URI: 
       # taz.de -- Forscherin über sensationelle Entdeckung: „Etwa 60 Millionen Fische“
       
       > Größte Eisfischkolonie der Welt: Lilian Böhringer vom Forschungsschiff
       > „Polarstern“ berichtet über den Fund in der Antarktis.
       
   IMG Bild: Rund 10.000 Nester der größte jemals beschriebene Fischkolonie hat die Polarstern gefunden
       
       taz: Frau Böhringer, wie war die Stimmung an Bord, als Sie die Brutkolonie
       der Eisfische gefunden haben? 
       
       Lilian Böhringer: Zu Beginn der Expedition wussten wir nicht, was wir genau
       entdeckt haben, weil es vorher bekannt war, dass die Eisfische Nester
       bilden. Es war daher nicht wirklich besonders. Aber den gesamten Tauchgang
       lang waren überall diese Fischnester. Mit der Zeit starrten wir immer
       gespannter auf den Monitor und dachten: „Wann hört es auf? Hört es
       überhaupt auf? Sehen wir ein Ende?“ Da wurde uns bewusst, [1][dass es etwas
       Sensationelles ist, obwohl man eigentlich die ganze Zeit nur diese
       Eisfische gesehen hat]. Aber auf das Ausmaß kam es an. Daher war es schon
       eine sehr besondere Stimmung!
       
       Was macht den Fund so besonders? 
       
       Beobachtungen aus vorherigen Jahren berichten von ca. 100 Eisfischnestern
       in einem Gebiet. Die Brutkolonie, die wir entdeckt haben, zählt
       schätzungsweise 60 Millionen! Außerdem sind die Nester üblicherweise nicht
       so dicht zusammen. Beides kennt man bisher von keinem anderen Fisch. Als
       Wissenschaftlerin frage ich mich dann, welchen Vorteil sie davon haben oder
       welche Umweltbedingungen an dieser Stelle geeignet sind. Das Wedellmeer ist
       schließlich groß.
       
       Wie hängt der Eisfisch [2][mit dem Ökosystem Weddellmeer zusammen]? 
       
       Messungen an Wedellrobben, an die ein Tracker angebracht wurde, zeigen,
       dass sie eine erhöhte Aktivität über dieser Kolonie aufweisen. Die Fische
       bewegen sich an dieser Stelle wenig und sind für die Robben leichte Beute.
       Wenn die Fische gestorben sind, werden die Kadaver von Seesternen und
       Oktopussen gefressen. Außerdem strukturieren die Nester, die eher Mulden
       sind, dort den Meeresgrund und so den gesamten Lebensraum anderer Spezies.
       
       Die „Polarstern“ ist seit 1983 in der Antarktis unterwegs: Welche
       Auswirkungen der Klimakrise sind seither zu beobachten?
       
       Konkret auf den Eisfisch bezogen, ist es noch schwierig zu sagen.
       [3][Allerdings gibt es bereits Veränderungen hinsichtlich der Eisbedeckung,
       die zunehmend schmilzt]. Die neuen und auch wärmeren Wassermassen wirken
       sich, je nachdem wo sie lang fließen werden, wahrscheinlich auf die
       Eisfische aus und ebenso darauf, wo sich sie sich ansammeln werden. Um
       diese Entwicklung die nächsten Jahre zu verfolgen, wurde bereits eine
       Kamera mit einem Sensor heruntergelassen. Es bleibt daher weiter zu
       beobachten und abzuwarten.
       
       6 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.awi.de/ueber-uns/service/presse/presse-detailansicht/weltweit-groesstes-fischbrutgebiet-in-der-antarktis-entdeckt.html
   DIR [2] /Meeresschutzgebiet-in-der-Antarktis/!5806106
   DIR [3] /Meeresschutz-am-Suedpol/!5768829
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Henrike Notka
       
       ## TAGS
       
   DIR Antarktis
   DIR Fische
   DIR Ozean
   DIR Forschung
   DIR Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Biodiversität
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Wissenschafts-Kooperationen mit Russland: Auf Eis gelegt
       
       Norddeutsche Unis und Hochschulen haben ihre Zusammenarbeit mit russischen
       Institutionen eingefroren. Aber persönliche Kontakte sollen bleiben.
       
   DIR Klimaforscherin über Russland-Sanktionen: „Arktis-Messungen ausgesetzt“
       
       Der Russland-Boykott führt auch zu wegfallenden Klimadaten aus Sibirien.
       Antje Boetius vom Alfred-Wegener-Institut über ein akutes
       Forschungsproblem.
       
   DIR Plastikmüll im Meer: Die Weltmeere als Müllkippe
       
       Die Ozeane ersticken im Plastikmüll, die Biodiversität ist in Gefahr. WWF
       und Alfred-Wegener-Institut fordern ein Abkommen.