URI: 
       # taz.de -- Nachwahlen in Simbabwe: Erfolg für neue Oppositionskraft
       
       > Bei den Nachwahlen in Simbabwe schneidet die „Citizens Coalition for
       > Change“ erfolgreich ab. Das Land könnte erneut vor unruhigen Zeiten
       > stehen.
       
   IMG Bild: Unterstützter von Nelson Chamisa bei einer Wahlkampfveranstaltung in Harare im Februar
       
       Harare taz | Die Nachwahlen vom vergangenen Sonntag in Simbabwe deuten
       darauf hin, dass das Land erneut vor unruhigen Zeiten steht. Eine erneute
       politische Polarisierung zwischen Präsident Emmerson Mnangagwa und
       Oppositionsführer Nelson Chamisa deutet sich an, rechtzeitig zu den
       Präsidentschaftswahlen 2023, die genauso umstritten sein dürften wie alle
       anderen bisher.
       
       Für Mnangagwas regierende [1][ZANU-PF (Zimbabwe African National Union-
       Patriotic Front)] und Chamisas neugegründete Oppositionskraft [2][CCC
       (Citizens Coalition for Change)] war die Nachwahl von 28 der 210
       Parlamentssitze am Sonntag eine Art Generalprobe für den wichtigeren
       Urnengang nächstes Jahr. Die CCC holte 19 der 28 Sitze, ZANU-PF neun. Die
       Regierungspartei behält aber trotzdem ihre Gesamtmehrheit im Parlament. So
       kann sich jetzt jeder als Sieger fühlen.
       
       Auf seiner Nachwahlpressekonferenz in der Hauptstadt Harare war ZANU-PF
       Sprecher Chris Mutsvangwa kompromisslos und wiederholte den alten Vorwurf,
       die Opposition seine eine Marionette des Westens zu imperialistischen
       Zwecken. “In London benutzen sie die Opposition, um unser Land
       zurückzufordern. Sie (die Opposition) sollte die Nabelschnur kappen, die
       sie an den weißen Mann bindet,“ sagte Mutsvangwa und behauptete: „Wir haben
       mit der Waffe gekämpft, um Demokratie zu schaffen, nicht um die Macht zu
       erobern. Demokratie kommt nicht aus Amerika. Die Opposition sollte nicht
       länger mit rechten Herren ins Bett gehen, die sich nach der Zeit
       zurücksehnen, als ihnen Simbabwe gehörte.“
       
       Solche Sprüche sind typisch für die ZANU-PF, die Simbabwe seit der
       Unabhängig 1980 regiert und davor als Guerillaarmee gegen die weiße
       Minderheitsherrschaft im vormaligen Rhodesien gekämpft hatte. Ihr
       langjähriger Führer seit dem Befreiungskrieg. [3][Robert Mugabe], wurde
       2017 durch einen Militärputsch seiner eigenen Generäle gestürzt und durch
       Mugabes alten Mitstreiter [4][Emmerson Mnangagwa] ersetzt worden war. Die
       aus dem Befreiungskrieg hervorgegangenen Militärs haben immer gesagt, sie
       würden keinen Präsidenten anerkennen, der sich seine Sporen nicht im
       Befreiungskrieg verdient habe.
       
       Zu den Wahlergebnissen jetzt sagte Mutsvangwa: “ZANU-PF ist erfreut
       darüber, dass es seine traditionelle Anhängerschaft in seinen
       traditionellen ländlichen Bastionen behalten und ausgebaut hat.“ Die erst
       drei Monate alte Oppositionspartei CCC habe es nicht geschafft, an ihren
       zerfallenen Vorgänger MDC (Movement for Democratic Change) anzuknüpfen.
       
       ## Nur 35 Prozent Beteiligung
       
       Doch CCC-Führer Chamisa sah das ganz anders. Der ehemalige
       Informationsminister in Simbabwes kurzlebiger Regierung der Nationalen
       Einheit 2009-13 und ehemalige MDC-Jugendführer erklärte vor Journalisten in
       Harare: „Wir sind die nächste Regierung. Nichts wird uns daran hindern, die
       nächste Regierung zu bilden.“
       
       Laut Wahlkommission betrug die Beteiligung nur 35 Prozent und es gab
       Berichte über Wählereinschüchterung. Schon der Wahlkampf war von Gewalt
       geprägt. Die Polizei verhinderte manche CCC-Veranstaltungen mit
       Straßensperren und Festnahmen und verhaftete Menschen, die die
       CCC-Parteifarbe Gelb trugen. Es gab mindestens einen Toten, als mutmaßliche
       ZANU-PF-Unterstützer eine CCC-Versammlung sprengten.
       
       Klar ist: Diese Nachwahl markiert das Ende einer der einst wichtigsten
       Oppositionsparteien Afrikas: die MDC (Movement for Democratic Change), 23
       Jahre nach ihrer Gründung durch den damaligen simbabwischen
       Gewerkschaftsführer [5][Morgan Tsvangirai] als politischer Arm einer
       Massenprotestbewegung gegen die Mugabe-Diktatur.
       
       Im Jahr 2000 holte die MDC aus dem Stand 57 der 120 gewählten
       Parlamentssitze mit 47 Prozent der Stimmen und brachte das Mugabe-Regime
       schwer in Bedrängnis. Iin den Jahren danach versank Simbabwe in der Krise,
       weil die ZANU-PF unter Mugabe alle Mittel einsetzte, um an der Macht zu
       bleiben, bis hin zu verbreiteter Gewalt. Nach sehr umstrittenen Wahlen
       2008, bei denen die MDC und Tsvangirai gewannen, aber Mugabe eine Stichwahl
       durchsetzte, die Tsvangirai schließlich boykottierte, bildeten die Rivalen
       eine gemeinsame Regierung, aber am Ende behielt ZANU-PF die Oberhand und
       die MDC zerfiel.
       
       Erst nach Mugabes Sturz 2017 fanden die rivalisierenden MDC-Flügel wieder
       zusammen, aber noch vor den fälligen [6][Neuwahlen 2018] starb Parteichef
       Tsvangirai an Krebs und davon erholte sich die Partei nicht. Sein
       Nachfolger Nelson Chamisa, der schließlich gegen den neuen Präsidenten
       Mnangagwa antrat und verlor, war parteinntern umstritten. Er setzte sich
       damals gegen seine Rivalen Elias Mudzuri and Thokozani Khupe durch.
       Tsvangirais Sohn Richard Tsvangirai sagte damals dazu: “Eine Partei der
       Arbeiter, Studenten und Armen ist von ein paar gierigen Menschen in ein
       Witzobjekt verwandelt worden. Traurig!“
       
       Chamisa verließ schließlich die MDC, um die CCC als seine eigene Plattform
       zu gründen. Die Rumpf-MDC „MDC Alliance“ unter Douglas Mwonzora blieb
       erhalten, zerstritt sich mit zahlreichen MDC-Abgeordneten, die 2018 gewählt
       worden waren, und errang bei den Nachwahlen jetzt keinen einzigen Sitz.
       
       Nun feiert ZANU-PF den „Tod“ ihres alten Gegners. „Die Realität ist, dass
       MDC endlich gestorben ist“, erklärten die „Patrioten“, ein Teil der
       Regierungspartei, und nannte die MDC einen „schwarzen Fleck“ auf der
       Geschichte des Landes. „Dieses Tier war vom Westen benutzt worden.“
       
       30 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/ZANUPF_Official
   DIR [2] https://twitter.com/ccczimbabwe
   DIR [3] /Mugabe-Befreiungskrieger-und-Despot/!5622497
   DIR [4] /Neuer-Praesident-fuer-Simbabwe/!5463163
   DIR [5] /Trauer-um-Morgan-Tsvangirai/!5482960
   DIR [6] /Simbabwe-nach-der-Wahl/!5521159
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marcus Mushonga
       
       ## TAGS
       
   DIR Simbabwe
   DIR Nelson Chamisa
   DIR Emmerson Mnangagwa
   DIR Morgan Tsvangirai
   DIR Robert Mugabe
   DIR Simbabwe
   DIR Emmerson Mnangagwa
   DIR Emmerson Mnangagwa
   DIR Simbabwe
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gewalt in Simbabwe: Ordnungshüter als Verbrecher
       
       Simbabwe diskutiert über eine Welle bewaffneter Kriminalität von Soldaten
       und Polizisten. Mangelnde Bezahlung gilt als ein Faktor.
       
   DIR Wahljahr in Simbabwe: Simbabwe fällt zurück in Gewalt
       
       Seit Oppositionsführer Nelson Chamisa eine neue Partei gegründet hat,
       schimpft und knüppelt die Staatsmacht wieder wie in alten Mugabe-Zeiten.
       
   DIR Streit in Regierungspartei: Machtkampf hält Simbabwe in Atem
       
       Soll der Präsident Mnangagwa 2023 wieder antreten oder Ex-Armeechef
       Chiwenga Platz machen? Die Frage zerreißt die Partei ZANU/PF jetzt schon.
       
   DIR Empörung über Kinderehen in Simbabwe: Memory ist tot
       
       Die mit 13 Jahren zwangsverheiratete Memory Machaya starb bei der
       Kindsgeburt. Kinderehen in Simbabwe sind zwar verboten, aber
       weitverbreitet.