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       # taz.de -- Bejubelter Gewalttäter und Profiboxer: Schlimme Niederlage
       
       > Tom Schwarz siegt bei seinem Comeback als Profiboxer. Die Fans feiern ihn
       > – nicht trotz, sondern wegen seiner Vergangenheit als Frauenschläger.
       
   IMG Bild: Zwei Aktivistinnen protestieren gegen Schwergewichtsboxer Tom Schwarz (ganz rechts)
       
       Falkensee taz | „Ich bin wieder zurück“, brüllt Tom Schwarz. Sein
       Stimmorgan ist beeindruckend. Der 110,5 Kilo schwere Boxer übertönt in
       seiner Ekstase sogar den Lärmpegel in der Halle, der einen Spitzenwert an
       diesem Abend erreicht. Die meisten der über 500 Menschen in der Falkenseer
       Stadthalle, die 20 Kilometer vom Zentrum Berlins entfernt liegt, sind
       völlig begeistert. Almin Kuc, der Promoter dieser Profiboxveranstaltung,
       war vorab bemüht, die Bedeutung des Duells zwischen Schwarz und Muhammed
       Ali Durmaz herunterzuspielen. Gegen 21.30 Uhr wird aber klar, dass der
       Abend mit diesem achten Kampf seinen absoluten Höhepunkt erreicht hat.
       
       Schwarz scheint diese Atmosphäre in vollen Zügen zu inhalieren. Immer
       wieder kneift er seine Augen zu und versucht Tränen der Rührung zu
       unterdrücken. Der sich so hart gebende Schwergewichtsboxer lässt sich von
       seinen Gefühlen überwältigen. Als er dann nach geraumer Zeit zur Besinnung
       kommt und dem immer noch am Boden liegenden Durmaz wieder auf die Beine
       hilft, zeigt das Publikum lautstark sein Entzücken über diese faire
       Sportsmanngeste. Nach nur 2 Minuten und 40 Sekunden hat er seinen
       Kontrahenten gleich in der ersten Runde k. o. geschlagen.
       
       Diese Mischung aus Härte und Weichheit passt perfekt zu der Märtyrerrolle,
       in die Tom Schwarz geschlüpft ist. Zweieinhalb Jahre stand er nicht mehr im
       Ring, [1][weil er seiner Exfreundin mit einem Schlag den Kiefer dreifach so
       brach], dass die untere Zahnreihe komplett ersetzt werden musste. Das
       Entsetzen über die Tat wurde von dem Entsetzen über das Gerichtsurteil
       abgelöst. Gegen eine Zahlung von 2.500 Euro wurde das Verfahren im
       Schnelldurchgang eingestellt.
       
       Nur seine Rehabilitation im Boxring fehlte Schwarz bis zum Samstag noch.
       Denn kein Boxpromoter wollte ihn mehr engagieren. Gegen den Tabubruch in
       Falkensee wenden sich vor Ort linke Bündnisse aus Berlin und Schwarz’
       Heimatstadt Magdeburg. Etwa 60 Demonstrant:innen fordern „Kein Comeback
       für Frauenschläger“.
       
       ## Heimspiel für Gewalttäter
       
       Spätestens als bei der Präsentation von Schwarz vor dem Kampf [2][zwei
       Aktivistinnen mit nacktem Oberkörper], auf denen „Stoppt männliche Gewalt“
       und „Unterstützt Tessa“ geschrieben stand, für Aufsehen sorgten, war auch
       den Letzten klar, was bei diesem Kampf mitverhandelt wurde. Das gut
       vorbereitete Sicherheitspersonal unterband den Protest binnen Sekunden.
       
       Dieses Spektakel scheint das Publikum nur noch mehr in Stimmung zu bringen.
       Mit euphorischem Applaus wird Schwarz auf seinem Weg zum Ring begleitet. Er
       hat ein Heimspiel.
       
       Umut Yalcin, der Trainer von Schwarz’ Gegner Durmaz, sagt danach: „Ich war
       überrascht von der Stimmung. Wir dachten, dass die Leute eher auf unserer
       Seite sind.“ Yalcin weiß, dass es in diesem Kampf um mehr als nur den Sport
       ging. Vor der Halle hatten die Demonstranten das Team Durmaz aufgefordert,
       den Kampf zu boykottieren. „Wir machen nicht nur Blabla, wir kämpfen gegen
       ihn“, sagt dazu Yalcin. Er glaubt, dass man die Probleme im Ring lösen
       kann. Die Forderungen der Demonstranten, Schwarz auszuschließen, hält er
       für „überzogen“. Ein Betreuer aus dem Team Durmaz sagt vor dem Kampf
       lachend: „Jeder Schlag gegen Schwarz ist einer für die Frauenrechte. Wir
       werden gewinnen.“
       
       Eine Lesart, die der von Tom Schwarz möglicherweise nahekommt. Mit der
       Presse möchte er nach dem Triumph kein Wort reden. Er weiß, dass ihm keine
       Fragen zum Kampf gestellt werden, dass es hier um etwas anderes geht.
       
       Thomas Pütz, der Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer, hatte am
       Donnerstag gegenüber der taz die Veranstaltung als [3][schädlich für das
       Profiboxen] bezeichnet. Dass das Publikum in Falkensee sich für Tom Schwarz
       begeistern und ihn explizit gegen seine Kritiker:innen unterstützten
       könnte, solch verheerende Botschaften hatte er zu dem Zeitpunkt noch gar
       nicht miteingerechnet.
       
       10 Apr 2022
       
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