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       # taz.de -- Neue Studie zu LNG-Terminals: Kritik an Flüssiggas-Plänen
       
       > Eine neue Studie hält Unabhängigkeit von russischem Gas bis 2025 fast
       > ohne neue Infrastruktur für möglich. Die Regierung drückt trotzdem aufs
       > Tempo.
       
   IMG Bild: Wilhelmshaven soll Standort für ein LNG-Terminal werden
       
       Berlin taz | In der EU sind fast keine neuen Anlandemöglichkeiten für
       verflüssigtes Erdgas (LNG) erforderlich, um bis zum Jahr 2025 komplett
       unabhängig von [1][Gas-Importen aus Russland] zu werden. Zu diesem Ergebnis
       [2][kommt eine Berechnung des auf Energiedaten spezialisierten Unternehmens
       Artelys] im Auftrag der European Climate Foundation, die an diesem Mittwoch
       veröffentlicht wird.
       
       Zur Sicherstellung der Versorgung notwendig ist demnach lediglich ein
       einziges neues LNG-Terminal in Finnland, über das auch die baltischen
       Staaten mitversorgt werden könnten. Ansonsten könnte das bisher aus
       Russland importierte Gas einerseits durch die bestehende, aber nicht
       ausgelastete LNG-Infrastruktur, durch Einsparungen und durch zusätzliche
       Investitionen in erneuerbare Energien kompensiert werden, schreiben die
       Autor*innen.
       
       Bei einem Importstopp würden EU-weit pro Jahr 152 Milliarden Kubikmeter
       russisches Gas entfallen. Ohne neue Investitionen könnten davon rund 100
       Milliarden Kubikmeter durch zusätzliche LNG-Importe ersetzt werden; weitere
       15 Milliarden Kubikmeter könnten durch andere Pipelines kommen, etwa aus
       Norwegen und Nordafrika, heißt es in der Studie. Zudem soll gemäß dem
       EU-Klimaplan „Fit for 55“ der Erdgasbedarf von 520 Milliarden Kubikmetern
       im Jahr 2019 bis zum Jahr 2025 auf 403 Milliarden Kubikmeter sinken – vor
       allem durch Effizienzmaßnahmen und den Umstieg von Gasheizungen auf
       elektrische Wärmepumpen.
       
       Rein zahlenmäßig wäre der Bedarf also fast ohne zusätzliche Infrastruktur
       zu decken, wenn 2025 kein Gas aus Russland mehr importiert würde.
       Allerdings wären die Pipelines innerhalb von Europa dann voll ausgelastet
       und es gäbe keine Reserven. Auch die Studie hält darum zusätzliche
       Investitionen für erforderlich. Neue LNG-Terminals und die damit
       verbundenen Pipeline-Anbindungen seien dafür aber nicht die beste Lösung,
       heißt es.
       
       Sowohl unter finanziellen als auch unter klimapolitischen Gesichtspunkten
       sei es sinnvoller, stattdessen in den zusätzlichen Ausbau der erneuerbaren
       Energien zu investieren. „Die neuen LNG-Terminal-Vorschläge, die derzeit in
       Deutschland, Italien und Polen vorangetrieben werden, stellen sich aus
       Sicht der Versorgungssicherheit als unnötig heraus“, heißt es. Und auch
       finanziell würden sich die Investitionen wegen des sinkenden Gasbedarfs
       nicht rentieren.
       
       Die Organisataion Global Witness fordert unter Berufung auf die neue Studie
       darum einen Verzicht auf die geplanten Gas-Terminals. „Dies ist nicht der
       Moment, um auf fossile Brennstoffe zu setzen, sondern den Ausstieg zu
       beschleunigen und dringend auf erneuerbare Energien umzusteigen, die den
       Verbrauchern und dem Klima zugute kommen und nicht den Diktatoren und
       Petrostaten“, erklärte Gas-Kampaignerin Tara Connolly.
       
       ## Deutschland schränkt Beteiligungsrechte ein
       
       Deutschland setzt derweil aber weiter [3][auf den Bau neuer LNG-Terminals]
       – und zwar stärker und schneller denn je. War lange Zeit nur von zwei
       solcher Anlagen die Rede, in denen das Flüssiggas von Schiffen gepumpt,
       wieder in Gas verwandelt und in Pipelines eingespeist wird, sind aktuell
       deutlich mehr Anlagen in Planung: So hat die Bundesregierung für vier
       schwimmende Terminals auf Schiffen, die jeweils eine Kapazität von 5 bis 10
       Milliarden Kubikmeter pro Jahr haben, bereits knapp 3 Milliarden
       Haushaltsmittel bereitgestellt. Eins davon soll in Wilhelmshaven
       stationiert werden, wo an diesem Donnerstag in Anwesenheit von
       Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Bauarbeiten beginnen sollen;
       daneben sind auch feste Terminals weiterhin in Planung.
       
       Um die Arbeiten an den Terminals und den zugehörigen Pipelines zu
       beschleunigen, will die Bundesregierung zudem die Beteiligungs- und
       Klagerechte für diese Projekte gesetzlich beschränken, wie aus einem
       Eckpunktepapier des Ministeriums hervorgeht. Das stößt bei Verbänden wie
       der Deutschen Umwelthilfe auf scharfe Kritik. Der Verband kritisiert zudem,
       dass durch die Anlagen eine „krasse fossile Überkapazität“ entstehe. Das
       Bundeswirtschaftsministerium weist das zurück. Die schwimmenden Terminals
       würden gemietet, und es gebe in den Verträgen Ausstiegsoptionen für den
       Fall, dass sich die Einschätzungen zum Bedarf ändern, teilte eine
       Sprecherin mit.
       
       4 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Energie-aus-Russland/!5847326
   DIR [2] https://www.artelys.com/wp-content/uploads/2022/05/Artelys-Russian-gas-phase-out-Briefing-note.pdf
   DIR [3] /Mindestens-drei-neue-Fluessiggasterminals/!5844254
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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