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       # taz.de -- +++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Seit Kriegsbeginn 89 Tote in Kiew
       
       > Die USA haben bei den UN beantragt, Russland aus dem Menschenrechtsrat
       > auszuschließen. Nach Behördenangaben sind in Kiew seit Beginn des Krieges
       > 89 Menschen ums Leben gekommen.
       
   IMG Bild: Mariya Ol'hovs'ka trauert um ihren Vater, der in Kiew durch eine russische Rakete getötet wurde
       
       ## UN stimmt über Antrag zum Ausschluss Russlands ab
       
       Die Generalversammlung der Vereinten Nationen wird am Donnerstag über einen
       Antrag der USA abstimmen, Russland aus dem UN-Menschenrechtsrat
       auszuschließen. Das teilen Diplomaten mit. Für einen Rauswurf Russlands aus
       dem Gremium mit Sitz in Genf wegen grober und systematischer Verletzung der
       Menschenrechte ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit unter den 193 Mitgliedern
       nötig. (rtr)
       
       ## Nato-Generalsekretär: Krieg in der Ukraine könnte noch Jahre dauern
       
       Die Nato rechnet mit einem noch lange anhaltenden Krieg in der Ukraine. Es
       gebe keine Anzeichen dafür, dass Russlands Präsident Wladimir Putin seine
       Ambitionen aufgegeben habe, die komplette Ukraine zu kontrollieren, sagte
       Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch am Rande eines Treffens der 30
       Außenminister der Bündnisstaaten in Brüssel. Man müsse sich bewusst darüber
       werden, dass der Krieg noch „viele Monate oder sogar Jahre“ andauern könne.
       
       Den Rückzug russischer Truppen aus dem Norden der Ukraine erklärte
       Stoltenberg mit einer nach Nato-Erkenntnissen geplanten Großoffensive im
       Osten. Die Streitkräfte sollen demnach verstärkt und neu bewaffnet werden,
       um den gesamten Donbass einzunehmen und eine Landbrücke zur bereits
       besetzten ukrainischen Halbinsel Krim zu schaffen.
       
       Konsequenz aus den Entwicklungen ist laut Stoltenberg, dass sich die Nato
       auf einen langen Weg vorbereiten muss. „Wir müssen die Ukraine
       unterstützen, unsere Sanktionen aufrechterhalten, unsere Verteidigung und
       unsere Abschreckung stärken“, sagte er. (dpa)
       
       ## Scholz nimmt Lambrecht bei Waffenlieferungen in Schutz
       
       Bundeskanzler Olaf Scholz hat Verteidigungsministerin Christine Lambrecht
       (beide SPD) gegen den Vorwurf in Schutz genommen, sie gebe zu zögerlich
       Waffen an die Ukraine ab. „Ich weiß, dass die Bundesverteidigungsministerin
       Christine Lambrecht alles unternimmt, was angesichts der Beschlusslage
       unserer Alliierten und mit Blick auf die Fähigkeiten der Bundeswehr machbar
       ist“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch über seine Parteikollegin in der
       Regierungsbefragung im Bundestag. „Was wir aus den aktuellen Beständen der
       Bundeswehr an Waffen liefern können, alles das, was sinnvoll ist und
       schnell wirkt, das wird geliefert.“
       
       Die Bundesregierung hatte kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine
       beschlossen, Waffen in das Kriegsgebiet zu liefern und damit ein Tabu
       gebrochen. Bisher hat sie unter anderem Luftabwehrraketen, Panzerfäuste,
       Maschinengewehre und mehrere Millionen Schuss Munition exportiert. Nach den
       Gräueltaten an Zivilisten in der ukrainischen Stadt Butscha sollen die
       Waffenlieferungen nun noch einmal ausgeweitet werden. Die CDU/CSU wirft
       Lambrecht vor, dabei zu zögerlich vorzugehen und nicht alles zu liefern,
       was zugesagt wurde.
       
       Mit Blick auf die laufenden Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau über ein
       Ende des Krieges nannte der Kanzler die von der Ukraine angebotene
       Neutralität ein „großes Zugeständnis gegenüber dem Aggressor“. Er machte
       zugleich klar: „Es darf nicht auf einen Diktatfrieden hinauslaufen.“ Die
       Frage von Sicherheitsgarantien für die Ukraine sei „noch nicht
       ausbuchstabiert“, sagte Scholz. „Selbstverständlich reden wir darüber –
       aber das auch in der notwendigen Vertraulichkeit – mit der Ukraine und tun
       das auch mit den anderen, die angesprochen sind.“ Dies lasse sich im Moment
       aber noch nicht weiter konkretisieren. (dpa)
       
       ## Ukrainische Behörden melden 89 Tote in Kiew
       
       Seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar sind in der ukrainischen
       Hauptstadt Kiew nach Angaben der Behörden 89 Menschen getötet worden.
       Weitere 398 Menschen wurden verletzt, teilt der Stadtrat mit. 167
       Wohngebäude sei durch russische Luftangriffe beschädigt. Trotz des jüngsten
       Rückzugs der russischen Truppen aus der Region Kiew sollten die Menschen
       wachsam sein und die Luftalarm-Warnungen befolgen. „Es ist sicherer
       geworden in Kiew, aber die Gefahr von Luftangriffen bleibt.“ Russland
       bestreitet, Zivilisten anzugreifen.
       
       In Mariupol ist mehr als 500 weiteren Menschen die Flucht gelungen. Das
       teilte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mit. Ein IKRK-Team
       habe einen Konvoi aus Bussen und Privatautos in die südukrainische Stadt
       Saporischschja geleitet, nachdem die Zivilisten auf eigene Faust aus
       Mariupol geflohen seien, teilt die Hilfsorganisation mit. Allerdings
       benötigten weiterhin Tausende Zivilisten, die in Mariupol eingeschlossen
       seien, sicheres Geleit und Hilfe, sagt der IKRK-Delegationsleiter in der
       Ukraine, Pascal Hundt. Die Ukraine macht die russischen Streitkräfte dafür
       verantwortlich, dass mehrfach Bus-Konvois für größere Evakuierungen nicht
       nach Mariupol durchkamen. (rtr)
       
       ## Scholz gegen Weiterbetrieb von Atomkraftwerken
       
       Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich dagegen ausgesprochen, wegen des
       russischen Kriegs in der Ukraine die [1][Atomkraftwerke in Deutschland
       länger zu nutzen]. Das sei „kein guter Plan“, sagte der SPD-Politiker am
       Mittwoch im Bundestag. Die Atomkraftwerke seien nicht für einen
       Weiterbetrieb vorbereitet, außerdem habe sich Deutschland aus gutem Grund
       entschieden, den Betrieb auslaufen zu lassen. Deutschland ringt darum,
       unabhängiger von Öl- und vor allem von Gas-Importen aus Russland zu werden.
       
       Wolle man die Kernkraftwerke deswegen länger laufen lassen, seien neue
       Brennstäbe und andere nukleare Ressourcen nötig, sagte Scholz. Diese seien
       jedoch nicht einfach verfügbar. Scholz sprach von einer
       Milchmädchenrechnung und wies darauf hin, dass sich auch lange nicht alle
       fossilen Importe durch Atomenergie ersetzen ließen. So würden etwa
       Öl-Importe auch zur Herstellung chemischer Produkte gebraucht.
       
       Scholz kündigte außerdem weitere Waffenlieferungen an die Ukraine an. „Es
       muss unser Ziel sein, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnt“, sagte
       Scholz im Bundestag. Man werde der Ukraine in Abstimmung mit den EU- und
       Nato-Partnern auch weiter Waffen liefern und den Druck auf Russland über
       Sanktionen erhöhen. (dpa/rtr)
       
       ## 🐾 „Schwere wirtschaftliche Folgen“
       
       Erdgas ist nicht nur zum Heizen notwendig, sondern auch die Grundlage der
       Industrie, erklärt Michael Vassiliadis, Chef der Industriegewerkschaft
       Bergbau, Chemie, Energie. Er lehnt deshalb ein Gas- und Energieembargo
       gegen Russland ab, wie er [2][im Interview mit Hannes Koch in der taz
       sagt].
       
       ## In Luhansker Verwaltungssitz Siewierodonezk brennen zehn Hochhäuser
       
       In Siewierodonezk nordwestlich der Stadt Luhansk stehen zehn Hochhäuser
       nach russischem Beschuss in Flammen, teilt der Bezirksgouverneur von
       Luhansk mit. In Siewierodonezk sitzt die ukrainische Bezirksverwaltung, da
       Luhansk, Hauptstadt des gleichnamigen Verwaltungsbezirks, seit 2014 unter
       Kontrolle von prorussischen Separatisten steht. (rtr)
       
       ## EU stockt Lagerbestände auf
       
       Die Europäische Union hat nach Angaben der EU-Kommission angesichts der
       Besorgnis über den Krieg in der Ukraine mit der Aufstockung ihrer
       Lagerbestände zum Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen
       Vorfällen begonnen. Die EU werde ihre Reserven an Schutzausrüstung,
       Dekontaminationsmitteln, Medikamenten und Impfstoffen verstärken, die im
       Falle eines chemischen, nuklearen oder biologischen Zwischenfalls nützlich
       sein könnten, teilt die Brüsseler Behörde mit und bestätigte damit einen
       Reuters-Bericht der vergangenen Woche. (rtr)
       
       ## Konjunktur- und Zinssorgen ziehen Börsen nach unten
       
       Die Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen neuer Sanktionen des Westens
       gegen Russland hält die Börsen im Klammergriff. Dax und EuroStoxx50 fielen
       am Mittwoch um je rund zwei Prozent auf 14.140 beziehungsweise 3.824
       Punkte. Spekulationen auf eine aggressivere geldpolitische Straffung der
       US-Notenbank trübten die Stimmung an der Wall Street vorbörslich und
       sorgten für einen Ausverkauf bei Staatsanleihen. Frankreichs Börsen zittern
       vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am Sonntag.
       
       Angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine steige das Risiko eines
       bislang von der EU vermiedenen Öl- und Gasembargos von Tag zu Tag und damit
       die Inflations- und Konjunkturrisiken für Europa, kommentierten die
       Analysten der Commerzbank. Russland selbst rückt einer Staatspleite näher:
       Erstmals wurden am Mittwoch Zahlungen für zwei Fremdwährungsanleihen nicht
       in Dollar, sondern in Rubel geleistet.
       
       Die USA und ihre Verbündeten wollen die Daumenschrauben für die russische
       Wirtschaft weiter anziehen. Ein mit den G7-Staaten und der EU abgestimmtes
       Paket sollte am Mittwoch vorgestellt werden. „So viel steht fest: Mit jedem
       Eingriff nimmt das Risiko einer Rezession in Deutschland zu“, sagte
       Konstantin Oldenburger, Marktanalyst vom Handelshaus CMC Markets. Die
       Industrieaufträge brachen im Februar hierzulande bereits stärker weg als
       erwartet. (rtr)
       
       ## Russland will an diplomatischen Beziehungen zum Westen festhalten
       
       Die Führung in Moskau will nach eigenen Angaben an ihren diplomatischen
       Beziehungen zum Westen festhalten. Mit der jüngsten [3][Ausweisung
       zahlreicher russischer Diplomaten] schadeten diese Länder nur ihren eigenen
       Interessen, zitiert die russische Nachrichtenagentur Interfax den
       stellvertretenden Außenminister Alexander Gruschko. Nach Deutschland und
       anderen europäischen Staaten wies am Mittwoch auch Griechenland als
       Reaktion auf den Krieg in der Ukraine mehrere russische Diplomaten aus.
       Zwölf Diplomaten wurden zu unerwünschten Personen erklärt, wie das
       Außenministerium in Athen mitteilt. (rtr)
       
       ## Studie: Zinserhöhungen könnten Energiepreise drücken
       
       Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) können einer Studie
       zufolge die Energiepreise in Deutschland drücken. Diese dürften um bis zu
       vier Prozent fallen, geht aus der Untersuchung des Deutschen Instituts für
       Wirtschaftsforschung (DIW) hervor, die der Nachrichtenagentur Reuters am
       Mittwoch vorlag. Grund dafür ist die durch steigende Zinsen erwartete
       Euro-Aufwertung. Dadurch würden die Preise für in Dollar gehandelte
       Ölprodukte reduziert. Allerdings ginge damit auch eine unerwünschte
       Nebenwirkung einher: die Industrieproduktion würde ausgebremst, die
       Arbeitslosigkeit steigen.
       
       „Die vorliegenden Berechnungen haben gezeigt, dass eine straffere
       Geldpolitik durchaus auch eine signifikante Wirkung auf die Energiepreise
       hat“, so das Fazit der DIW-Forscher. Zwar beeinflusse die EZB mit ihrer
       Zinsentscheidung nicht wesentlich den Preis auf dem Weltmarkt, dafür aber
       den Wert des Euro. „Wertet der Euro auf, sinken die Verbraucherpreise für
       Kraftstoffe und Heizkosten in Deutschland signifikant“, so die Experten.
       Mit einer Zinserhöhung hätte die EZB demnach theoretisch ein wirkungsvolles
       Instrument in der Hand, die Preise im Euroraum insgesamt zu stabilisieren.
       
       Eine Leitzinserhöhung, die den Zins der einjährigen deutschen Bundesanleihe
       um ein viertel Prozentpunkt steigen lasse, würde dem DIW zufolge die
       deutschen Verbraucherpreise noch im selben Monat um 0,2 Prozent dämpfen.
       Das entspreche immerhin einem Zehntel des jährlichen Inflationsziels der
       EZB, das bei zwei Prozent liegt.
       
       Eine Zinserhöhung hat dem DIW zufolge aber auch unangenehme Nebenwirkungen.
       „Schlechtere Finanzierungsbedingungen und eine sinkende Nachfrage lassen
       die Arbeitslosenquote nach dem Schock um etwas mehr als 0,1 Prozentpunkte
       steigen“, so die Forscher. Während die Industrie sich schnell erhole und
       nach rund drei Monaten zum Ausgangsniveau zurückkehre, sei der Anstieg der
       Arbeitslosenquote nachhaltiger. „Die EZB ist durch den Krieg in der Ukraine
       mit stark steigenden Energiepreisen und einer gefährdeten wirtschaftlichen
       Erholung somit in einer schwierigen Lage“, schlussfolgern die Ökonomen.
       (rtr)
       
       ## Moskauer DJ neuer Chef von Gazprom Germania?
       
       [4][Dem Spiegel zufolge] hat der russische Konzern Gazprom die Kontrolle an
       der deutschen Tochterfirma Gazprom Germania an einen DJ übertragen. Dmitrij
       Z. legt spiegel.de zufolge in Moskauer Clubs Progressive House auf und war
       als Geschäftsmann bislang eher im Autohandel aufgefallen.
       
       Die Gazprom-Germania-Gruppe hat eine [5][sehr wichtige Rolle] beim Handel,
       Transport und Speichern von Erdgas. Zu den mehr als drei Dutzend Firmen der
       Gruppe gehören Wingas, Lieferant vieler Stadtwerke, und Astora, Betreiber
       des größten Gasspeichers Deutschlands in Rehden.
       
       Gazprom hatte nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums in der
       vergangenen Woche die Firmen Gazprom Germania und Gazprom export business
       an zwei russische Firmen weitergegeben. Der neue Besitzer von Gazprom
       Germania hat die Liquidierung des Unternehmens angekündigt – damit bestand
       Gefahr für den Fortbestand laufender Verträge und die Versorgung der
       Kund:innen.
       
       Daraufhin hatte die Bundesnetzagentur am Dienstag auf Anordnung des
       Bundeswirtschaftsministeriums die Treuhänderschaft für die
       Gazprom-Germania-Gruppe übernommen. Das Bundeswirtschaftsministerium greift
       zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik in dieser Form ein.
       
       Der Spiegel hat sich die neuen Eigentümer angeschaut und stieß auf eine
       Aktiengesellschaft in Moskau namens Palmary. Im russischen
       Unternehmensregister sei ein einzelnes Zimmer in einem Bürokomplex als
       Firmensitz angegeben. Als Geschäftsgegenstand würden Immobiliendeals
       genannt. Laut russischem Handelsregister soll am 31. März 2022 ein neuer
       Geschäftsführer der Firma Palmary bestellt worden sein: Dmitrij Z. Der
       Spiegel hält ihn für einen Strohmann. Im russischen Unternehmerregister ist
       er mit einer Firma gelistet, deren Geschäftszweck mit „Einzelhandel mit
       elektrischen Haushaltsgeräten in Fachgeschäften“ angegeben wird. Wieder
       eine andere widmete sich dem „Großhandel mit Pkw“. Hinterlegt ist laut
       Spiegel im russischen Handelsregister auch eine persönliche
       Googlemail-Adresse. Das Profilbild des Accounts zeigt einen Mann bei einem
       Auftritt als DJ. Ähnliche Aufnahmen finden sich auf einem Facebook-Account,
       der auf den gleichen Namen registriert ist. Dort sieht man Z. im
       Blitzlichtgewitter von Diskotheken oder die Jazznummer „Georgia on my mind“
       auf dem Klavier spielend. (jot/taz)
       
       ## 🐾 Nach dem Massaker in Butscha
       
       Seit dem 1. April ist die Kleinstadt Butscha, ganz in der Nähe von Kiew
       gelegen, von den russischen Okkupanten befreit. Hier lebten vor dem Krieg
       etwa 35.000 Menschen. Die verbliebenen Einwohner haben den Schock des
       letzten Monats noch lange nicht überwunden. [6][Ein Vor-Ort-Besuch von
       Anastasia Magasowa in der taz].
       
       ## Russland will Beschlagnahmen vor Gericht anfechten
       
       Die Führung in Moskau will eine Beschlagnahme von russischem Eigentum im
       Ausland vor Gerichten weltweit anfechten. „Die Gegner Russlands sollten
       verstehen, dass sie mit einer großen Anzahl von Fällen vor Gericht
       konfrontiert werden. Sowohl vor den nationalen Gerichten der Vereinigten
       Staaten und Europas als auch vor internationalen Gerichten“, teilt der
       Vizechef des nationalen Sicherheitsrates und ehemalige Präsident Dmitri
       Medwedew auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Am Montag etwa hatte
       Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die bisherige Deutschland-Tochter
       des russischen Gasriesen Gazprom, Gazprom Germania, bis Ende September
       unter die Treuhandschaft der Bundesnetzagentur gestellt. (rtr)
       
       ## Von der Leyen droht neben Kohle-Sanktion mit weiteren Schritten
       
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen droht neben einem
       Importstopp von Kohle auch ein Ölembargo gegen Russland an. Mit Blick auf
       das am Dienstag von der Kommission vorgeschlagene Importverbot auf
       russische Kohle sagt von der Leyen vor dem Europäischen Parlament: „Diese
       Sanktionen werden nicht unsere letzten Sanktionen sein.“ Sie fügt hinzu:
       „Jetzt müssen wir uns Öl anschauen und die Einnahmen, die Russland aus
       fossilen Brennstoffen bezieht.“ (rtr)
       
       ## Britischer Gesundheitsminister: Welt muss Massenmord in Ukraine stoppen
       
       Der britische Gesundheitsminister Sajid Javid sieht in den Berichten über
       Tötungen von Zivilisten durch russische Truppen in der Ukraine Parallelen
       zum Massaker im bosnischen Srebrenica vor rund 27 Jahren. „Dies ist ein
       Massenmord von noch nie dagewesenem Ausmaß in Europa. So etwas haben wir,
       glaube ich, seit 1995 nicht mehr gesehen“, sagt er im BBC-Fernsehen. Die
       Welt müsse handeln, um diesen Massenmord in der Ukraine zu stoppen. Damit
       verglich Javid die Ereignisse in der Ukraine mit dem Völkermord in Bosnien,
       als im Juli 1995 bosnisch-serbische Truppen eine Sicherheitszone der
       Vereinten Nationen in Srebrenica überrannten und rund 8.000 muslimische
       Jungen und Männer töteten. Das Massaker gilt als schlimmstes
       Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Russland bestreitet
       die Vorwürfe von Gräueltaten an Zivilisten in der Ukraine und spricht von
       einer Propaganda-Inszenierung. (rtr)
       
       ## Zeitung veröffentlicht Videoaufnahme
       
       Die New York Times [7][veröffentlichte in der Nacht] von ihr verifizierte
       Videoaufnahmen, die tödliche Schüsse russischer Soldaten auf einen
       Zivilisten in Butscha belegen sollen. Das ukrainische Video stamme von Ende
       Februar – kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine. Die
       Militärverwaltung von Homostel – eines Nachbarorts von Butscha – erklärte
       laut lokalen Medien, dort würden nach der russischen Besatzung rund 400
       Bewohner vermisst. Mehrere Bewohner von Hostomel seien auch in Butscha
       gefunden worden.
       
       Aus Sicht der US-Regierung sind die [8][Gräueltaten von Butscha] womöglich
       nur „die Spitze des Eisbergs“. In Gebieten in der Ukraine, zu denen es noch
       keinen Zugang gebe, hätten russische Truppen „wahrscheinlich auch
       Gräueltaten begangen“, sagte Regierungssprecherin Jen Psaki.
       
       Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte nach einem Gespräch mit
       dem ukrainischen Staatsoberhaupt Selenskyj Unterstützung für die Aufklärung
       der Gräueltaten zu, unter anderem in Form einer Sonderzahlung an den
       Internationalen Strafgerichtshof. In dem Telefonat redeten die beiden
       Präsidenten auch über Vergewaltigungen, die russische Soldaten in der
       Ukraine begangen haben sollen, wie es aus der französischen Regierung hieß.
       (rtr)
       
       ## Wieder Explosionen in Lwiw
       
       Selenskyj sagte in einer in der Nacht verbreiteten Videobotschaft, die
       ukrainischen Streitkräfte hielten die meisten Gebiete, in die Russland
       versucht habe vorzudringen. Am schwierigsten sei die Lage im Donbass und im
       Gebiet Charkiw im Osten des Landes. Russland sei zudem dabei, mehr Truppen
       für eine neue Offensive in die Ukraine zu schicken. Ukrainische Medien
       berichteten in der Nacht über Explosionen in den Gebieten Lwiw (Lemberg) im
       Westen und Dnipropetrowsk im Südosten des Landes. Informationen über Opfer
       oder Schäden gab es aber vorerst nicht.
       
       Am Dienstag war es nach Angaben aus Kiew gelungen, 3.800 Menschen aus
       umkämpften Gebieten zu retten, darunter rund 2.200 Menschen aus der
       größtenteils zerstörten Stadt Mariupol und dem nahen Berdjansk. Das
       russische Verteidigungsministerium meldete laut Agentur Tass, binnen 24
       Stunden seien mehr als 18.600 Menschen aus „gefährlichen Bezirken“ der
       Ukraine, der Region Luhansk und Donezk gerettet worden. Zugleich kündigte
       das Verteidigungsministerium weitere Gefechte um Mariupol an, da die
       Ukraine Aufforderungen zum Abzug ignoriere. (rtr)
       
       ## Russische Truppen greifen Treibstofflager in Dnipro an
       
       Russische Streitkräfte haben in der Nacht ein Treibstoffdepot und eine
       Fabrik in der ukrainischen Region Dnipro angegriffen. Die Zahl der Opfer
       sei noch unklar, teilte der Gouverneur der Region, Walentin Resnitschenko,
       am Mittwoch über die Nachrichten-App Telegram mit.
       
       Die Nacht sei schwierig gewesen, schrieb der Gouverneur. „Der Feind griff
       unser Gebiet aus der Luft an und traf das Öldepot und eine der Fabriken.“
       Das Öllager sei zerstört worden. Die Rettungskräfte seien noch damit
       beschäftigt, die Flammen im Werk zu löschen. „Es brennt sehr stark“,
       schrieb Resnitschenko.
       
       In der Region Luhansk im Osten des Landes wurden am Dienstag beim Beschuss
       der Stadt Rubischne ein Mensch getötet und fünf weitere verletzt, wie
       Gouverneur Serhij Haidai am Mittwoch auf Telegram mitteilte. Das russische
       Militär konzentriere sich weiterhin auf den Osten der Ukraine, erklärte der
       ukrainische Generalstab. Ziel sei es, die vollständige Kontrolle über die
       Regionen Donezk und Luhansk zu erlangen. Teile der Regionen werden seit
       2014 von Rebellen gehalten, die von Russland unterstützt werden. Moskau
       erkennt sie als unabhängige Staaten an. (ap)
       
       ## Abschiebungen in viele Länder ausgesetzt
       
       Wegen des russischen Angriffskrieges haben alle Bundesländer Abschiebungen
       in osteuropäische Länder ausgesetzt. [9][Das berichtet welt.de] mit Verweis
       auf die Welt am Sonntag. Dies betreffe neben Russland und der Ukraine auch
       Belarus, Moldau, Rumänien und weitere Länder.
       
       Abschiebungen seien „bis auf Weiteres aufgrund der Sperrung des Luftraums
       beziehungsweise der Aussetzung des direkten Linienflugverkehrs aus
       tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich“, hieß es unter anderem aus dem
       bayerischen Innenministerium. Demnach wurde der Luftraum über der Republik
       Moldau bis vorerst 25. April gesperrt und der Flughafen in der Hauptstadt
       Chisinau vorübergehend geschlossen.
       
       Auch nach Polen, Rumänien, Tschechien und die Slowakei schieben die
       Bundesländer demnach nicht mehr ab: „aufgrund der hohen Belastung“, weil
       diese Länder besonders viele Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen haben.
       Polen und Rumänien hätten mitgeteilt, dass Überstellungen bis auf Weiteres
       nicht entgegengenommen werden. Ausnahmen seien nicht möglich, heißt es aus
       dem Innenministerium in Baden-Württemberg.
       
       Allerdings wird in andere Länder weiter abgeschoben. Unter anderem soll es
       am Donnerstag nach Angaben des [10][Twitter-Accounts Deportation Alarm]
       eine Abschiebung in die Türkei geben. (jot/taz)
       
       ## Kämpfe in Mariupol halten an
       
       In der eingekesselten [11][südostukrainischen Hafenstadt Mariupol] halten
       nach britischen Angaben die schweren Kämpfe und russischen Luftangriffe an.
       „Die humanitäre Lage in der Stadt verschlechtert sich“, teilt das britische
       Verteidigungsministerium auf Basis von Informationen des
       Militärgeheimdienstes mit. Die meisten der verbliebenen Einwohner müssten
       ohne Licht, Kommunikationsmöglichkeiten, medizinische Versorgung, Heizung
       oder Wasser auskommen. Die russischen Streitkräfte hätten den Zugang für
       humanitäre Hilfen verhindert, wahrscheinlich um den Druck auf die
       Verteidiger zur Kapitulation zu erhöhen. Die Angaben waren zunächst nicht
       unabhängig zu überprüfen.
       
       Die USA wollen derweil die Ukraine mit weiteren 100 Millionen Dollar für
       Sicherheitssysteme unterstützen. Dazu gehörten Panzerabwehrsysteme, teilt
       US-Außenminister Antony Blinken mit. (rtr)
       
       ## Selenski: Russland verstärkt Truppen in der Ostukraine
       
       Die russischen Streitkräfte treiben nach Angaben des ukrainischen
       Präsidenten Wolodimir Selenski ihre Offensive in der Ostukraine voran. Die
       ukrainischen Truppen leisteten jedoch Widerstand und verhinderten ein
       weiteres Vorrücken, sagte Selenski am frühen Mittwochmorgen in einer
       Videobotschaft.
       
       Die Ukraine sei sich bewusst, dass Russland Verstärkung für seine Offensive
       zusammenziehe, erklärte der Präsident. Die ukrainischen Streitkräfte seien
       mit Blick auf die Anzahl ihrer Soldaten und ihre Ausrüstung unterlegen.
       „Wir haben keine Wahl – das Schicksal unseres Landes und unseres Volkes
       wird gerade entschieden“, sagte er. „Wir wissen, wofür wir kämpfen. Und wir
       werden alles tun, um zu gewinnen.“
       
       Selenski beriet nach eigenen Angaben mit westlichen Staats- und
       Regierungschefs über eine [12][neue Sanktionsrunde gegen Russland]. „Nach
       dem, was die Welt in Butscha gesehen hat, müssen die Sanktionen gegen
       Russland im Einklang mit der Schwere der Kriegsverbrechen stehen, die von
       den Besatzern verübt worden sind“, sagte er.
       
       Die USA wollten in Absprache mit der EU und der Gruppe der sieben führenden
       Industrienationen am Mittwoch weitere Strafmaßnahmen gegen Russland
       bekanntgeben. Vorgesehen war unter anderem ein Verbot aller neuen
       Investitionen in Russland. Die EU-Kommission schlug zudem einen Stopp von
       Kohleimporten aus dem Land vor. Es wäre das erste Mal, dass der Staatenbund
       den lukrativen russischen Energiesektor wegen der Invasion in die Ukraine
       sanktioniert.
       
       Der französische Präsident Emmanuel Macron habe sich bereit erklärt,
       technische und fachliche Unterstützung bei der Untersuchung der mutmaßlich
       von russischen Truppen [13][in Butscha begangenen Verbrechen] zu leisten,
       sagte Selenski dem türkischen Nachrichtensender „Habertürk“ am Dienstag. Er
       habe Macron auch gebeten, den Menschen in der belagerten südlichen Stadt
       Mariupol zu helfen. Selenski warf Russland vor, es wolle keine
       Hilfslieferungen in die belagerte Stadt zulassen. (ap)
       
       ## Auto rammt Tor der russischen Botschaft in Bukarest – Fahrer tot
       
       In der rumänischen Hauptstadt Bukarest ist ein Auto in das Tor der
       russischen Botschaft gekracht. Dabei sei der Fahrer ums Leben gekommen,
       teilt die Polizei mit. Ein Video, das vor dem Eintreffen der Feuerwehr
       aufgenommen wurde, zeigt, wie die Front des Autos in Flammen steht, während
       es in dem Tor verkeilt ist. Es war unklar, ob es sich um einen Unfall
       handelte oder ob der Mann absichtlich in das Tor fuhr. Die Identität des
       Fahrers nannte die Polizei nicht. In den vergangenen Wochen war es in
       mehreren europäischen Ländern vor russischen Botschaften zu Protesten gegen
       den Krieg in der Ukraine gekommen. Seit Beginn der russischen Invasion am
       24. Februar sind bislang rund 625.000 Ukrainer nach Rumänien geflüchtet,
       etwa 80.000 von ihnen befinden sich noch im Land. Rumänien hatte zuletzt
       wie auch andere europäische Staaten mehrere russische Diplomaten
       ausgewiesen. (rtr)
       
       ## Langsamer fahren für die Ukraine – Greenpeace-Aktion an Autobahn
       
       Mit Tempo-100-Schildern in den Nationalfarben der Ukraine – Blau und Gelb –
       wirbt Greenpeace für befristete Geschwindigkeitsbegrenzungen. Anhänger der
       Organisation brachten die Schilder am Mittwochmorgen an der A9 südlich von
       Potsdam an. Ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf deutschen
       Autobahnen und 80 auf Landstraßen hätte nach Greenpeace-Berechnungen seit
       Kriegsbeginn 170 Millionen Euro an Zahlungen für russisches Öl eingespart.
       
       „Zumindest für die Zeit dieses schrecklichen Kriegs das Tempo generell zu
       drosseln, ist ein einfacher Schritt, die Abhängigkeit von Ölimporten zu
       senken“, erklärte die Organisation. Sie rief die FDP auf, sich für
       Tempolimits zu entscheiden. Greenpeace setzt sich für einen Importstopp für
       russisches Öl ein. Im Gegenzug soll es autofreie Sonntage geben,
       verlängerte Homeoffice-Regelungen und einen Stopp von Inlandsflügen. (dpa)
       
       ## 🐾 Voller Barrieren
       
       Unter den Geflüchteten sind auch viele Menschen mit Behinderung. Ohne
       Ehrenamtliche würde das System in Deutschland längst zusammenbrechen.
       [14][Sonja Smolenski hat sich für die taz mit dem Thema beschäftigt].
       
       6 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Fossile-vs-gruene-Inflation/!5842048
   DIR [2] /Gewerkschafter-ueber-Sanktionen/!5843373
   DIR [3] /Reaktionen-auf-Massaker-in-Butscha/!5846984
   DIR [4] https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/gazprom-wie-ein-moskauer-dj-ploetzlich-gazprom-deutschland-kontrollierte-a-5649cc54-6839-44b0-b4cb-61668009829d#ref=rss
   DIR [5] /Netzagentur-uebernimmt-Gazprom-Germania/!5847888
   DIR [6] /Nach-dem-Massaker-in-Butscha/!5843396
   DIR [7] https://www.nytimes.com/2022/04/05/world/europe/bucha-shooting-video.html
   DIR [8] /Mutmassliche-russische-Kriegsverbrechen/!5845946
   DIR [9] https://www.welt.de/politik/deutschland/article237933839/Ukraine-Krieg-Abschiebungen-in-viele-Laender-ausgesetzt.html
   DIR [10] https://twitter.com/Deport_Alarm/status/1511606016332505093
   DIR [11] /Theaterleiter-ueber-sein-Haus-in-Mariupol/!5843112
   DIR [12] /Lieferstopp-russischer-Kohle/!5843374
   DIR [13] /Nach-dem-Massaker-in-Butscha/!5843396
   DIR [14] /Gefluechtete-aus-Ukraine-mit-Behinderung/!5843376
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johanna Treblin
       
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