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       # taz.de -- Tödlicher Polizeieinsatz in Mannheim: Bisher nur Bruchstücke bekannt
       
       > In der Mannheimer Innenstadt starb ein offenbar psychisch kranker Mann
       > nach Schlägen der Polizei. Das LKA ermittelt zu den Hintergründen des
       > Falls.
       
   IMG Bild: Menschen haben am Tatort in Mannheim Blumen niedergelegt
       
       Stuttgart taz | Die [1][Bilder aus Mannheim] kursieren seit Montag im Netz
       und haben bundesweit für Entsetzen und Empörung gesorgt. Ein Polizeibeamter
       schlägt in der Mannheimer Innenstadt auf einen am Boden liegenden Mann ein,
       der sich offenbar gegen seine Festnahme wehrt. Wenig später ist der Mann
       tot.
       
       Schnell ist von [2][Mord der Polizei die Rede], noch am selben Abend kommt
       es in der Mannheimer Innenstadt zu einer spontanen Demonstration der
       türkischen Community, bei der der Mannheimer Polizei gewalttätiger
       Rassismus vorgeworfen wird.
       
       Einen Tag später haben Passanten Blumen am Ort des Geschehens mitten in der
       Innenstadt abgelegt. Aber über den Hergang und die tatsächlichen
       Hintergründe sind bisher nur Bruchstücke bekannt.
       
       Nach der Darstellung der Polizei wurden Beamte am Montagmittag von einem
       Arzt des Zentralinstituts für seelische Gesundheit über einen Patienten
       informiert, der Hilfe benötige. Die Polizei griff den Mann dann am
       Marktplatz, nicht weit vom Institut, auf. Er soll gegenüber der Polizei
       Widerstand geleistet haben, deshalb hätten die Beamten „unmittelbaren
       Zwang“ angewendet. Dabei soll der 47-Jährige kollabiert und, wie es in der
       Polizeierklärung heißt, dann „aus bisher ungeklärter Ursache
       reanimierungspflichtig“ gewesen sein. Nach Erste-Hilfe-Maßnahmen sei er
       bewusstlos geblieben. Rettungskräfte hätten ihn danach in die
       Universitätsklinik gebracht, wo er verstorben sei.
       
       Das Video, das seit Montag bei Twitter kursiert, zeigt, was die spröde
       Amtssprache der Erklärung verdeckt. Zu sehen sind Polizeibeamte, die den
       Mann mit dem Gesicht zu Boden gedrückt haben. Von den zwei Beamten, die
       neben ihm knien, schlägt einer dem Mann mit beiden Fäusten mit einem
       Doppelschlag ins Gesicht. Dann versucht er, ihn mit Handschellen zu
       fesseln. Ein weiteres Video, das offenbar später und aus nächster Nähe
       aufgenommen wurde, zeigt, wie die Beamten den Mann regungslos auf den
       Rücken drehen. Er blutet aus der Nase, die Augen sind geschlossen.
       Rettungskräfte sind auf diesem Video noch nicht zu sehen.
       
       Noch am selben Abend fand auf dem Marktplatz in Mannheim in unmittelbarer
       Nähe des Geschehens eine spontane Kundgebung statt. Die Gegend ist geprägt
       von Geschäften und Restaurants der türkischen Community. Die Demonstranten
       ziehen eine direkte Linie von dem Vorfall in Mannheim zum Polizeiversagen
       bei den NSU-Morden.
       
       Die linke Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut schlägt noch schärfere Töne
       an: Sie fordert eine lückenlose Aufklärung des Polizeieinsatzes, dafür sei
       es wichtig, mit „weiterem Protestverhalten den Druck aufrechtzuerhalten.“
       Der Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz ist dagegen um Ausgleich
       bemüht. Der Polizeieinsatz werfe Fragen auf, die geklärt werden müssten.
       „Eine Bewertung vor dem Ende der Untersuchungen verbietet sich“, sagt Kurz.
       
       Derweil ist das Landeskriminalamt mit den Ermittlungen offenbar noch am
       Anfang. Ein Sprecher betont, das LKA ermittle als „unabhängige Behörde in
       alle Richtungen“. Er weist den Vorwurf des Rassismus zurück und verweist
       darauf, dass das Opfer kein türkischer Staatsbürger sei. Welche
       Staatsbürgerschaft der Mann hatte, darüber gibt die Behörde bisher keine
       Auskunft. Ein Sprecher sagt: „Das spielt für unsere Ermittlungen auch keine
       Rolle.“
       
       Das Landeskriminalamt fordert nun Zeugen auf, sich zu melden. Es können
       auch Handyvideos, die zur Aufklärung des Geschehens beitragen können, auf
       einem Onlineportal des LKA hochgeladen werden. Mit dem Obduktionsbericht
       sei erst im Lauf der Woche zu rechnen, heißt es. Erst dann kenne man die
       genaue Todesursache.
       
       Während die Informationen bei den Behörden bisher nur spärlich fließen,
       ruft die Antifa für den Abend in Heidelberg zu einer Demonstration gegen
       Polizeigewalt auf.
       
       3 May 2022
       
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