URI: 
       # taz.de -- Entscheidungen des Verfassungsgerichts: Kein AfD-Recht auf Bundestags-Vize
       
       > Schon sieben Mal scheiterte die AfD mit Kandidaturen für das Amt der
       > Bundestags-Vizepräsident:in. Auch das Verfassungsgericht will nicht
       > helfen.
       
   IMG Bild: „Offensichtlich unbegründet“, Bundesverfassungsgericht lehnt AfD-Klagen zu Bundestagsvize ab
       
       Karlsruhe taz | Die AfD hat keinen Anspruch auf eine eigene
       Vizepräsident:in im Bundestag. Das Bundesverfassungsgericht lehnte
       jetzt eine Organklage der AfD-Fraktion ab. Auch ein Geschäftsordnungs-Trick
       der AfD sei rechtmäßig verhindert worden, urteilte das Gericht in einer
       zweiten Entscheidung.
       
       Seit 2017 sitzt die AfD im Bundestag. Doch noch nie konnte sie eine
       Vizepräsident:in stellen. Dabei heißt es in der Geschäftsordnung des
       Bundestags seit 1994: „Jede Fraktion ist durch mindestens einen
       Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin im Präsidium vertreten.“
       
       Trotzdem sind bisher alle Kandidat:innen der AfD im Plenum des
       Bundestags nicht gewählt worden. In der vorigen Wahlperiode scheiterte die
       AfD sechs Mal. Nach der Bundestagswahl 2021 wurde auch der AfD-Abgeordnete
       Michael Kaufmann [1][nicht als Vizepräsident gewählt].
       
       Schon in der letzten Wahlperiode hatte die AfD per Organklage verlangt, der
       Bundestag solle durch geeignete Verfahrensregeln sicherstellen, dass auch
       ein AfD-Kandidat gewählt wird. Konkrete Vorschläge machte sie nicht.
       [2][Der Eilantrag der AfD scheiterte] schon im Sommer 2021, vor allem weil
       die AfD ihn viel zu spät gestellt hatte.
       
       Nun hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts die AfD-Klage auch
       in der Hauptsache als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Die Fraktion
       habe keinen Anspruch darauf, dass die anderen Fraktionen ihre
       Kandidat:innen wählen. „Der verfassungsrechtliche Schutz der Minderheit
       geht nicht dahin, diese vor Sachentscheidungen der Mehrheit und den
       Ergebnissen freier Wahlen zu bewahren“, heißt es in dem Beschluss.
       
       ## Überraschender Zeitpunkt
       
       Auch das Recht auf „effektive Opposition“ sei nicht verletzt, so die
       Richter:innen. Die Bundestagspräsidentin und ihre Stellvertreter:innen
       seien zur unparteiischen Amtsführung verpflichtet, etwa bei der Leitung der
       Sitzungen. Das schließe ein „Opponieren aus dem Amt heraus“ aus.
       
       Die Entscheidung des Gerichts wurde an diesem Dienstag völlig überraschend
       veröffentlicht. Eigentlich sollte nur ein Nebenaspekt des Verfahrens
       geklärt werden: Der AfD-Abgeordnete Fabian Jacobi hatte 2019 einen
       Fraktionskollegen als Vizepräsidenten vorgeschlagen und wollte so die
       Mehrheit des Bundestags überlisten. Im 3. Wahlgang ist nämlich nur dann
       eine absolute Mehrheit der Stimmen erforderlich, wenn es lediglich einen
       Kandidaten gibt. Bei zwei Kandidat:innen genügt die einfache Mehrheit,
       also auch bei der geplanten Wahl des Jacobi-Kandidaten gegen den
       eigentlichen AfD-Kandidaten.
       
       Doch Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, die damals die Sitzung leitete,
       ließ Jacobis Antrag nicht zu. Dagegen klagte Jacobi in Karlsruhe. Auch er
       hatte keinen Erfolg.
       
       Es sei vertretbar, die Geschäftsordnung des Bundestags so auszulegen, dass
       nur Fraktionen eine Vizepräsident:in vorschlagen können. Schließlich
       gehe es bei dem in der Geschäftsordnung zugesicherten Vize-Posten darum,
       alle Fraktionen in die Leitungsaufgaben einzubinden, um so Konflikte zu
       verhindern. Die Begründung der Richter:innen wirkt allerdings etwas
       seltsam angesichts der Tatsache, dass die AfD-Kandidat:innen ja seit fünf
       Jahren allesamt abgelehnt wurden und die Fraktion damit gerade nicht
       eingebunden wird.
       
       22 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Umgang-mit-AfD-im-Bundestag/!5806561
   DIR [2] /Karlsruhe-zu-Bundestagspraesidium/!5788366
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Bundestag
   DIR Bundesverfassungsgericht
   DIR Schwerpunkt Überwachung
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Bundestag
   DIR Rechtsextremismus
   DIR Katrin Göring-Eckardt
   DIR Bundestag
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR BVerfG zu Verfassungsschutzgesetz: Viel zu viel Überwachung
       
       Bayerns Verfassungsschutz hat bisher weitreichende
       Ermittlungsmöglichkeiten. Doch die verstoßen teils gegen das Grundgesetz,
       entschied nun das BVerfG.
       
   DIR Kein Geld für Erasmus-Stiftung: Wasser auf die Mühlen der AfD
       
       Anstatt ein Stiftungsgesetz zu beschließen, steuert die Ampel auf eine
       juristische und politische Blamage zu. Das Triumphgeheul der AfD ist
       absehbar.
       
   DIR Bundestag debattiert um Haushalt: „Krise als Anstoß zum Aufbruch“
       
       Kanzler Scholz verteidigt die Aufrüstung der Bundeswehr und tadelt Lindners
       Tankrabatt. Friedrich Merz wirft Scholz Zögern im Ukraine-Krieg vor.
       
   DIR Sämtliche AfD-Kandidaten scheitern: Kein Ausschuss für die AfD
       
       Keiner der AfD-Kandidaten wurde in den Vorsitz eines Bundestagsausschusses
       gewählt. Die Rechten sind wütend, die demokratischen Parteien zufrieden.
       
   DIR Neue Vizepräsidentin des Bundestags: Göring-Eckardt ist zurück
       
       Katrin Göring-Eckardt, bisher Fraktionschefin der Grünen, wurde zur
       Vizepräsidentin des Bundestags gewählt. Der AfD-Kandidat fiel bei der Wahl
       durch.
       
   DIR Umgang mit AfD im Bundestag: Die Front steht
       
       Die AfD arbeitet im neuen Bundestag weiter an der Selbstausgrenzung. Doch
       auch die anderen Parteien helfen nach – mit uneleganten Tricks.