# taz.de -- Mehr Tempo bei der Energiewende: Habecks Osterpaket
> Mit einem dicken Gesetzespaket will der Klimaminister die Energiewende
> forcieren. Und sein Ministerium sitzt bereits an den nächsten Konzepten.
IMG Bild: Versprochen ist versprochen? Klimaminister Robert Habeck will die Energiewende schnell umsetzen
Berlin taz | Nach gut 100 Tagen im Amt macht Wirtschafts- und Klimaminister
Robert Habeck (Grüne) ernst: Er legt ein umfassendes Konzept zur
schnelleren Energiewende und [1][zur Abkehr von Importen von Gas, Kohle und
Öl] vor. Das sogenannte Osterpaket, das fünf Gesetze ändern soll und
insgesamt über 50 Maßnahmen auf mehr als 500 Seiten umfasst, wurde am
Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen und soll als „größte
energiepolitische Novelle seit Jahrzehnten“, wie es in der Regierung heißt,
den Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland „zu Wasser, zu Land und auf dem
Dach“ kräftig beschleunigen.
Kern der umfangreichen Änderungen ist eine wichtige Weichenstellung: Der
Gesetzgeber definiert, dass die Nutzung der Erneuerbaren künftig „im
überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit
dient“. [2][Damit sollen Abwägungen bei der Planung und in
Gerichtsprozessen im Zweifel für die Öko-Energien ausfallen] – bei
Windanlagen am Land, aber auch auf See und beim verstärkten Bau von
Stromnetzen.
Zweiter wichtiger Punkt: Die Ausbauziele für Wind und Sonne im
„Erneuerbaren-Energien-Gesetz“ (EEG) werden kräftig angehoben. Der Zubau
von Wind an Land soll auf 10 Gigawatt pro Jahr und bei Photovoltaik auf 22
Gigawatt steigen, das wäre dreimal so viel wie derzeit. Der gesamte
Stromsektor soll schon bis 2035 keine Treibhausgase mehr ausstoßen, und der
Anteil des Ökostroms am Bruttostromverbrauch 2030 muss mindestens 80
Prozent betragen. In den letzten 22 Jahren hat sich dieser Anteil auf
derzeit 42 Prozent gesteigert – in den nächsten nur acht Jahren soll er
nach diesen neuen Regeln praktisch noch einmal verdoppelt werden.
Um das zu erreichen, haben Habecks BeamtInnen die letzten Wochen sehr viel
gearbeitet. Sie drehen in ihren Vorlagen an vielen kleinen Schrauben:
Solaranlagen auf Dächern, Feldern, Seen und Mooren bekommen mehr Zuschüsse,
[3][Bürgerwindparks werden bevorzugt], Kommunen verdienen mehr Geld durch
Windanlagen, um die Akzeptanz zu erhöhen. Vor der Küste können auch
Windgebiete ausgeschrieben werden, die bislang nicht auf Eignung untersucht
wurden. Die EEG-Umlage wird abgeschafft und über Steuergelder finanziert.
KundInnen bekommen mehr Rechte gegenüber ihren Energieversorgern, der
Ausbau der Stromnetze wird neu geordnet und ausdrücklich auf das Ziel
Klimaneutralität 2045 ausgerichtet.
## Ausbau im „Tesla-Tempo“
Vor allem werden in den neuen Vorschriften die Verfahren zur Planung und
Genehmigung überall gestrafft, beschleunigt und zusammengelegt. Habeck
hatte dafür schon früher [4][„Tesla-Tempo“] gefordert. Erst Anfang der
Woche hatte er weitere Steine aus dem Weg geräumt: Zusammen mit
Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) stellte er Änderungen im
Naturschutzrecht vor, die [5][gleichzeitig mehr Windräder und guten
Vogelschutz gewährleisten sollen.] Auch bei den jahrelang umstrittenen
Fragen bei der Flugsicherung hatte es einen Kompromiss mit dem
Verkehrsministerium gegeben. Und am Wochenende gab es auch eine Einigung
über die heiß umstrittene Frage, wie Mieter und Vermieter sich die höheren
Energiepreise teilen sollen.
Für das Wirtschaftsministerium ist das „Osterpaket“ erst der Anfang, die
BeamtInnen können sich nicht ausruhen. In den nächsten Wochen will das
Ministerium das gesetzlich geforderte „Sofortprogramm“ zum Klimaschutz
vorlegen, weil im vergangenen Jahr die deutschen Klimaziele vor allem bei
Gebäuden und im Verkehr gerissen wurden.
Und im Mai soll das „Sommerpaket“ folgen. In ihm werden dann die Fragen der
Wärmeversorgung wie etwa das Ende von Gasheizungen ab 2024 und neue
Effizienzmaßnahmen in Gebäuden in Gesetze gefasst. Vor der Sommerpause will
die Ampelkoalition alle diese Pakete im Bundestag behandeln. Das wäre dann
vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs nicht nur der größte, sondern auch
der bislang schnellste Umbau der deutschen Energiewirtschaft.
6 Apr 2022
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## AUTOREN
DIR Bernhard Pötter
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