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       # taz.de -- UN-Bericht zur Wüstenbildung: Der Erde gehen die Böden aus
       
       > 40 Prozent der Landfläche weltweit sind geschädigt, warnen die Vereinten
       > Nationen. Grund sei vor allem die landwirtschaftliche Praxis.
       
   IMG Bild: Blühende Landschaften? Rar gesät!
       
       Genf taz | Neben dem Klima- und dem Artenschutz gehört der [1][Kampf gegen
       die Wüstenbildung] zu den großen globalen Aufgaben. Und auch um ihn steht
       es nicht gut. Das zeigt der „[2][Global Land Outlook]“: Bereits 70 Prozent
       der Landfläche der Erde sind vom Menschen verändert worden, 40 Prozent sind
       geschädigt und nicht mehr so fruchtbar wie ursprünglich. Von diesem Problem
       ist mittlerweile die Hälfte der Menschheit betroffen.
       
       Der Report ist eine Art „IPCC-Bericht“, ein Bericht des Weltwüstenrats.
       Denn herausgegeben hat ihn die UN-Konvention zur Bekämpfung der
       Wüstenbildung (UNCCD), die wie die UN-Klimakonvention und die
       UN-Artenschutzkonvention im Jahr 1992 beim Erdgipfel in Rio de Janeiro
       begründet wurde.
       
       Hauptverantwortlich für den schlechten Zustand der Böden sei die
       Landwirtschaft, sagt UNCCD-Chef Ibrahim Thiaw: „[3][Wir müssen dringend
       unsere globalen Lebensmittelsysteme überdenken, die für 80 Prozent der
       Entwaldung und 70 Prozent des Süßwasserverbrauchs verantwortlich sind] und
       die größte Ursache für den Verlust der biologischen Vielfalt auf dem Land
       darstellen.“ Und diese Belastungen werden bei einem einfachen Weiter-so
       deutlich zunehmen.
       
       In diesem Fall würden weitere 12 Prozent der Böden weltweit bis 2050
       geschädigt, eine Fläche so groß wie Südamerika. Außerdem würden bis dann
       weitere 253 Milliarden Tonnen CO2 emittiert durch einen Verlust an
       Kohlenstoff in den Böden, die Rodung von Wäldern und die Trockenlegung von
       Feuchtgebieten. Das entspricht den aktuellen Emissionen in fünfeinhalb
       Jahren. Der Bericht kommt daher zu dem Schluss: „Ein Weiter-so ist kein
       gangbarer Weg für unser weiteres Überleben und unseren Wohlstand.“
       
       ## Zwei Ansätze
       
       Der Bericht beschreibt dann zwei Alternativen: Bei der ersten werden die
       Böden auf einer Fläche von 50 Millionen Quadratkilometer gezielt
       verbessert. Das entspricht gut einem Drittel der Landfläche unseres
       Planeten und ist das Fünffache der Fläche, die die Länder bislang wieder
       instand setzen wollen. Möglich wird das durch einen Verzicht aufs Pflügen,
       Bäume und Sträucher auf Feldern und Weiden, besseres Weidemanagement und
       Maßnahmen gegen Bodenerosion. Dadurch ließe sich die Fruchtbarkeit der
       Böden in den meisten Entwicklungsländern um 5 bis 10 Prozent verbessern.
       Außerdem würden die Böden und die Bodennutzung zu einer Netto-CO2-Senke.
       
       Trotz einer weiteren Abnahme der Waldfläche wird in den Böden und der
       Vegetation Kohlenstoff im Gegenwert von 62 Milliarden Tonnen zusätzlich
       gespeichert. Wegen der Ausweitung des Landwirtschaftslands und der Städte
       würde die Artenvielfalt allerdings immer noch abnehmen.
       
       Bei der zweiten Alternative werden zusätzlich zur ersten 4 Millionen
       Quadratkilometer unter Schutz gestellt – Gebiete mit besonders großer
       Artenvielfalt und Gebiete, die eine besondere Bedeutung für die
       Wasserregulierung oder andere „Ökosystemdienstleistungen“ haben. Diese
       Ausweitung der Schutzgebiete um die Fläche Indiens und Pakistans würde
       allerdings zu Lasten der Nahrungsmittelproduktion gehen. Auf dem
       verbleibenden Landwirtschaftsland müssten daher die Erträge um 9 Prozent
       gesteigert werden und Nahrungsmittel würden teurer.
       
       ## Ohne Geld geht es nicht
       
       Für das Klima wäre es hingegen ein großer Vorteil. Im Vergleich zu einem
       Weiter-so würde Kohlenstoff im Gegenwert von 304 Milliarden Tonnen
       zusätzlich gebunden. Das entspricht den aktuellen globalen Emissionen von
       knapp sieben Jahren. Die Artenvielfalt nähme allerdings dennoch ab, wenn
       auch um ein Drittel weniger als bei einem Weiter-so.
       
       Billig sind die beiden Alternativen allerdings nicht. Schon die
       Wiederherstellung von 10 Millionen Quadratkilometern kostet rund 160
       Milliarden Dollar pro Jahr. Eine Schätzung für die Kosten bei einer
       Verfünffachung dieser Fläche liegt aber nicht vor. Trotzdem wäre es gut
       investiertes Geld: Die Autoren schätzen, dass für jeden investierten Dollar
       ein Nutzen von 7 bis 30 Dollar erzielt wird.
       
       Thiaw sagte denn auch: „Investitionen in die großflächige Wiederherstellung
       von Land sind eine Win-win-Lösung. Es ist ein Gewinn für die Umwelt. Es ist
       ein Gewinn für das Klima. Es ist ein Gewinn für die Wirtschaft und für den
       Lebensunterhalt der lokalen Gemeinschaften.“
       
       27 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Politwissenschaftler-Werz-zur-Klimakrise/!5825801
   DIR [2] https://www.unccd.int/resources/global-land-outlook/overview
   DIR [3] /Streit-um-entwaldungsfreie-Lieferketten/!5826183
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Müller
       
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