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       # taz.de -- Frankreichs Militäreinsatz in Mali: Mali wirft Frankreichs Truppen hinaus
       
       > Die Militärregierung in Bamako kündigt die Militärabkommen, die
       > Frankreichs Antiterroreinsätze gegen islamistische Gruppen erlauben.
       
   IMG Bild: !8. April, Abzug des französischen Militärs aus Gossi
       
       Berlin taz | Die rund 2.500 französischen Soldaten, [1][die in Mali
       islamistische Untergrundgruppen bekämpfen], sind ab sofort illegal im Land.
       Dies jedenfalls ist die Haltung der vom Militär dominierten Regierung
       Malis. Sie kündigte am Montagabend das geltende Verteidigungsabkommen mit
       der ehemaligen Kolonialmacht von 2014 auf und dazu auch gleich das
       Truppenstationierungsabkommen von 2013, das den Einsatz französischer
       Truppen in Mali regelt, samt seinem Zusatzprotokoll von 2020 über
       europäische Spezialkräfte.
       
       „Flagrante Verletzungen der nationalen Souveränität Malis“ nannte
       Regierungssprecher Oberst Abdoulaye Maiga in einer im Staatsfernsehen
       verlesenen Ansprache als Grund. Im Einzelnen wirft Malis Regierung
       Frankreich Verletzungen des malischen Luftraums vor sowie den „einseitigen“
       Beschluss Frankreichs zum Abzug seiner Antiterrormission Barkhane.
       
       Das Verteidigungsabkommen von 2014 wird ordnungsgemäß mit einer Frist von
       sechs Monaten gekündigt. Das Truppenstationierungsabkommen von 2013 mit
       Zusatzprotokoll hingegen kündigt Mali mit sofortiger Wirkung.
       
       Damit entfällt ab sofort die rechtliche Grundlage sowohl für die
       Antiterroroperation Barkhane, mit der Frankreich seit 2013 – damals noch
       unter dem Namen Serval – mit Tausenden Soldaten in Mali einen Kampfeinsatz
       gegen islamistische Gruppen führt, als auch für den europäischen
       Spezialkräfteeinsatz Takuba, der Barkhane perspektivisch ersetzen soll.
       Nicht betroffen sind die [2][UN- und EU-Missionen], an denen die Bundeswehr
       beteiligt ist.
       
       ## Grundlage des Stationierungsabkommens ist zweifelhaft
       
       Da Frankreich ohnehin [3][im Begriff ist, aus Mali abzuziehen], verwundert
       der malische Schritt zunächst. Von 5.300 Soldaten zum Höhepunkt von
       Barkhane Ende 2019 sind noch etwa 2.500 übrig. Im gesamten Norden Malis
       hat Frankreich seine Militärbasen bereits an Malis Armee übergeben. „Mali
       versucht, Frankreich aus der Tür zu schubsen, während es gerade geht –
       derweil beklagt es, dass Frankreich sich zum Gehen entschlossen hat, ohne
       Mali zu konsultieren“, kommentiert der US-amerikanische Sahelexperte Andrew
       Lebovich.
       
       Der Vorstoß aus Bamako dürfte für Streit mit Paris sorgen. Zur sofortigen
       Aufkündigung der Truppenstationierungsabkommen beruft sich Mali auf die
       Wiener Konvention, die die fristlose Kündigung eines internationalen
       Vertrages im Falle einer „manifesten Verletzung“ durch die andere Partei
       erlaubt. Der französische Militärexperte Julien Antouly weist darauf hin,
       dass Frankreich diese Konvention nicht unterzeichnet habe – es wende sie
       aber selbst an.
       
       Außerdem, analysiert er, entstand das Truppenstationierungsabkommen von
       2013 erst zwei Monate nach Beginn des Einsatzes französischer Truppen in
       Mali, seine Grundlage sei also fragwürdig. Frankreich berief sich damals
       auf ein Beistandsgesuch der malischen Regierung – das kann Mali jederzeit
       fristlos zurückziehen. Ein separates Mandat des UN-Sicherheitsrates für die
       Operation Barkhane gibt es nicht.
       
       Bleibt es bei der Aufkündigung, schreibt Antouly, „könnten die Kontingente
       von Barkhane und Takuba das Recht zur Einreise auf das malische
       Staatsgebiet und die Bewegungsfreiheit verlieren“. Auch entfalle dann die
       Straffreiheit für französische Soldaten in Mali und ihr Recht, Malier
       festzunehmen. Damit werden robuste Antiterroreinsätze unmöglich.
       
       ## Das Misstrauen zwischen Bamako und Paris ist riesig
       
       Noch 2013 hatte Frankreich mit Tausenden Soldaten verhindert, dass
       islamistische Terrorgruppen in Mali die Macht ergreifen. Aber 2020 und 2021
       putschte Malis Armee zweimal. Frankreich kündigte die gemeinsamen
       Antiterroreinsätze auf, Mali holte russische Kämpfer ins Land, Frankreich
       konterte mit dem schrittweisen Abzug seiner Antiterrormission, verkündet
       auf einem Gipfel in Paris am 17. Februar 2022 ohne malische Beteiligung,
       und Malis Regierung verlangte Frankreichs sofortigen Abzug.
       
       Wie groß das Misstrauen ist, erwies sich nach der Übergabe der
       französischen Militärbasis Gossi an die malischen Streitkräfte am 19.
       April. Zwei Tage später warf Frankreich auf der Grundlage von
       Drohnenaufnahmen russischen Söldnern vor, in Gossi Leichen im Sand zu
       vergraben, die die malische Seite dann finden und als Opfer französischer
       Massaker präsentieren werde.
       
       Prompt verkündeten Malis Behörden am 22. April, eine Patrouille habe nahe
       Gossi ein „Massengrab“ voller „verrottender Leichen“ entdeckt, und
       regierungsnahe Medien machten Frankreich verantwortlich. Frankreich
       protestierte. Am 26. April warf Malis Regierung schließlich Frankreichs
       Streitkräften „Spionage, Einschüchterung und Subversion“ vor.
       
       3 May 2022
       
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