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       # taz.de -- Die Wahrheit: „Rabota, Meister, rabota!“
       
       > Das Wahrheit-Interview: Ein intensives Gespräch mit dem russischen
       > Außenminister und Freund des Wanderns Sergej Lawrow.
       
   IMG Bild: Keine Zeit, aber immer zum Gespräch bereit: Sergej Lawrow
       
       Er lügt wie gedruckt, und das fließend in fünf Sprachen. Er ist der
       dienstälteste Außenminister Europas, seit fast 20 Jahren Wladimir Putins
       Chefdiplomat und scheint, kein bisschen müde zu sein. Wie tickt eigentlich
       Sergej Wiktorowitsch Lawrow? Der Wahrheit ist es gelungen, ihn in Moskau
       zum Gespräch zu bitten. 
       
       taz: Herr Außenminister, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns nehmen,
       Sie sind ja sicher vielbeschäftigt in diesen Zeiten … 
       
       Sergej Lawrow: Njet, das sind Fakow-Newos (Fake News; Anm. d. Red.). Ich
       habe alle Zeit der Welt, in unserer 1.000-jährigen Geschichte ist so ein
       Gespräch weniger als der letzte Wimpernschlag eines neutralisierten
       ukrainischen Nazis.
       
       Wie schön, dann können wir ja gemütlich alles abarbeit… 
       
       Rabota, rabota, rabota, dann arbeiten Sie mal, Meister, Sie verweichlichter
       westli…
       
       … Herr Außenminister, wir möchten Sie gern privat kennenlernen. In Ihrem
       Wikipedia-Artikel steht, Sie seien ein starker Raucher und Präsident Putin
       habe 2010 seinen Ministern das Rauchen verboten. Sie mussten also dem
       Nikotin abschwören, um nicht im Straflager zu landen? 
       
       (Lawrow lacht hustend und zündet sich eine Rot-Handlow an) Njet, das sind
       Fakow-Newos (Fake News; Anm. d. Red.). Ich qualme weiter wie ein zerbombtes
       ukrainisches Krankenhaus, ich meine natürlich Militärlager, wobei das ja im
       Grunde dasselbe ist. Präsident Putin qualmt übrigens selbst wie ein
       neutralisiertes ukrainisches Wohngebiet, ich meine natürlich Waffendepot,
       wobei das ja fast dasselbe ist. Und nicht nur Zigaretten, wenn Sie
       verstehen …
       
       Präsident Putin ist drogensüchtig? 
       
       (Lawrow lacht hustend) Drogensüchtig ist das ukrainische Nazi-Regime,
       Selenski hat ja kürzlich zugegeben, täglich Unmengen an Kaffee zu
       konsumieren, den Suchtfaktor sollte man da nicht unterschätzen. Mein
       Präsident dagegen könnte morgen mit dem Kiffen aufhören, allein durch das
       aggressive niederländische Wirtschaftsembargo. Aber wir suchen nach
       Alternativen, ich bin bereits in Gesprächen mit dem chinesischen
       Drogenbeauftragten.
       
       Halten Sie es für möglich, dass das Dope Ihrem Präsidenten das Hirn
       vernebelt hat und er deshalb diesen irrsinnigen Angriffskrieg begonn… 
       
       Njet. Erstens ist es eine Lungenoperation, quatsch, Militäroperation.
       Außerdem ist Wladimir Wladimirowitsch nach der Einnahme von Marihuanowitsch
       so entspannt und gechillt wie nach der Einnahme von Mariupol, die unsere
       Friedenstruppen bald abgeschlossen haben. Er kann in diesem Zustand keiner
       Fliege etwas zuleide tun, er spuckt sie bloß aus und schenkt ihr damit die
       Freiheit, das hat er ja in seiner großen Rede sehr deutlich gemacht. Bei
       Ratten verhält es sich naturgemäß anders, da geht es ihm allein um den
       Schutz von Flora und Fauna.
       
       Ein wahrer Tier- und Pflanzenfreund, wie Adolf Hitler übrigens. 
       
       Njet, Hitler hat Blondi mit in den Tod genommen, bevor die Rote Armee die
       Töle retten konnte, ist vorher nur selten Gassi gegangen. Die Zeit im
       beengten Bunker muss grausam für das Tier gewesen sein. Der Vergleich
       verbietet sich ebenso wie der zwischen mir und Annalena Baerbock.
       
       Kommen wir zu einem anderen Thema. In Ihrem Wikipedia-Artikel steht … 
       
       Typisch Journalist, Wikipedia nennen Sie schon eine Recherche, haben Sie
       etwa keine nachrichtendienstlichen Informationen? Die CIA weiß zum Beispiel
       …
       
       Wir sind ein deutsches Medium. Es heißt, Sie spielen in Ihrer Freizeit
       leidenschaftlich gern Gitarre … 
       
       Das ist westliche Propaganda, bin ich Reinhold Beckmann? Ich spiele
       leidenschaftlich gern Balalaika, wie jeder stolze Russe zwischen Helsinki
       und Belgrad, zwischen Lwiw und Wladiwostok.
       
       Weiter als Lwiw würden Sie also nicht gehen? 
       
       Ich gehe gern auch bis nach Bernkastel-Kues, es soll sehr schön sein an der
       Mosel. „Geht jedes Jahr mit Freunden in der freien Natur wandern“, steht
       das nicht in Ihrem verdammten Wikipedia-Artikel?
       
       Äh, ja, doch, das steht da drin. In Wikipedia steht aber auch, dass Sie
       gern Gedichte schreiben und Fußball spielen. Ist das nicht ein Widerspruch?
       Ich kenne keinen Fußballer, der eine ausgeprägte poetische Ader hat. 
       
       Da sind Sie mal wieder schlecht informiert. Timo Werner schreibt wunderbare
       Sonette, Herr Abramowitsch hat ihn sich auch deshalb gekauft. Und dass
       Michael Ballack in der Schule meisterhaft Puschkin rezitieren konnte, hat
       mein Präsident damals selbst miterlebt. Er wollte ihn gleich mit nach
       Moskau nehmen, aber die Familie war dagegen, und ein weiteres Blutbad hätte
       zu viel Aufsehen erregt.
       
       Das wusste ich alles nicht. 
       
       Deshalb sag ich es Ihnen ja.
       
       Herr Außenminister, erzählen Sie uns von Ihrer Zweitfamilie. Es heißt, Sie
       führen zusätzlich zu Ihrer offiziellen Ehe seit 20 Jahren eine Art „geheime
       Zweitehe“ mit Swetlana Poljakowa und haben eine 26-jährige Tochter, die in
       London lebt. 
       
       (Er lacht) Wenn die „Zweitehe“ so geheim wäre, würden Sie mich wohl nicht
       danach fragen können. Aber im Ernst, es ist der ganz normale
       Pechvork-Wahnsinn. Für mich war immer klar: Die Kinder dürfen nicht
       darunter leiden. Deshalb habe ich meiner Tochter Polina auch eine Wohnung
       in Kensington gekauft, Kostenpunkt 4,4 Millionen Pfund. Was tut man nicht
       alles für die lieben Kleinen.
       
       Gilt das auch für ukrainische Kinder, dass die nicht leiden dürfen? 
       
       Ich habe keine ukrainischen Kinder. Jedenfalls nicht, dass ich wüsste. (Er
       lacht herzlich)
       
       Sie sind 72 Jahre alt und der dienstälteste Außenminister Europas. Denken
       Sie manchmal ans Aufhören? 
       
       Mein Leben hat doch erst vor sechs Jahren mit 66 begonnen, um einmal Ihren
       Udo Jürgens zu paraphrasieren. Ich habe also noch viel vor.
       
       Was denn zum Beispiel? 
       
       Ich kann mir sehr gut einen Wechsel ins schauspielerische Fach vorstellen.
       So ein Bond- Bösewicht, ein finster dreinblickender Schurke, der droht, die
       Welt atomar zu verseuchen, das fände ich spannend. Auch eine Drittehe mit
       Ursula von der Leyen erscheint mir reizvoll, ich bin da bereits in
       Verhandlungen und durchaus kompromissbereit, würde etwa auf die Krim
       verzichten.
       
       Herr Außenminister, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
       
       13 Apr 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR David Schuh
       
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