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       # taz.de -- EU beschließt Plattformregulierung: Mehr Kontrolle für Amazon und Co
       
       > Ein neues Gesetz soll Verbraucherrechte stärken. Das werden zum Beispiel
       > Nutzer:innen von Messenger-Diensten wie WhatsApp und Signal merken.
       
   IMG Bild: Messenger-Dienste sollen zur Kooperation gezwungen werden
       
       Brüssel/Berlin rtr/afp/taz | Große Tech-Konzerne werden künftig in der
       Europäischen Union strenger reguliert. Die Verhandler:innen von
       EU-Parlament, Mitgliedsstaaten und Kommission [1][einigten sich in der
       Nacht zu Freitag] auf den Digital Markets Act (DMA), [2][der von
       EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erst vor etwas mehr als einem
       Jahr angeschoben wurde]. „Was wir wollen, ist simpel. Faire Märkte auch im
       Digitalen“, sagte Vestager. Verbraucher hätten einen Anspruch auf die
       Vorteile konkurrierender digitaler Märkte.
       
       Das Gesetz ist [3][eines von mehreren der EU zur Plattformregulierung]. Es
       ist eine Reaktion auf die zunehmende Macht von Plattformen wie Google,
       Amazon oder Meta mit Facebook, WhatsApp und Instagram. Diese bauen
       zunehmend umfassendere Ökosysteme auf, an denen Nutzer:innen nur schwer
       vorbeikommen – selbst wenn sie es versuchen. Zwar konnte die EU-Kommission
       auch schon in der Vergangenheit mit Mitteln des Kartellrechts gegen die
       Unternehmen vorgehen. Doch die Verfahren zogen sich stets über Jahre hin –
       zu lang in Zeiten des sich schnell entwickelnden Internets.
       
       So zielt das neue Gesetz auf schärfere Regeln für sogenannte „Gatekeeper“
       mit einer besonders starken Marktposition ab. Für sie sollen künftig
       Verhaltensvorschriften hinsichtlich des Umgangs mit Kundendaten und des
       Zugriffs auf ihre Plattformen gelten. Im Blick hat Vestager dabei Google,
       Amazon, Apple, den Facebook-Eigner Meta und Microsoft. Laut dem
       EU-Abgeordneten Andreas Schwab ist mit der DMA-Einigung auch die Zeit
       langatmiger Kartellprozesse zu Ende, in denen die Behörden den
       technologischen Entwicklungen hinterherhinkten.
       
       Die Regeln im Einzelnen: Betroffene Unternehmen sollen ihre eigenen
       Angebote nicht mehr auf Kosten der Konkurrenz bevorzugen dürfen. So muss
       beispielsweise Apple auch andere App-Stores als den hauseigenen zuzulassen,
       andere Zahlungssysteme erlauben und die Löschung vorinstallierter Apps
       ermöglichen. Google muss Besitzern von Android-Geräten die Nutzung von
       Alternativen zu seiner Suchmaschine, seinem Navigationsdienst oder seinem
       Browser erleichtern. Außerdem soll das Unternehmen bei den Suchergebnissen
       eigene Dienste nicht mehr besonders hervorheben dürfen.
       
       ## Gute Nachrichten für Messenger-Nutzer:innen
       
       Plattformen wie Amazon sollen auch nicht mehr Daten von Seiten ihrer
       Unternehmenskunden abgreifen dürfen, um sie für ihre eigenen
       Konkurrenzangebote zu verwenden. Die Plattformen brauchen zudem eine extra
       Zustimmung der Nutzer, um Daten über mehrere Dienste hinweg zu
       Werbeprofilen verknüpfen zu dürfen.
       
       Zudem sollen die größten Messengerdienste wie WhatsApp oder Facebook
       Messenger der Einigung zufolge mit kleineren Plattformen zusammenarbeiten
       müssen, wenn diese es wünschen. Nutzer könnten so erstmals Botschaften oder
       Videos über verschiedene Dienste hinweg verschicken.
       
       Um die Konzerne zur Kooperation zu bringen, können hohe Strafen bei
       Verstößen ausgesprochen werden. Bußgelder von bis zu zehn Prozent des
       Jahresumsatzes sind möglich. Bei wiederholten Verstößen drohen sogar bis zu
       20 Prozent.
       
       Für den französischen Staatssekretär für Digitales, Cédric O, handelt es
       sich um „die wichtigste Wirtschaftsregulierung der letzten Jahrzehnte“. Das
       Gesetz werde „konkrete Auswirkungen auf das Leben der europäischen Bürger“
       haben. „Wir sprechen über die Waren, die Sie online kaufen, das Smartphone,
       das Sie jeden Tag benutzen, und die Dienstleistungen, die Sie jeden Tag
       nutzen.“
       
       Apple erklärte hingegen, es sei „besorgt, dass einige Bestimmungen“ des
       Gesetzes „unnötige Datenschutz- und Sicherheitslücken für unsere Nutzer
       schaffen werden“. Andere Regeln würden des dem Konzern „verbieten, für das
       geistige Eigentum, in das wir viel investieren, Geld zu verlangen“.
       
       „Der Erfolg des DMA steht und fällt jedoch mit der Durchsetzung“, sagt
       Felix Duffy von LobbyControl. Außerdem seien weitere Schritte nötig, so
       müsse etwa personalisierte Werbung beschränkt werden und die
       Entflechtungsmöglichkeiten gestärkt.
       
       Die Einigung muss noch vom Europaparlament und den Mitgliedstaaten
       besiegelt werden. Das gilt allerdings als Formsache. Die EU setzt auf ein
       Inkrafttreten der neuen Vorschriften spätestens im kommenden Jahr.
       
       25 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.europarl.europa.eu/news/fr/press-room/20220315IPR25504/dma-une-concurrence-equitable-et-plus-de-choix-pour-les-utilisateurs
   DIR [2] /EU-will-Konzerne-haerter-regulieren/!5739464
   DIR [3] /Verbraucherschuetzerin-ueber-Digital-Gesetze/!5826301
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
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