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       # taz.de -- Europäische Fernsehmesse: Die Welt besser machen
       
       > Nachhaltigkeits- und Umweltdokus setzen auf neue Erzählformate. Auf der
       > europäischen Messe in Cannes wurden sie nun vorgestellt.
       
   IMG Bild: Der Netflix-Erfolg „Our Planet“
       
       Impact-Dokus, also Dokumentationen, die sich mit Umwelt- und
       Nachhaltigkeitsthemen auseinandersetzen, sind so gefragt wie nie. Zwar sind
       Naturfilme beispielsweise auf dem globalen Fernsehmarkt sowieso schon immer
       Seller, doch die unbequemen Wahrheiten über den [1][Zustand unseres
       Planeten] haben das Genre jetzt deutlich erweitert. Allein zu
       [2][Nachhaltigkeit] und Klimawandel präsentierten aktuell Medienkonzerne,
       Sender sowie Produzenten auf der weltgrößten TV-Messe der Welt MIPTV in
       Cannes eine ganze Reihe neuer Formate: etwa die koreanische Serie „The Wet
       Land“ über aquatische Ökosysteme, die Überflutungen vorbeugen,
       Verschmutzungen reduzieren oder den notwendigen Grundwasserstand sichern
       können.
       
       „A Year on Planet Earth“ vom britischen Sender ITV wiederum möchte die
       Schönheit und Verletzlichkeit unserer Lebensumwelt zeigen. Mit modernster
       Technologie wurden Bilder der Erde aufgenommen und produziert. Neben der
       ARD sind auch der US-Sender Fox und ein chinesisches Unternehmen an der
       Produktion beteiligt. Das sind nur zwei Beispiele aus einem großen Fundus,
       der von den internationalen Programmeinkäufer*innen in Südfrankreich
       eifrig durchforstet wurde.
       
       Bereits in über 170 Territorien rund um den Globus hat sich die
       internationale Version „Arctic Drift“ der UFA-Dokumentation „Expedition
       Arktis“ verkauft. Ein Jahr lang hatte ein Filmteam die Forschungsreise des
       Alfred-Wegeners-Instituts auf dem Eisbrecher „Polarstern“ begleitet und so
       die Faszination, aber auch die Gefährdung einer Weltregion festgehalten,
       die als Epizentrum des Klimawandels gilt.
       
       „Es gibt einen ganz klaren Trend nach Impact-Dokus, wie überhaupt der
       journalistisch-dokumentarische Bereich stark nachgefragt ist“, äußerte sich
       UFA-Chef Nico Hofmann gegenüber der taz. Die Zeit, in der Hochglanzbilder
       mit malerischen Landschaften und wilden Tieren das Genre dominieren, gehe
       zu Ende: „Getrieben ist das vor allem durch die junge Generation, die sich
       mit den Themen auf einer ganz anderen, kritischeren Ebene befasst.“
       
       ## Mediale Rezeption des Klimawandels
       
       Das ist wohl auch der Grund, warum sich die BBC jetzt mit der
       Non-Profit-Organisation Moondance Foundation zusammengetan hat, um eine
       Kampagne zu starten, die von David Attenboroughs Serie „The Green Planet“
       inspiriert ist. Die Produktion ist ebenfalls vor Kurzem erfolgreich auf den
       Markt gekommen, entstand in 27 Ländern und verwendete spezielle Zeitraffer
       – Fotografie, Spezialdrohnen und eigens für die Produktion aufwendig
       konstruierte Kamera-Rigs, um Vorgänge in Tier- und Pflanzenwelt sowie deren
       Gefährdung darzustellen.
       
       „Die Serie betont die entscheidende Rolle, die Pflanzen bei der Erzielung
       und Aufrechterhaltung eines ausgewogenen Ökosystems spielen“, erklärte
       Attenborough. „Die Initiative #OurGreenPlanet soll uns alle dazu
       inspirieren, unser Leben zu hinterfragen und herauszufinden, wie wir einen
       nachhaltigen Einfluss auf die Gesundheit des Planeten nehmen können.“
       
       Das auf Naturkunde spezialisierte britische Medienunternehmen Silverback
       produzierte schon 2019 die ambitionierte „Our Planet“-Reihe für Netflix,
       die ebenfalls von Attenborough moderiert wurde und die mehr als 200
       Millionen Menschen erreichte. Silverback–Geschäftsführer Keith Scholey
       betonte, dass das Problem bei der medialen Rezeption des Klimawandels
       nicht darin liege, wie er dokumentarisch aufgearbeitet werde, sondern dass
       er in anderen Programmgenres kaum erscheine: „Es gab so gut wie nie mal
       einen Blockbuster-Spielfilm oder einen Rock-Song über den Klimawandel.“
       
       ## Keine Bevormundung
       
       Der britische Sender Sky hatte bereits Ende letzten Jahres eine Studie
       veröffentlicht, die in sechs europäischen Ländern durchgeführt worden war.
       Ergebnis: Fernsehen hat grundsätzlich die Macht, Verbraucher*innen zur
       CO2-Einsparung zu ermutigen. Ein Drittel des TV-Publikums habe aufgrund
       einer entsprechenden Berichterstattung seinen Lebensstil nachhaltiger
       ausgerichtet. Sky hat später zehn neue verhaltenswissenschaftliche
       Prinzipien festgelegt, um Sender dabei zu unterstützen, ihr Publikum zu
       nachhaltigem Verhalten zu animieren und sie mit gut aufbereiteten
       Informationen über den Stand der Dinge zu unterrichten.
       
       Die Ansprache dabei, darüber ist sich die Branche einig, bleibt
       entscheidend. Denn kein*e Zuschauer*in möchte, gleichgültig zu welchem
       Thema, mit dem erhobenen Zeigefinger belehrt werden.
       
       7 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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