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       # taz.de -- Oberstes Gericht in Pakistan: Machtvotum angeordnet
       
       > Das oberste Gericht macht die Auflösung des Parlaments rückgängig. Für
       > Samstag hat es ein Misstrauensvotum angeordnet. Dem Premier droht der
       > Machtverlust.
       
   IMG Bild: Anhänger der Opposition jubeln in Karatschi über die juristische Niederlage von Premier Imran Khan
       
       Islamabad rtr/taz | Nach einem Urteil des Obersten Gerichts in Pakistan
       steht Ministerpräsident Imran Khan vor einem Machtverlust durch ein
       Misstrauensvotum. Das Gericht erklärte am späten Donnerstag die jüngste
       Auflösung des Parlaments für ungültig und kündigte an, dieses solle in zwei
       Tagen wieder zusammentreten. Das durch die Auflösung gestoppte
       Misstrauensvotum gegen den Regierungschef werde stattfinden.
       
       Der seit [1][2018 amtierende Khan] kündigte auf Twitter an, weiter kämpfen
       zu wollen. An diesem Freitag will er sich an die Nation wenden. Khan hat im
       Parlament keine Mehrheit, seit sein wichtigster Verbündeter die
       Regierungskoalition verließ. Auch einige Abgordnete seiner Partei haben ihm
       den Rücken gekehrt.
       
       Khan hatte versucht, mit einer Auflösung der Legislative und der
       Ankündigung von Neuwahlen dem Misstrauensantrag der Opposition
       zuvorzukommen. Der Streit stürzte die Atommacht in eine Verfassungskrise.
       
       Der 69-jährige Regierungschef steht unter anderem wegen einer schlechten
       Wirtschaftslage in der Kritik. Die Oppositionsparteien hatten ein
       Misstrauensvotum gegen den früheren Cricket-Spieler auf den Weg gebracht
       und Khan aufgefordert, noch vor der Abstimmung zurückzutreten.
       
       ## Khan sieht Verschwörung der USA gegen sich
       
       Doch der Vize-Parlamentssprecher, ein Parteifreund Khans, stoppte das
       Votum, und Khan veranlasste Präsident Arif Alvi, das Parlament aufzulösen.
       Er forderte eine Neuwahl.
       
       Khan hat eine Verschwörung der USA dafür verantwortlich gemacht, dass sich
       Abgeordnete von ihm abewandt haben. Sie wollten seinen Sturz, weil er sich
       außenpolitisch verstärkt Russland zugewandt hat. Am 24. Februar, als
       Russland den Angriff auf die Ukraine startete, war Khan zu Gast bei Putin.
       
       Belege für seine Behauptungen legte Khan bisher nicht vor, die Regierung in
       Washington wies die Vorwürfe zurück. In Pakistan wird gern mit
       Anti-Amerikanismus Politik gemacht und lassen sich Menschen damit leicht
       mobilisieren. So kam es auch nach Khans Äußerungen zu anti-amerikanischen
       Protesten.
       
       Sollte Khan das Misstrauensvotum verlieren, könnte die Opposition ihren
       eigenen Ministerpräsidenten stellen und bis zu den nächsten regulären
       Wahlen im August 2023 regieren. Shehbaz Sharif von der Pakistan Muslim-Liga
       (PML-N) erklärte nach dem Urteil, er sei von der Opposition als möglicher
       Regierungschef ausgewählt worden. Er ist der Bruder des mehrfachen Premiers
       Nawaz Sharif, der im Exil lebt, und war langjähriger Regierungschef der
       Provinz Punjab.
       
       ## Imran Khan hat die Gunst des Militärs verloren
       
       Die Opposition will nach früheren Angaben die Wahl zwar vorziehen, jedoch
       vorher durch neue Gesetze dafür sorgen, dass sie frei und fair verläuft.
       Der Wahlkommission zufolge könnte eine Abstimmung frühestens im Oktober
       stattfinden.
       
       Die PML-N und die vom Bhutto-Clan geführte Volkspartei (PPP) sind die
       traditionellen von der Elite geführte Machtzentren, die sich früher an der
       Regierung abgelöst haben. Beiden werden korrupte Praktiken vorgeworfen. Sie
       haben sich jetzt gegen Khan verbündet.
       
       Der frühere Cricketstar war mit seiner Gerechtigkeitspartei (PTI) 2018 auch
       deshalb an die Macht gekommen, weil er sich als frische Kraft inszenieren
       konnte und versprochen hatte, mit der korrupten Politik der Elite
       aufzuräumen.
       
       Damals hatte ihn auch das Militär unterstützt, das sich davon auch selbst
       mehr Sympathien versprach. Das Militär hat seit der Unabhängigkeit 1947
       drei Mal zivile Regierungen gestürzt und steht als Staat im Staate
       letztlich über der zivilen Regierung.
       
       ## Militär teilt Khans Antiamerikanismus nicht
       
       Doch hat sich die Armee inzwischen mit Khan über Fragen wichtiger
       Personalentscheidungen im Geheimdienst und im Militär überworfen. Es wollte
       sich von ihm in seine eigenen Belange nicht reinreden lassen, also auch
       keine zivile Hoheit akzeptieren.
       
       Zuletzt distanzierte sich die Militärführung auch deutlich von Khans
       antiamerikanischem Kurs und kritisierte im Unterschied zu ihm Russlands
       Angriffskrieg gegen die Ukraine. Khan selbst hatte zunehmend Islamisten
       hofiert und war mit versprochenen Reformen kaum vorangekommen.
       
       In Pakistan hat noch nie ein gewählter Regierungschef eine komplette
       Amtszeit absolviert. Das dürfte auch jetzt wieder der Fall sein.
       
       8 Apr 2022
       
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