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       # taz.de -- Neue Angriffe auf Jesid*innen: Im Schatten der Aufmerksamkeit
       
       > Vor acht Jahren verübte der IS an den Jesid*innen im Nordirak einen
       > Völkermord. Nun attackiert die irakische Armee die Überlebenden.
       
   IMG Bild: Im Jahr 2014 wurde die nordirakische Stadt Sinjar vom IS angegriffen
       
       Fast acht Jahre ist es her, dass Kämpfer des sogenannten Islamischen Staats
       in Sindschar (Shingal) einfielen und an [1][den Jesid*innen] einen Genozid
       verübten. Sie ermordeten Männer, missbrauchten die Jungen als
       Kindersoldaten und vergewaltigten Frauen und Mädchen. 2.800 von ihnen
       werden bis heute vermisst.
       
       Unzählige Jesid*innen haben 2014 den Irak verlassen, meist über die
       gefährlichen Fluchtrouten nach Europa, und selten mit Sonderkontingenten
       nach Deutschland, Frankreich, Australien oder Kanada. Zehntausende jedoch
       harren bis heute in den riesigen Flüchtlingscamps in der Autonomen Region
       Kurdistan im Irak aus.
       
       Sie leben im Winter wie im Sommer in Zelten. Es fehlt ihnen an Arbeit, an
       Perspektive. Und es vergeht kaum ein Monat, an dem uns keine Nachrichten
       erreichen von Brandunfällen oder Suiziden. Um der katastrophalen Lage in
       den Camps zu entkommen, sind ein paar Familien wieder in ihre Häuser in
       Sindschar zurückgekehrt – in eine nicht minder katastrophale Lage mit noch
       vom IS hinterlassenen Sprengfallen, vereinzelten Überfällen von IS-Zellen,
       zerstörter Infrastruktur, türkischen Angriffe aus der Luft und sich teils
       feindlich gesinnten Milizen am Boden.
       
       Seit Ende April gibt es nun auch Kämpfe zwischen der irakischen Armee und
       der von den [2][kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG ausgebildeten
       und der PKK nahestehenden jesidischen Widerstandseinheit YBŞ]. 3.000
       Menschen sind seither aus Sindschar in die Autonome Region Kurdistan
       geflohen. Die Lage der Jesid*innen ist also wieder einmal oder immer
       noch aussichtslos. Dabei hat es das alles längst gegeben, die Forderungen
       nach UN-Blauhelmen als Schutz für die Zivilbevölkerung, die flehentlichen
       Appelle an die irakische Regierung in Bagdad, die internationale
       Staatengemeinschaft.
       
       Es ist also eine Frage des politischen Willens. „Nobody’s listening“ ist
       der Name einer Ausstellung der jesidischen Organisation Yazda zum Genozid.
       „Die Welt hat uns vergessen“ ist ein Satz, den man oft zu hören bekommt,
       spricht man mit den jesidischen Überlebenden im Irak. Im August jährt sich
       der Genozid zum achten Mal.
       
       5 May 2022
       
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   DIR Ronya Othmann
       
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