# taz.de -- Aufreger im britischen Parlament: Tory schaut Pornos in der Sitzung
> Bei der Beschwerdestelle des britischen Parlaments häufen sich Vorwürfe
> sexueller Übergriffe gegen Abgeordnete und Regierungsmitglieder.
IMG Bild: Sitzen eng beeinander: Abgeordnete im Unterhaus
London taz | Ein nicht genannter Unterhausabgeordneter der konservativen
britischen Tories wurde am Dienstagabend von zwei Fraktionskolleginnen
beschuldigt, mitten in der Sitzung des House of Commons Pornos auf seinem
Handy geschaut zu haben. Das wurde bei einem Treffen von weiblichen
Tory-Abgeordneten zu sexuellem Missbrauch am Dienstagabend bekannt.
Zu dem Treffen war es gekommen, nachdem die Sunday Times am Wochenende
behauptet hatte, der unabhängigen parlamentarischen Beschwerdestelle (ICGS)
würden Vorwürfe gegen insgesamt 54 Abgeordnete verschiedener Parteien wegen
[1][sexueller Übergriffe] vorliegen, darunter auch drei Mitglieder des
britischen Kabinetts.
Eine Pressesprecherin des britischen Parlaments erläuterte jedoch gegenüber
der taz, dass die Beschwerdestelle weder Angaben über die Anzahl der an sie
überwiesenen Fälle machen noch Informationen über deren Inhalte geben
könne. Der Fraktionschef der Konservativen empfahl, dass sich auch jene,
die den Pornovorfall beobachteten, an die Stelle wenden sollten.
Noch in der gleichen Woche kamen Bemerkungen eines konservativen
Abgeordneten über die stellvertretende Parteichefin der Labour Party,
Angela Rayner, ans Tageslicht. Er habe Rayner laut der Zeitung Mail on
Sunday beschuldigt, gegenüber Premierminister Boris Johnson sitzend
absichtlich „ihre Beine gekreuzt und wieder geöffnet zu haben, um den
Premierminister auf diese Weise abzulenken“.
## Die britische Staatsanwältin hält alles für Einzelfälle
Der Kommentar und auch die Veröffentlichung des Artikels durch die Mail on
Sunday wurden von allen Seiten als frauenfeindlich und sexistisch
kritisiert, darunter auch von Boris Johnson. Johnson erklärte, er wolle
„den Terror der Welt auf den dafür verantwortlichen Abgeordneten
loslassen“.
Die Vorwürfe führten zu schockierenden Offenbarungen anderer
Parlamentarierinnen über ihre [2][Erfahrungen in der britischen Politik].
Vor allem häuften sich dabei Aussagen über ihnen gegenüber gemachte
sexuelle und frauenfeindliche Anspielungen und Bemerkungen.
Die Generalstaatsanwältin der britischen Regierung, Suella Braverman,
beschrieb die Vorfälle gegenüber der BBC als nur „Teil einer kleinen
Minderheit von Männern, die schwarze Schafe unter den insgesamt 650
Abgeordneten“ seien und „sich wie Bestien benehmen“. Allgemeine
Frauenfeindlichkeit im Parlament liege ihrer Meinung nach nicht vor. Falls
sich das Pornoschauen während der Unterhaussitzung bewahrheiten sollte,
sollte der Abgeordnete nach Prüfung des Falles zurücktreten.
28 Apr 2022
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