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       # taz.de -- Überwachung mit und ohne Pegasus: Willkommen im Panopticon
       
       > Nicht zuletzt die Enthüllungen über die Spähsoftware zeigen, dass wir
       > jederzeit unter Beobachtung stehen könnten. Massenüberwachung macht
       > befangen.
       
   IMG Bild: Big brother is watching you: auch schon 1928 in diesem Gefängnis in Illinois
       
       Es schockiert niemanden mehr wirklich. Die Liste der weltweit mit der
       Pegasus-Spyware Ausspionierten wird immer länger: Wie diese Woche bekannt
       wurde, [1][soll die spanische Regierung mindestens 65 katalanische
       Politiker überwacht haben]. Auch demokratische Regierungen spionieren
       mitnichten nur Terroristen aus. Skandalös daran ist einzig noch, wie selten
       solche Meldungen Skandale auslösen.
       
       Wie die Enthüllungen von [2][Edward Snowden] gezeigt haben, muss jeder
       jederzeit damit rechnen, beobachtet zu werden. Die kleinlaute Reaktion der
       damaligen Bundesregierung gegen ihre eigene Überwachung – und die der
       Bürger dieses Landes – durch die NSA signalisierte ihre Unfähigkeit,
       irgendetwas zu tun, also ihr Einverständnis. Es wäre naiv, Konsequenzen von
       denen zu fordern, die offenbar kein grundsätzliches Problem mit
       Massenüberwachung haben.
       
       Wo aber Kritik an politischen Akteuren zu kurz greift, bedarf es tiefer
       gehender Gesellschaftskritik. Die übte beispielsweise der Philosoph Michel
       Foucault mit seiner Theorie des Panopticon. Ursprünglich ein Bauplan des
       [3][Utilitaristen Jeremy Bentham für Gefängnisse] und Fabriken, ermöglicht
       das Panopticon die gleichzeitige Überwachung aller Insassen, ohne dass
       umgekehrt die Überwacher sichtbar sind. Die Insassen müssen sich so
       jederzeit auf die Möglichkeit der Überwachung einstellen.
       
       Die vielfältigen Formen menschlichen Ausdrucks reduzieren sich unter
       Beobachtung drastisch. Wer würde schon in aller Öffentlichkeit so singen
       wie unter der Dusche oder so offen sprechen wie im vertrauten
       Bekanntenkreis. Für Foucault steht das Panopticon paradigmatisch für die
       Disziplinierung in modernen Gesellschaften: Überwachung ist rationaler und
       effektiver als rohe Gewalt.
       
       Die relativierende Beschwichtigung, dass nur, wer etwas zu verbergen hat,
       etwas zu befürchten hat, ist unwahr. Niemand, der so redet, würde
       freiwillig seine Passwörter oder Schlüssel aushändigen. Auch wer langweilig
       und konformistisch genug ist, verzichtet auf die Freiheit, es sich anders
       zu überlegen.
       
       20 Apr 2022
       
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