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       # taz.de -- Salmonellen in Ferrero-Fabrik: Gar keine Überraschung
       
       > Ferrero muss ein Werk in Belgien vorerst schließen – mitten im
       > Ostergeschäft. Dass es dort Salmonellen gab, wusste die Firma aber schon
       > seit Dezember.
       
       Frankfurt/Luxemburg/Arlon dpa | Schlimmer kann es für einen
       Süßwarenhersteller kaum kommen: Salmonellen, Werkschließung – und all das
       eine Woche vor Ostern. Schon seit Monaten wusste [1][Ferrero] von einem
       Problem in einer belgischen Fabrik. Nun aber zog die dortige Behörde die
       Notbremse. Warum hat der Kinder-Schokoladen-Hersteller nicht früher
       gehandelt?
       
       Bereits am 15. Dezember ist dem Unternehmen ein Salmonellen-Fall in der
       Fabrik im belgischen Arlon bekannt geworden, wie aus einer Mitteilung von
       Ferrero France in Luxemburg hervorgeht. Demnach wurden dort Salmonellen in
       einem Sieb am Auslass von zwei Rohstofftanks festgestellt. Die daraus
       gefertigten Produkte seien daraufhin zurückgehalten worden. Der Filter sei
       ausgetauscht und Kontrollen der unfertigen und fertigen Produkte seien
       gesteigert worden, so Ferrero.
       
       Am Freitag erreichten die inzwischen eingeleiteten Ermittlungen der
       Lebensmittelbehörden schließlich ihren vorläufigen Höhepunkt. Der
       Süßwarenhersteller muss die Produktion der seit Tagen im Fokus stehenden
       Fabrik in Belgien vorerst stoppen. Die Aufsichtsbehörde Afsca kündigte an,
       die Produktionslizenz für die Fabrik zu entziehen. Ferrero habe in den
       Ermittlungen nicht ausreichend Informationen geliefert, so die Mitteilung.
       Mitten im wichtigen Ostergeschäft muss Ferrero nun alle Produkte aus dem
       Werk zurückrufen, unabhängig von ihrem Produktionsdatum.
       
       Der Mitteilung von Afsca zufolge sind hiervon alle Kinder Surprise, Kinder
       Mini Eggs, Kinder Surprise Maxi und Schoko-Bons betroffen, die in Arlon
       gefertigt wurden. Betroffen von dem Rückruf ist auch das Produkt Kinder Mix
       Easter Gift Bag, das in einigen deutschen Testmärkten angeboten wurde.
       Afsca bat auch alle Vertriebsfirmen, betroffene Produkte aus dem
       Einzelhandel zu nehmen. Das Werk in Arlon dürfe erst wieder öffnen, wenn
       alle Regeln und Anforderungen der Lebensmittelsicherheit erfüllt seien.
       
       Am Freitagnachmittag meldete sich Ferrero nochmals zu Wort und gab Fehler
       im Umgang mit den Rückrufen einiger Produkte zu. Über die Gründe für die
       monatelange Lücke zwischen Bekanntwerden des Salmonellen-Falls in Arlon und
       den Rückrufen im April bleibt das italienische Unternehmen im Ungefähren:
       „interne Ineffizienzen“ sorgten demnach dafür, „dass es Verzögerungen bei
       den Rückrufen und beim Informationsaustausch gab“. Deshalb seien die
       Untersuchungen zu dem Fall nicht so schnell und effizient wie nötig
       durchgeführt worden, hieß es in der Mitteilung.
       
       ## Heftige Kritik von Foodwatch
       
       Seit Wochenbeginn hatte das Unternehmen in etlichen Ländern Produkte seiner
       Kinder-Süßwarenserie zurückgerufen, nachdem mehrere
       Salmonellen-Erkrankungen bekannt geworden waren, die in Verbindung mit den
       Produkten aus der Fabrik in Arlon gebracht wurden. [2][Betroffen von den
       Rückrufen der vergangenen Tage war auch der deutsche Markt]. Das
       Unternehmen hatte zunächst betont, dass es sich bei den Rückrufen um reine
       Vorsichtsmaßnahmen handle.
       
       Am Donnerstag teilte Ferrero mit, dass es durch die Zusammenarbeit mit
       Lebensmittel- und Gesundheitsbehörden in Europa neue Daten erhalten habe,
       die eine Übereinstimmung zwischen den in Europa gemeldeten
       Salmonellen-Fällen und dem eigenen Werk in Arlon zeigten.
       
       Heftige Kritik an dem Unternehmen übte indes die Verbraucherorganisation
       Foodwatch. „Wenn so ein Fehler passiert, muss die Bevölkerung sofort
       gewarnt werden“, sagte Andreas Winkler von Foodwatch am Freitag. Seiner
       Ansicht nach sind Eigenverantwortung und Eigenkontrollen der Hersteller
       nicht ausreichend, notwendig seien „Transparenzpflichten für Behörden,
       damit Fälle wie Ferrero umgehend öffentlich gemacht werden müssen“.
       
       Bereits zuvor hatten die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA und die
       EU-Gesundheitsbehörde ECDC Untersuchungen aufgenommen. Die beiden Behörden
       hatten am Mittwoch von 105 bestätigten Salmonellen-Fällen und 29
       Verdachtsfällen gesprochen, die meisten davon bei Kindern im Alter von
       unter zehn Jahren. Bestimmte Schokoladenprodukte seien als wahrscheinlicher
       Infektionsweg identifiziert worden.
       
       Nach Angaben der Verbraucherzentrale äußert sich eine
       Salmonellen-Erkrankung innerhalb weniger Tage nach der Infektion mit
       Durchfall und Bauchschmerzen. Manchmal könne es auch zu Erbrechen und
       leichtem Fieber kommen. Bei gesunden Menschen klingen die Beschwerden
       demnach in der Regel nach einigen Tagen wieder ab. In bestimmten Fällen
       könne es jedoch zu schweren Krankheitsverläufen kommen, insbesondere bei
       Säuglingen, Kleinkindern, alten Menschen und Menschen mit geschwächtem
       Abwehrsystem.
       
       9 Apr 2022
       
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