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       # taz.de -- Massaker im ukrainischen Butscha: Nebelkerzen aus Moskau
       
       > Die russische Regierung will mit den Morden an Zivilisten in der
       > ukrainischen Kleinstadt nicht zu tun haben. Recherchen ergeben ein
       > anderes Bild.
       
   IMG Bild: Für Russland ist das alles nur gefälscht: Die Hand einer toten Frau in Butscha, 2. April
       
       Berlin taz | Alles erstunken und erlogen – das ist Russlands Reaktion auf
       die Bilder von zivilen Opfern mutmaßlicher Massaker durch russische
       Soldaten in [1][Butscha] nach der Rückeroberung durch ukrainische Truppen.
       Russlands Ermittlungskomitee hat ein Verfahren wegen der Verbreitung von
       „Falschmeldungen“ eingeleitet.
       
       „Soldaten des 72. ukrainischen Hauptzentrums für psychologische Einsätze
       führten am 4. April in einem Dorf 23 Kilometer nordwestlich von Kiew eine
       weitere Inszenierung von Filmaufnahmen von Zivilisten durch, die angeblich
       durch das gewaltsame Vorgehen der russischen Streitkräfte getötet wurden“,
       erklärte das russische Verteidigungsministerium in Moskau am Dienstag. Am
       Montag hatte der russische UN-Botschafter Wassily Nebensia auf einer
       Pressekonferenz behauptet, die Fotos und Videos von Leichen in Butscha
       seien „inszeniert“. Außenminister Sergei Lawrow behauptete, die
       Videoaufnahmen trügen „Zeichen von Fälschung und Manipulation“. Und
       Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte: „Der zeitliche Ablauf der Ereignisse
       passt nicht zu den Vorwürfen.“
       
       Das allerdings gilt viel mehr für die russische Darstellung. Der zufolge
       könnten die Toten von Butscha nicht von russischen Soldaten getötet worden
       sein, da diese die Kiewer Vorstadt bereits am 30. März verlassen hätten und
       die Leichen dort erstmals am 3. April gefilmt worden seien. Die britische
       Investigativplattform „[2][Bellingcat]“ verweist hingegen darauf, dass
       russische Medien noch am 1. April behauptet hätten, Butscha und andere
       Frontstädte bei Kiew zu halten.
       
       Ukrainische Truppen rückten am Morgen des 1. April in Butscha ein; die
       russischen Soldaten sollen am Vorabend abgezogen sein. Die ersten Videos
       von Leichen in Butscha zirkulierten am 1. April: Aufnahmen aus fahrenden
       Autos auf einer Straße, an deren Rand Tote zu sehen waren. Zwei Tage später
       wurden die ersten Journalisten in die Stadt gelassen und filmten dieselben
       Leichen; seitdem gehen die Bilder um die Welt.
       
       ## Satellitenbilder zeige Menschenkörper
       
       Am Montag wurde bekannt, dass Satellitenaufnahmen der fraglichen Straße in
       Butscha bereits am 19. und 21. März die Leichen am Straßenrand zeigen. Die
       Analyse weiterer Aufnahmen habe gezeigt, dass die Körper später nicht
       bewegt worden seien, so die [3][New York Times] unter Berufung auf
       Aufnahmen eines Aufklärungssatelliten der Firma Maxar. Aufnahmeserien aus
       dem Zeitraum vom 9. bis 11. März würden zeigen, dass in diesem Zeitraum
       erstmals Objekte von der Größe menschlicher Körper an den Straßenrändern
       auftauchten,.
       
       In prorussischen Kanälen wird ferner behauptet, einige der Leichen von
       Butscha würden sich auf den aus Autos heraus aufgenommenen Videoaufnahmen
       bewegen. Wie zahlreiche Analysten nachgewiesen haben, handelt es sich bei
       den angeblichen Bewegungen um der Autofahrt geschuldete Bildverzerrungen im
       Seitenspiegel oder infolge von Wassertropfen auf der Windschutzscheibe.
       (mit afp, rtr)
       
       5 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Massaker-in-Butscha/!5843277
   DIR [2] https://de.bellingcat.com/
   DIR [3] https://www.nytimes.com/2022/04/04/briefing/your-tuesday-briefing-the-fallout-from-bucha.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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