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       # taz.de -- Strom-Export aus Deutschland: Erneuerbare für Frankreich
       
       > Deutschland hat im ersten Quartal wieder viel Strom ins Ausland
       > geliefert. Das hat auch mit Problemen in französischen Atomkraftwerken zu
       > tun.
       
   IMG Bild: Windpark im Landkreis Aurich: Viel Strom ging zuletzt vor allem nach Frankreich
       
       Freiburg taz | Deutschland hat im ersten Quartal 2022 wieder große Mengen
       an Strom ins Ausland geliefert. Der Exportsaldo belief sich auf 13,8
       Terawattstunden (Milliarden Kilowattstunden) und lag damit höher als die
       Gesamterzeugung der noch verbliebenen drei deutschen Atomkraftwerke, die im
       gleichen Zeitraum 8,6 Terawattstunden erreichte. Diese Zahlen hat das
       [1][Fraunhofer ISE] auf Basis von Daten der Energiewirtschaft aufbereitet.
       
       Ein wesentlicher Grund der großen Exportmengen war die Windstromerzeugung
       im Februar, die mit 20,6 Terawattstunden einen neuen Monatsrekord erzielte.
       Hinzu kam aber auch eine hohe Solarstromerzeugung; im März war sie sogar
       höher als jemals zuvor um diese Jahreszeit. In der Summe des ersten
       Quartals überstieg die Erzeugung von Solarstrom in Deutschland mit 9,1
       Terawattstunden sogar jene des Atomstroms.
       
       Ungewöhnlich vor allem: Deutschland exportierte nun schon im fünften Monat
       in Folge per Saldo Strom nach Frankreich, nachdem über Jahre hinweg ein
       Stromimport aus Frankreich üblich war. Nun aber erzielte Deutschland
       alleine im ersten Quartal einen Exportüberschuss in das Land in Höhe von
       1,3 Terawattstunden.
       
       Hintergrund sind Probleme in französischen Atomkraftwerken, die zu
       Ausfällen in großem Stil geführt haben. Zuletzt waren nur 30 von 56
       französischen AKW in Betrieb. Diese Verknappung zeigt sich in letzter Zeit
       auch regelmäßig an der Strombörse: Während in Deutschland am kurzfristigen
       Strommarkt die Kilowattstunde seit Jahresbeginn im Mittel für 18,5 Cent
       gehandelt wurde, lag der entsprechende Preis in Frankreich bei 23,2 Cent.
       Da im grenzüberschreitenden Handel der Strom immer vom billigeren ins
       teurere Land fließt, ergaben sich die deutschen Exporte. Am meisten Strom
       hat Deutschland aber nach Österreich und in die Schweiz geliefert, geringe
       Importmengen kamen hingegen aus Dänemark und Schweden, sowie über die neue
       Seeverbindung Nordlink aus Norwegen.
       
       ## Summenbilanzen sind nicht alles
       
       Nun sind Summenbilanzen natürlich längst nicht alles, weil die
       Stromerzeugung zu jeder Zeit der Nachfrage entsprechen muss. Doch auch bei
       einer Betrachtung der Importverläufe zeigt sich, dass die Zeiten, in denen
       Deutschland in den letzten drei Monaten Strom aus dem Ausland bezog,
       jeweils nur kurz waren. Im ganzen Quartal gab es nur sieben Tage an denen
       überwiegend Import stattfand.
       
       Solche kurzfristigen Importe resultieren allerdings nicht daraus, dass alle
       inländischen Kapazitäten ausgeschöpft sind, sondern vielmehr aus den zu den
       betreffenden Zeitpunkten geringeren Börsenstrompreisen in Nachbarländern –
       eine schlichte Marktreaktion also. In der öffentlichen Diskussion wird das
       oft übersehen: Grenzüberschreitende Stromlieferungen erfolgen vor allem
       nach Marktgesetzen, weniger aufgrund technischer Notwendigkeit.
       
       7 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.ise.fraunhofer.de/de/daten-zu-erneuerbaren-energien.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
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