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       # taz.de -- New York nach den Schüssen in der Bahn: Zwischen abgebrüht und ängstlich
       
       > Anfang der Woche zündete ein Mann in der New Yorker Subway zwei
       > Rauchgranaten und schoss wild um sich. Wie gehen die Menschen damit um?
       
   IMG Bild: War am Dienstag ein Tatort: U-Bahn-Haltestelle 36th Street in New York
       
       New York taz | Nicht ganz wie von Kinderhand, aber doch in so bunten
       Pastellfarben wie die Kreidekritzeleien von Schüler*innen leuchten die
       Sprüche auf dem grauen Asphalt. „Liebe besiegt alles“, in Gelb, Pink und
       Hellorange. „Gemeinsam werden wir nicht zulassen, dass der Teufel unseren
       Sonnenuntergang verdunkelt“ prangt in einem aufgemalten Kreidequader
       daneben. Sonnenuntergang, auf englisch „sunset“, das ist auch eine
       Anspielung auf die Nachbarschaft, in der Künstler Hans Honschar am Mittwoch
       seine aufmunternden Sprüche auf den Zugang der U-Bahn-Haltestelle 36th
       Street geschrieben hat.
       
       Hier in Sunset Park in Brooklyn waren am Dienstagmorgen Verwundete und
       verängstigte Passagiere in Panik aus einem Subway-Zug der Linie N auf den
       Bahnsteig oder in andere Züge geflüchtet. Kurz zuvor hatte ein Mann in
       einem Waggon der U-Bahn zuerst zwei Rauchgranaten geöffnet und dann mit
       einer Waffe [1][mehr als dreißig Mal in die Menge geschossen]. Er traf zehn
       Menschen, die überlebten. Mindestens dreizehn weitere wurden verletzt –
       etwa weil sie zu viel vom Rauch einatmeten, beim Herausstürmen aus der
       U-Bahn oder weil sie Panikattacken erlitten.
       
       Nach fast dreißig Stunden Fahndung hatte die Polizei den mutmaßlichen Täter
       endlich [2][festnehmen können]: Den 62-jährigen Frank J., der schon am
       Abend des Vorfalls als „Person von Interesse“ benannt und gesucht wurde.
       Ihm wird vorgeworfen, einen terroristischen oder anderen gewaltsamen
       Angriff auf den öffentlichen Nahverkehr verübt zu haben. Damit droht J.
       lebenslange Haft. Der zuständige Staatsanwalt Breon Peace sagte, er werde
       alles tun, um den Täter zur Rechenschaft zu ziehen und „Sicherheit und
       Seelenfrieden“ für die New Yorker*innen wiederherzustellen.
       
       Denn die brauchen die Subway – auch wenn einige aus Sorge nun auf andere
       Verkehrsmittel umsteigen. So wie Gale, die gerade mit einem Trolley voller
       Einkäufe zwei Blocks entfernt vom Tatort zur Bushaltestelle geht. „Ich mag
       die Züge, die sind schneller“, sagt sie. Aber am Donnerstag nimmt sie wegen
       des Vorfalls wie auch schon am Vortag den Bus. Ihre Begleitung Ron zeigt
       sich dagegen unbeeindruckt und abgehärtet: Er habe selber bei der Polizei
       gearbeitet, solche Vorfälle scherten ihn nicht, sagt Ron.
       
       ## Viele Schüler*innen blieben nach den Schüssen zuhause
       
       Ein Ex-Polizist ist auch New Yorks Bürgermeister [3][Eric Adams], der schon
       mit den Themen Sicherheit und Verbrechen seinen Wahlkampf bestritten hatte
       und seit Anfang des Jahres im Amt ist. Doch [4][nach aktuellen Zahlen] ist
       die Anzahl schwerer Verbrechen seit Jahresbeginn gestiegen.
       
       Der Demokrat hatte im Februar seinen Subway-Sicherheitsplan veröffentlicht
       – ein Programm, das sich aber vor allem gegen [5][die Obdachlosen im
       U-Bahn-System] richtete. Davor hatte er schon für mehr Polizeipatrouillen
       in der Subway plädiert, deren Präsenz den Bürger*innen das Gefühl von
       mehr Sicherheit gäben: „Allgegenwart ist entscheidend“, sagte er damals.
       
       „Dass da einfach so jemand kommen kann, und dann sind noch nicht mal
       Kameras an …“, sagt Odenda resigniert. Der 40-Jährige arbeitet in der
       Gegend als Hausmeister und kann kaum glauben, dass ausgerechnet zum
       Tatzeitpunkt die Überwachungskameras nicht funktionierten. Die Politik
       müsse da mehr tun – und etwa Undercover-Cops in die Bahnen schicken.
       
       Odenda sagt, er habe keine Wahl, er müsse die Subway nutzen. Allerdings
       werfe ihn das Ereignis auch nicht sonderlich aus der Bahn. „Ich habe dazu
       keine bestimmten Gefühle“, sagt er und verzieht keine Miene unter seiner
       Kappe. Er wohne näher an der Brooklyner Nachbarschaft Flatbush, sagt er.
       Dort kämen Schießereien regelmäßig vor. In Ostflatbush war erst Ende März
       ein 12-Jähriger erschossen worden.
       
       Odenda zeigt sich abgebrüht – aber es sind ja auch nicht seine zwei Kinder,
       die für gewöhnlich an der Haltestelle aussteigen, um zu einer der
       nahegelegenen Schulen zu gehen. Am Dienstag hatten etliche Schüler*innen
       aus Sicherheitsgründen lange mit dem Lehrpersonal in den Schulgebäuden
       verharren müssen.
       
       Am nächsten Tag blieben viele Schüler*innen zu Hause: Wie das
       [6][Boulevardblatt New York Post berichtete], waren an manchen der Schulen
       am Tag nach dem Vorfall nicht einmal halb so viele Schüler*innen anwesend
       wie am selben Tag im Vorjahr.
       
       16 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schuesse-in-New-Yorker-U-Bahn/!5848675
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   DIR [4] https://www1.nyc.gov/assets/nypd/downloads/pdf/crime_statistics/cs-en-us-city.pdf
   DIR [5] https://www1.nyc.gov/assets/home/downloads/pdf/press-releases/2022/the-subway-safety-plan.pdf
   DIR [6] https://nypost.com/2022/04/13/brooklyn-students-fear-school-commutes-as-many-kids-stay-home-day-after-shooting/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eva Oer
       
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