# taz.de -- Tatort aus Kiel: Von der Vergangenheit eingeholt
> Kommissar Klaus Borowski bekommt es diesmal mit einem Fall aus der
> eigenen Jugend zu tun. Und sieht vor lauter Bäumen den Wald nicht.
IMG Bild: Vater und Sohn: August Millberg, Sohn von Axel, spielt die Jugendversion des Kommissar
Ach, [1][der deutsche Wald]. Der spielt eine tragende Rolle im neuen
„Tatort“ aus Kiel, dem nun schon 37. Fall für Kommissar Klaus Borowski. Der
ist seit 2002 im Dienst und wird jetzt von seiner Vergangenheit eingeholt.
Aber so richtig heftig: Eine riesige Eiche liegt im Wald nach einem Sturm
entwurzelt da und gibt ein lang gehütetes Verbrechen preis. Ein
skelettierter Leichnam kommt zum Vorschein. Kein schöner Anblick.
In dieser Eingangssequenz begegnen wir kurz einem älteren Herrn mit Dackel
auf einem Waldspaziergang, er heißt Michael Mertins (von Stefan Kurt hübsch
verklemmt gespielt), der allzu auffällig in Szene gesetzt ist. Wenn der mal
nichts mit der Leiche zu tun hat, denkt man sich – und wird flugs abgelenkt
und in ein anderes Jahrzehnt gebeamt.
Zwei junge Leute wollen zu einem Musikfestival am Strand, [2][Jimi Hendrix]
spielt auf – love and peace! Susanne Hansen (Mina Rueffer) und Klaus
Borowski freuen sich auf ein ausgeflipptes Wochenende. Aber Moment mal,
Klaus Borowski? Ja, genau der, also der spätere Kommissar. Nur dass er
hier, 1972, gerade mal 14 Jahre alt ist. Gespielt wird er von August
Milberg, dem Sohn von Axel Milberg.
Die Jugendlichen wollen trampen, damals gängig, heute [3][eher aus der Mode
gekommen]. Doch sie streiten, es regnet, und keiner hält an, um sie
mitzunehmen. Klaus will umkehren, ruft zu Hause an, das Kleingeld fällt
runter: In dem Moment steigt Susanne in ein Auto ein. Und weg ist sie. Für
immer.
## Die Überreste 50 Jahre später
Rund 50 Jahre später realisiert Kommissar Borowski schnell, dass es sich
bei der skelettierten Leiche um die Überreste von Susanne handelt.
Eigentlich ist er damit raus aus dem Fall, weil zu befangen. Aber Borowski
ermittelt weiter, quasi im Alleingang. Damals wurde der junge Borowski als
Zeuge befragt, die Akten geben Auskunft darüber. Doch dass alles eine Frage
der Wahrnehmung ist, wird dem alten Klaus im Laufe der heutigen
Ermittlungen schmerzhaft bewusst. Auch und gerade, als eine weitere Zeugin
auftaucht, die sich an ein anderes Fahrzeug erinnert, in das Susanne
eingestiegen sein soll – in das Auto eines Serienmörders.
Zu sehen, wie Borowski langsam, aber sicher erkennt, dass er einer falschen
Spur aufgesessen ist, wie sich Fall und Auflösung (auf zwei Zeitebenen)
entwickeln, ist sehr spannend, schlüssig, hoch emotional und vor allem
bildgewaltig inszeniert (Kamera: Philipp Kirsamer). Ach, da dürfen gerne
noch ein paar mehr Krimis aus dem schönen Kiel kommen.
10 Apr 2022
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## AUTOREN
DIR Andreas Hergeth
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