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       # taz.de -- Umgang mit Gas und Öl aus Russland: EU-Importzoll statt Embargo
       
       > Lassen sich Energielieferungen aus Russland anders erschweren als mit
       > einem Einfuhrverbot? Ökonom:innen versuchen sich an Antworten.
       
   IMG Bild: Erdgas-Verdichterstation in Brandenburg
       
       Berlin taz | Die Energielieferungen aus Russland sanktionieren, ohne die
       hiesigen [1][Verbraucher zu stark zu schädigen] – ist das möglich? Diese
       Frage steht im Zentrum der Debatte über einen Zoll auf russisches Öl und
       Gas. Gegenwärtig erhebt die Europäische Union keine solche Importabgabe.
       Ein Beratergremium der französischen Regierung schlägt beispielsweise einen
       Zoll von 40 Prozent auf den Energiepreis vor. Russische Energielieferanten
       wie Gazprom und Rosneft müssten diesen Aufschlag dann an die belieferten
       Staaten abführen.
       
       Die Folge wären höhere Benzin- und [2][Heizkosten] für hiesige
       Privathaushalte und Unternehmen. Denn die russischen Firmen würden den Zoll
       ganz oder teilweise auf ihre Preise aufschlagen. Um Ausgaben zu sparen,
       können die Konsumenten allerdings ihren Verbrauch verringern. Dies bekämen
       dann umgekehrt die russischen Energielieferanten zu spüren: Deren Einnahmen
       sinken, sodass sie weniger Mittel an den russischen Staat abführen können.
       Hier besteht die Hoffnung, dass der Zoll auf diese Art die Finanzierung des
       Krieges beeinträchtigt.
       
       Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) gibt aber
       zu bedenken: „Steigen vor allem die Endpreise in der EU oder muss Russland
       seinen Exportpreis deutlich senken, weil bei höheren Preisen in der EU
       unsere Nachfrage stark sinken würde? Letzteres erscheint nicht sehr
       wahrscheinlich.“ Weil beispielsweise die deutsche Industrie zur Zeit noch
       stark auf russische Öl- und Gaslieferungen angewiesen sei, könne sie ihren
       Verbrauch kaum reduzieren. Vorteil Gazprom: Der russische Konzern könnte
       den Zoll größtenteils seinen Kunden in Rechnung stellen.
       
       Im Vergleich zu einem teilweisen Energieembargo habe der Zoll jedoch einen
       entscheidenden Vorteil, erklärt Holger Görg, der Präsident des Instituts
       für Weltwirtschaft in Kiel (ifw). Der Zoll „verringert die Nachfrage.
       Dadurch bildet der Preis plus Zoll praktisch eine Obergrenze, und den
       russischen Exporteuren ist die Möglichkeit genommen, den Preis beliebig
       anzuheben“. Im Gegensatz zur Mengenbeschränkung treffe der Zoll stärker den
       Exporteur, so Görg. Deswegen „stellt dies gegenwärtig die beste Möglichkeit
       dar“.
       
       ## Gespräche ohne Ergebnis
       
       Der Zoll kommt ins Gespräch, weil die europäischen Verhandlungen über ein
       Energieembargo bisher zu keinem Ergebnis führten. Eine Ausnahme bilden die
       Kohleimporte aus Russland. Hier plant die EU, dass ab August Schluss sein
       soll. Beim Erdöl, vor allem aber beim Erdgas stellt sich unter anderem die
       Bundesregierung quer. [3][Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)
       warnt für den Fall eines Embargos vor einer massiven Wirtschaftskrise].
       
       Als weiteres Sanktionsmittel unterhalb des Energieembargos hat Jurij
       Witrenko, der Chef des ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz,
       vorgeschlagen, die Bezahlung der russischen Energieimporte auf ein
       Treuhandkonto zu überweisen – ein Sperrkonto, an das der russische Staat
       nicht herankomme. „Wenn die hiesigen Abnehmer den Kaufpreis auf ein
       Treuhandkonto überweisen, stellte das einen Vertragsbruch da“, sagt dazu
       IW-Ökonom Matthes. In der Folge könnten Gazprom und Rosneft ihre
       Lieferungen kappen.
       
       12 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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