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       # taz.de -- Sanktionen gegen russische Sportler: Rasen ohne Russ:innen
       
       > In Wimbledon dürfen keine russischen Profis um die Titel spielen. Nach
       > Druck aus der Politik haben die Veranstalter einen Bann ausgesprochen.
       
   IMG Bild: Jelena Wesnina und Veronika Kudermetowa nach ihrer Finalniederlage im Doppel 2021
       
       Berlin taz | Es war der 25. Februar dieses Jahres. Am Tag zuvor hatte
       Russland die Ukraine überfallen. Der russische Tennisspieler Andrei Rubljow
       schritt nach seinem Sieg im Halbfinale des Turniers von Dubai zu der
       Kameralinse, auf welche die Gewinner nach ihren Spielen für gewöhnlich mit
       einem Filzstift ihre Unterschrift setzen. „No war, please“, schrieb er
       statt seines Namens und weckte Hoffnungen darauf, dass sich die Tennisstars
       aus Russland oder Belarus als Kritiker des brutalen Kriegs gegen die
       Ukraine positionieren könnten. Doch es passierte nichts mehr in dieser
       Richtung.
       
       Der Turnierbetrieb lief weiter. Zwar schloss der internationale
       Tennisverband Russland und Belarus von allen Teamwettbewerben aus, doch die
       Profis durften weiterspielen. Allein die Landesfarben verschwanden hinter
       ihren Namen auf den Anzeigetafeln. Nun haben die Organisatoren des
       Grand-Slam-Turniers von Wimbledon übereinstimmenden Medienberichten zufolge
       beschlossen, im Juni keine russischen Profis auf die ehrwürdige Anlage des
       All England Lawn Tennis and Crocket Clubs zu lassen.
       
       Eine Reihe der besten Tennisprofis der Welt ist davon betroffen. Allen
       voran [1][Danil Medwedew], der ausgerechnet zu Kriegsbeginn für eine kurze
       Zeit auf Platz eins der Weltrangliste stand. Als er Anfang März die
       russische Trikolore aus seinem Instagram-Profil entfernt hat, sahen nicht
       wenige das als ein Zeichen seiner Distanzierung vom kriegerischen Auftreten
       seines Heimatlandes. War es das wirklich? Medwedew ließ alle Anfragen in
       dieser Richtung unbeantwortet.
       
       Im Vereinigten Königreich stieg derweil der politische Druck auf die
       Ausrichter des Turniers in Wimbledon. Der britische Sportminister Nigel
       Huddleston forderte, nur solche Spieler aus Russland und Belarus zum
       Turnier zuzulassen, die sich eindeutig gegen den Krieg positionieren. Es
       brauche eine Art Versicherung, dass sie nicht zu den Unterstützern des
       russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin gehören, so Huddleston. Nun
       haben sich die Veranstalter gegen einen derartigen Bekenntniszwang
       ausgesprochen, der die Angehörigen der Profis in ihren Heimatländern
       gefährden könnte. Es soll nun also einen pauschalen Bann aller Profis aus
       Russland geben.
       
       ## Offizielle Entscheidung Mitte Mai
       
       Auch Profis aus Belarus werden von Wimbledon ausgeschlossen. Das haben die
       Organisatoren am Mittwoch in einem Statement klargestellt. Das betrifft
       unter anderem Aryna Sabalenka, die im Ranking stabil hinter den besten drei
       Tennisspielerinnen der Welt steht. Auch die ehemalige Nummer eins im
       Frauentennis, Viktoria Asaranka, ist raus.
       
       Für Tennisspieler aus der Ukraine ist dieser Bann gewiss eine Genugtuung.
       Der ehemalige Profi Alexandr Dolgopolow, der mal auf Platz 13 der
       Weltrangliste stand, hat schon vor einem Monat den Ausschluss aller
       russischen Spieler gefordert. „Die Fahne zu entfernen, ändert doch gar
       nichts“, sagte er der BBC. Dolgopolow spielt kein Turniertennis mehr. Er
       hat sich kämpfenden Einheiten der Landesverteidigung angeschlossen.
       
       Derweil sind die Tennisspielerinnen der Ukraine unterwegs. Am Wochenende
       spielten Dajana Jastremska, Katarina Sawazka und Ljudmila Kitschenok in
       Asheville, North Carolina, gegen die USA um den Einzug ins Finalturnier des
       Billie-Jean-King-Cups. Die Begegnung wurde zu einem wahren
       Solidaritätsevent, bei dem mehr als 250.000 US-Dollar Spendengelder für die
       Ukraine-Hilfe eingesammelt worden sind. Dass die USA mit 3:2 gewonnen
       haben, war da fast schon Nebensache.
       
       Dass [2][Spiele zwischen ukrainischen und russischen Profis] zu emotionalen
       Drahtseilakten werden können, das machte Anfang März eine Partie der
       ukrainischen Nummer eins, Elina Switolina, gegen Anastasia Potapowa beim
       Turnier in Monterrey deutlich. Nach dem klaren Sieg gegen die Russin sagte
       sie: „Ich war auf einer Mission für mein Land.“
       
       Die deutsche Meisterin Eva Lys wird den Wimbledon-Bann gutheißen. Die
       Nachwuchsspielerin, die sich überraschend für das Hauptfeld des
       [3][WTA-Turniers in Stuttgart] in dieser Woche qualifiziert hat, ist im
       Alter von zwei Jahren aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Sie hat
       sich nach einem Turnier im kasachischen Nur-Sultan über das Verhalten
       russischer Spielerinnen beklagt. Die seien respektlos und trügen ostentativ
       Trainingsanzüge in den russischen Farben. In Wimbledon wird man solche
       nicht zu sehen bekommen.
       
       20 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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