. Dort
       sind Globalzuschüsse für die sechs politischen Stiftungen der
       demokratischen Parteien von CSU bis Linke vorgesehen – die AfD-nahe
       Desiderius-Erasmus-Stiftung hingegen fehlt. Deren Vorsitzende Erika
       Steinbach (AfD) kündigte umgehend an, notfalls bis zum Europäischen
       Gerichtshof zu ziehen, um zu klagen.
       
       Formal stehen nach bisheriger Praxis der Erasmus-Stiftung wie den
       politischen Stiftungen anderer Parteien mit dem Wiedereinzug in den
       Bundestag Fördermittel zu – allerdings gibt es nun zumindest bei den
       Regierungsparteien Vorbehalte, die AfD-Stiftung zu fördern. Die Bedenken
       dürften sich nicht zuletzt durch die gerichtlich bestätigte [2][Einstufung
       der Partei als rechtsextremer Verdachtsfall] bestärkt haben.
       
       Um die Förderung entspannte sich seit vergangenem Jahr [3][eine
       gesellschaftliche Debatte]. Die AfD-Stiftung klagt bereits seit Längerem
       gegen die Nichtberücksichtigung bei Fördermitteln. Ein breites
       zivilgesellschaftliches Bündnis fordert demgegenüber ein Stiftungsgesetz,
       das Förderungen von politischer Bildung an demokratische Grundprinzipien
       knüpfen soll, sodass die Förderung einer AfD-Stiftung mit absehbar
       antidemokratischen Bildungsinhalten ausgeschlossen würde.
       
       Im [4][Koalitionsvertrag der Ampel] hieß es noch eher vage: „Die Arbeit und
       Finanzierung der politischen Stiftungen wollen wir rechtlich besser
       absichern. Dies soll aus der Mitte des Parlaments geschehen, unter
       Einbeziehung möglichst aller demokratischen Fraktionen.“ Faktisch heißt
       dies jetzt offenbar, dass die AfD zunächst einfach nicht berücksichtigt
       wird. Vorgesehen sind im Haushaltsjahr 2022 knapp 132 Millionen Euro für
       politische Stiftungen, für die Erasmus-Stiftung hingegen 0 Euro.
       
       ## Steinbach stinksauer
       
       Der Haushaltsplan muss noch durch den Bundestag. Über die Mittelvergabe
       entscheidet der Haushaltsausschuss. Möglicherweise ist die Ampel-Strategie,
       durch die Nicht-Berücksichtigung der AfD Zeit zu gewinnen, in der ein
       mögliches Stiftungsgesetz ausgearbeitet werden könnte, das Regeln und
       Grundsätze für die Förderung von politischen Stiftungen beinhaltet. Auf
       taz-Anfrage äußerten sich die beteiligten Behörden von Finanz- und
       Innenministerium allerdings nicht inhaltlich zu dem Posten.
       
       Die Ausgrenzung ist [5][indes umstritten]: Spätestens mit ihrer gerichtlich
       bestätigten Einstufung als rechtsextremer Verdachtsfall lässt sich diese
       zwar inhaltlich rechtfertigen, aber dass die Nichtberücksichtigung
       angesichts des Gleichheitsgrundsatzes juristisch haltbar ist, ist eher
       unwahrscheinlich. Zuständig für die Vergabe von „Globalzuschüssen zur
       gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit“, wie der
       Haushaltstitel offiziell heißt, ist das Innenministerium von Nancy Faeser
       (SPD).
       
       Steinbach schimpfte umgehend nach Bekanntwerden des Haushaltsplans in einer
       Pressemitteilung, dass die Bundesregierung sich rechtswidrig und
       demokratiefeindlich verhalte. „Unser Anspruch von rund sechs Millionen Euro
       ist nicht vorgesehen“, so Steinbach. Die Bundesregierung mache mit der
       Verweigerung von Mitteln deutlich, dass ihr demokratisches Handeln fremd
       sei und forderte den Bundestag zur Korrektur in den Haushaltsberatungen
       auf, die diese Woche stattfinden. „Sollte das nicht geschehen, wird der
       Rechtsweg bis hin zur europäischen Gerichtsbarkeit fortgeführt werden“, so
       Steinbach. Sämtliche Vorbereitung zum strukturellen Aufbau dürften nun ins
       Leere laufen. Bisher finanziert sich die Stiftung über Spenden.
       
       Der haushaltspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Peter
       Boehringer, kündigte zudem an, bei Innenministerin Faeser nachhaken zu
       wollen und auf allen möglichen Ebenen zu klagen. Boehringer, der in der
       Vergangenheit Verschwörungsideologie mit antisemitischen Anklängen
       reproduzierte, sagte dazu am Montag bei einem Pressegespräch: „Das ist ein
       anhaltender Skandal, der die Demokratie beschädigt.“
       
       ## AfD verklagt Haushaltsausschuss des Bundestages
       
       Die Bildungsstätte Anne Frank, die mit ihrem Vorsitzenden Meron Mendel
       lautstark gegen die Finanzierung der AfD-Stiftung mobilisiert, wertete die
       [6][Nicht-Berücksichtigung der AfD-Stiftung als „Teilerfolg“]. Es liege nun
       an der Justiz, durch Steuergelder finanzierten Hass und Hetze zu
       verhindern, so Mendel: „Dass im Haushaltsplan 2022 keine Mittel für die
       AfD-Stiftung vorgesehen sind, ist eine gute Nachricht für unsere
       Demokratie!“
       
       Die AfD klagt unterdessen weiter: Wie aus der taz und [7][fragdenstaat.de
       exklusiv vorliegenden Unterlagen hervorgeht], klagt die extrem rechte
       Partei nun auch gegen den Haushaltsausschuss des Bundestages. So hat die
       Partei kürzlich beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf einstweilige
       Anordnung gegen den Haushaltsausschuss des Bundestages eingereicht. In dem
       Schriftsatz fordert die AfD zugunsten der Erasmus-Stiftung, dass der
       Bundestag der Stiftung beginnend mit dem Haushaltsjahr 2022 Fördermittel
       zusprechen müsse. Der Antrag vom 17. Februar ist ein Folgeantrag im
       anhängigen Organstreitverfahren um Steuergelder für die Steinbach-Stiftung.
       
       Interessant ist darüber hinaus: Im Anhang finden sich auch Details zum
       Aufbau der Stiftung: Sie plante mit 7,8 Millionen Euro, wollte damit 60
       Mitarbeiter*innen einstellen sowie 800 Seminare und zwei Kongresse
       veranstalten. Vorbereitungen zum Aufbau dürften nun vorerst ins Leere
       laufen. Bisher finanziert sich die Stiftung über Spenden.
       
       Die Begründung für die Klage liest sich dabei in Teilen weniger wie ein
       juristischer Antrag als eher ein rechtes Pamphlet: Es bestehe ein
       gesellschaftliches Bedürfnis für die Erasmus-Stiftung, „da sich immer
       weniger Bürger im grünen Einheitsbrei, der längst auch die Veranstaltungen
       der Konrad-Adenauer-Stiftung prägt, inhaltlich wiederfinden, und sich nach
       politischer Bildung sehnen, die differenzierter fragt als die
       gesinnungsethischen Freund-Feind-Floskeln des öffentlich-rechtlichen
       Fernsehens.“
       
       Es wird gejammert über „seuchenpolizeiliche“ Ausschlüsse von
       AfD-Abgeordneten (die sich offenkundig nicht an gültige Coronamaßnahmen
       halten wollten). Dass kein AfD-Abgeordneter ins Bundestags-Präsidium oder
       zum Ausschuss-Vorsitz gewählt wurde, nennt sie „postdemokratisch“, obwohl
       sie mit Verfassungsbeschwerden in beiden Punkten gescheitert ist oder zu
       scheitern droht.
       
       Gleichzeitig behauptet die DES, dass radikales und rassistisches
       Gedankengut in ihrer Stiftung keinen Platz habe – wobei Vorstand und das im
       übrigen intransparent geheim gehaltene Kuratorium [8][durchsetzt sind von
       Personal], das sowohl eine [9][rassistische als auch extrem rechte Agenda]
       vertritt – Übergänge zu Kubitscheks rechtsextremem Thinktank, dem Institut
       für Staatspolitik in Schnellroda, waren und sind mitunter fließend.
       
       22 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://dserver.bundestag.de/btd/20/010/2001000.pdf
   DIR [2] /Verwaltungsgericht-Koeln-zur-AfD/!5839803
   DIR [3] /AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5799973
   DIR [4] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwj4l5a_m9n2AhWDraQKHSSmD1EQFnoECAUQAQ&url=https%3A%2F%2Fwww.spd.de%2Ffileadmin%2FDokumente%2FKoalitionsvertrag%2FKoalitionsvertrag_2021-2025.pdf&usg=AOvVaw1x1pRkrA9nF0aE1j8cYZ_Q
   DIR [5] /Geldsegen-fuer-AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5801836
   DIR [6] https://twitter.com/BS_AnneFrank/status/1504832997488529415
   DIR [7] https://fragdenstaat.de/blog/2022/03/22/des-erasmus-verfassungsgericht-eilantrag
   DIR [8] https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/publikationen/titel/desiderius-erasmus-stiftung/aktion/show/
   DIR [9] /AfD-nahe-Erasmus-Stiftung/!5807016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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