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       # taz.de -- Kampagne für Täter*innen: Tropft niemanden k. o.!
       
       > Aktuell wurde viel über K.-o.-Tropfen geschrieben. Doch anstatt
       > potenzielle Opfer zu warnen, sollten wir an die Täter*innen
       > appellieren.
       
   IMG Bild: Feiern ohne Gender-Fun-Gap!
       
       In den vergangenen Wochen dachten sich viele Redaktionen: Wir sollten mal
       wieder was zum [1][Thema K.-o.-Tropfen machen]. Anlass waren danebene
       Sprüche der Comedians Joyce Ilg und Faisal Kawusi. In zahlreichen Texten
       wurde erklärt, was K.-o.-Tropfen sind, wie sie wirken, wie man sich
       schützen kann. Diese Artikel haben ihre Daseinsberechtigung, dennoch ist im
       medialen Diskurs erneut der Eindruck entstanden, Frauen sollten einfach
       besser aufpassen, wenn sie nicht zu Opfern von K.-o.-Tropfen werden wollen.
       
       Das ist ein uralter und ziemlich bescheuerter Move und zwar aus mindestens
       drei Gründen. Erstens: Es ist Victimblaming. Wir als Gesellschaft schieben
       Betroffenen die Verantwortung für das Geschehene und die damit verbundenen
       Schuld- und Schamgefühle zu. Und da gehören sie nicht hin. Sie gehören ganz
       allein den Täter*innen.
       
       Zweitens: Alle Geschlechter haben das gleiche Recht, ausgelassen zu feiern,
       ohne sich ständig Gedanken darüber machen zu müssen, was alles Schlimmes
       passieren könnte. [2][Kampf dem Gender-Fun-Gap]!
       
       Drittens: Wir können nie zu hundert Prozent ausschließen, Opfer zu werden.
       Egal, wie sehr wir auf uns, unser Getränk, unsere Freund*innen aufpassen.
       Eine Freundin von mir war auf einer kleinen privaten Hausparty, als ein
       Freund ihr heimlich Drogen ins Getränk mischte, mit der Absicht, sie
       sexuell gefügig zu machen.
       
       ## Wir schafften es gerade noch nach Hause
       
       Ich war mit meiner damaligen Partnerin tanzen, wir passten aufeinander auf,
       wir tranken nicht zu viel. Irgendwann wollte sie gehen. „Alles klar, noch
       zwei Lieder“, schlug ich vor. „Nein. Ich möchte jetzt nach Hause“, sagte
       sie. Ihre Aussage war klar und bestimmt, doch ihre Stimme war schwächer und
       leiser als sonst. Sie hatte kein Fahrrad, ich bot an, sie auf meinem
       Gepäckträger nach Hause zu bringen. Nein, sie wollte ein Taxi. Wir
       schafften es gerade noch zu ihr nach Hause, dann brach sie auf dem
       Badezimmerfußboden bewusstlos zusammen. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte
       ihr jemand K.-o.-Tropfen ins Glas gekippt.
       
       Das Einzige, worauf wir zu hundert Prozent Einfluss haben, ist die
       Entscheidung, Täter*in zu werden oder nicht. Wenn wir den Einsatz von
       K.-o.-Tropfen und die oft damit verbundene sexualisierte Gewalt wirklich
       verhindern wollen, sollten wir als Gesellschaft viel mehr auf potenzielle
       Täter*innen einwirken als auf potenzielle Opfer. Das wäre nicht nur
       gerechter, es wäre auch effektiver.
       
       Die Kampagne des Opferverbands Weißer Ring heißt: [3][„Lass dich nicht
       k.-o.-tropfen“]. Niemand lässt sich k. o. tropfen. Wieso heißt sie nicht:
       „Tropf niemanden k. o.“? Medien könnten die nächste Aufmerksamkeitswelle
       nutzen, den Männern zu erklären, wie sie ihre Söhne davon abhalten können,
       übergriffig zu werden. Und ich wünsche mir endlich einen Erziehungsratgeber
       zum Thema: „So bringe ich meinen Söhnen bei, Frauen als Menschen zu
       behandeln.“
       
       3 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Folgen-von-Ko-Tropfen/!5846419
   DIR [2] /Sexuelle-Belaestigung-auf-der-Strasse/!5552191
   DIR [3] https://weisser-ring.de/tipps-gegen-k-o-tropfen
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lou Zucker
       
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