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       # taz.de -- Rechte bei der Parlamentspolizei: Neuer Sicherheitschef für Bundestag
       
       > Der Bundestag hat auf eine taz-Recherche reagiert und die Leitung des
       > Sicherheitsreferats neu besetzt. Der Neue gilt als „strammer
       > Sozialdemokrat“.
       
   IMG Bild: Noch sauber: neue Hemden für die Bundestagspolizei werden vorgeführt
       
       Berlin taz | Der Bundestag hat einen neuen Sicherheitschef. Zum 1. März hat
       der Beamte die Leitung des Sicherheitsreferats und damit der
       Parlamentspolizei und des Einlasskontrolldienstes übernommen. Dies
       bestätigte die Pressestelle des Bundestages auf taz-Anfrage. Der Beamte war
       zuvor als Leiter eines Personalreferats verantwortlich für die internen
       Ermittlungen zu rechtsextremen Vorfällen in der Bundestagspolizei.
       [1][Diese steht infolge von taz-Recherchen in der Kritik]. Der bisherige
       Referatsleiter Norman P., der das Amt erst im Dezember übernommen hatte,
       leitet nun ein Referat der Wissenschaftlichen Dienste.
       
       [2][Im Januar hatte die taz berichtet], dass Norman P. aktives Mitglied der
       ultrarechten Berliner Burschenschaft Gothia ist und 1998 für die
       rechtspopulistische Partei Bund Freier Bürger für den Bundestag kandidiert
       hatte.
       
       Nachdem die taz die Bundestagsverwaltung mit der Recherche konfrontiert
       hatte, war Norman P. noch im Januar von seinen Aufgaben entbunden worden.
       Nun wurde er versetzt, weitere Konsequenzen sind nicht bekannt. Die
       Pressestelle begründet die Entscheidung damit, dass kein Zweifel entstehen
       dürfe, dass bei der Aufarbeitung der Vorwürfe rechtsextremer Vorfälle in
       der Bundestagspolizei mit der nötigen „Konsequenz und Sensiblität“
       vorgegangen werde. Allerdings gebe es „keine Anhaltspunkte für ein
       disziplinarrechtlich vorwerfbares Verhalten des Beamten“.
       
       Mit dieser Entscheidung vermeidet die Bundestagsverwaltung, sich in der
       Frage zu positionieren, wie sie mit weiteren rechten Burschenschaftlern in
       den eigenen Reihen umgeht. Auf Anfrage hieß es dazu: „Bislang sind der
       Bundestagsverwaltung dazu keine relevanten Vorgänge bezüglich anderer
       Personen bekannt, die zu förmlichen Maßnahmen Anlass geben.“ Die taz hatte
       im vergangenen Jahr über weitere Mitglieder der Burschenschaft Gothia in
       der Verwaltung berichtet.
       
       ## Keine externe Untersuchung geplant
       
       Strittig bleibt, seit wann die Leitung der Bundestagsverwaltung über die
       politische Orientierung ihres Beamten Bescheid wusste. Im Januar hatte sie
       erklärt, dass ihr diese nicht bekannt gewesen sei. Wie die taz aus Kreisen
       der Bundestagsverwaltung erfuhr, war die politische Biografie von Norman P.
       aber intern Thema, bevor er Sicherheitschef wurde. Spätestens als Norman P.
       2015 Leiter des Sekretariats des NSU-Untersuchungsausschusses wurde, hatte
       er zudem eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung durchlaufen müssen.
       
       Der neue Leiter der Parlamentspolizei gilt im Bundestag als „strammer
       Sozialdemokrat“. Dass er bisher das Personalreferat ZV2 leitete, ist
       bemerkenswert, weil er dort die internen Ermittlungen führte, die nach den
       taz-Recherchen im vergangenen Sommer eingeleitet wurden. Im Zuge dieser
       Ermittlungen ließ er alle [3][200 BundestagspolizistInnen einzeln mit einem
       standardisierten Fragebogen] befragen. Neben suggestiven Fragen, ob
       Kollegen einen Hitlergruß als „Imitation, Rumalbern“ gezeigt hätten, wurden
       die Polizisten befragt, ob sie mit der taz gesprochen hatten. Dieses
       Befragung wurde auch intern kritisiert.
       
       Im vergangenen Sommer hatte die damalige Bundestags-Vizepräsidentin Claudia
       Roth eine externe Untersuchung der Bundestagspolizei gefordert. Der
       damalige Präsident Wolfgang Schäuble entschied sich für interne
       Ermittlungen. Die Bundestagsverwaltung teilte mit, für eine externe
       Untersuchung sehe man nach wie vor „keine Notwendigkeit“.
       Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, der die Bundestagspolizei untersteht,
       wollte sich zur Neubesetzung des Referats nicht äußern.
       
       Die disziplinarrechtlichen Ermittlungen gegen mehrere Polizeibeamte dauern
       an. In einem Fall hat auch die Berliner Staatsanwaltschaft ein Verfahren
       eingeleitet, dabei geht es um den mutmaßlichen Hitlergruß eines Beamten.
       
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       26 Apr 2022
       
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