# taz.de -- Ausschlussverfahren gegen Palmer: Kompromiss mit Potenzial
> Tübingens OB Boris Palmer will seine Grünen-Mitgliedschaft ruhen lassen.
> Stellen sich er und seine Partei klug an, kann daraus Gutes entstehen.
IMG Bild: Boris Palmer auf dem Weg zur Geschäftsstelle der Grünen in Tübingen am 23. April
Wo [1][Boris Palmer] ist, ist die Überraschung nicht weit. Jetzt ist dem
Schiedsgericht der baden-württembergischen Grünen – und vielleicht auch ein
wenig seinem Anwalt Rezzo Schlauch – tatsächlich gelungen, woran bisher
viele gescheitert sind: Palmer ist zu einem Kompromiss bereit.
Fast ein Jahr zieht sich das Parteiausschlussverfahren bereits hin. Die
Entscheidung, Palmer rauszuwerfen, war kurz vor Beginn des
Bundestagswahlkampfs und wohl auch unter dem Druck der Bundespartei übers
Knie gebrochen worden. Richtig daran war, dass der Tübinger
Oberbürgermeister die große Aufmerksamkeit für seine teils empörenden,
teils nur provokanten Äußerungen vor allem daraus gezogen hat, dass sie
quer zur Parteilinie lagen. Damit hat er [2][die Grünen] oft behindert.
Aber eben auch offengelegt, wo es sich die Partei in Widersprüchen zwischen
moralischen Parteitagsreden und praktischem Regierungshandeln bequem
gemacht hatte, und gezeigt, wie diskussionsfaul die einstige Flügelpartei
geworden ist.
Jetzt akzeptiert Boris Palmer also, seine Parteimitgliedschaft eineinhalb
Jahre ruhen zu lassen. Damit kann er leben, denn er hat keine Parteiämter,
auf Parteitagen spielte er keine große Rolle. Die ruhende Mitgliedschaft
hält ihm den Rücken frei, als unabhängiger Kandidat den OB-Sessel in
[3][Tübingen] zu verteidigen. Streng genommen wäre diese Kandidatur gegen
die offizielle grüne Kandidatin schon allein ein Grund für einen
Parteiausschluss gewesen.
Vergleicht man das rechthaberische Statement der Partei zum Schiedsspruch
mit dem von Palmer, natürlich auf seinem Lieblingskanal Facebook, bekommt
man den Eindruck, den Grünen fällt der Kompromiss ungleich schwerer. Teil
der Einigung ist eben auch, ab 2023 gemeinsame Gespräche zu führen, wie der
Querkopf Palmer seine Kritik konstruktiv in die Partei einbringen kann. Das
wird sicher für alle Beteiligten eine Zumutung, aber auch ein
Integrationsprogramm, von dem beide Seiten, wenn sie klug sind, profitieren
werden.
24 Apr 2022
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## AUTOREN
DIR Benno Stieber
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