# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Frankreich: Macron und Le Pen in der Stichwahl
> Amtsinhaber Macron gewinnt klarer als zuletzt befürchtet. Doch
> Rechtspopulistin Le Pen hat anders als 2017 eine rechte Reserve.
IMG Bild: Präsident Macron lässt sich am Wahlabend bejubeln
Paris taz | Wie schon vor fünf Jahren kommen [1][Staatspräsident Emmanuel
Macron und die rechtsextreme Marine Le Pen in die Stichwahl] der
französischen Präsidentschaftswahl. Laut aktuellem Zwischenergebnis kommt
Macron auf 27,6 Prozent und Le Pen auf rund 23,4 Prozent. Zuletzt war nur
[2][noch mit einem eher knappen „Etappensieg“ für Macron] gerechnet worden.
Denn seit 2002 mit Jacques Chirac war die Kandidatur eines amtierenden
Präsidenten für eine Wiederwahl immer hoch kompliziert. Nicolas Sarkozy war
gescheitert, François Hollande hatte es gar nicht mal versucht. Schließlich
konnte Macron aber der Favoritenrolle, die er seit Monaten hatte, gerecht
werden.
Er erzielte nun sogar ein besseres Resultat als im ersten Durchgang 2017.
Damals hatte er mit 24 Prozent vor Marine Le Pen vorne gelegen, die auf
21,3 Prozent kam.
Macron kann mit einer gewissen Zuversicht in die zweite Runde der Stichwahl
am 24. April gehen. In den letzten Stunden vor dem ersten Wahlgang
geisterte bereits das Schreckgespenst einer eventuellen Wahl der
Rechtspopulistin Le Pen zur Staatschefin durch Frankreichs Medien. Sie hat
nun nicht nur Stimmenanteile hinzugewonnen, sondern verfügt im Unterschied
zu 2017 auch über Stimmenreserven bei den Wählerinnen und Wählern des
Rechtsextremen Éric Zemmour und zum kleineren Teil auch von der
Konservativen Valérie Pécresse.
## Zersplitterung bringt Linke um Einzug in die Stichwahl
Zemmour kam nur auf 7 Prozent, Pécresse gar lediglich auf enttäuschende 4,8
Prozent. Sie rief ihre Sympathisanten aber sogleich dazu auf, in der
Stichwahl Macron zu wählen, weil andernfalls mit Le Pen dem Land das
„Chaos“ drohe.
Der Linke Jean-Luc Mélenchon erreichte laut Zwischenergebnis fast 22
Prozent der Stimmen. Damit hat er es nicht geschafft, in seiner Aufholjagd
noch das Spitzenduo einzuholen. Seine Chancen auf eine Qualifizierung für
das Finale waren trotz einer zum Schluss frenetischen Kampagne im Voraus
als gering eingeschätzt worden.
Mélenchon fehlten für den Durchbruch [3][die Stimmen der Linkswähler und
-wählerinnen], die im ersten Wahlgang dem Grünen Yannick Jadot (4,6
Prozent), der Sozialistin Anne Hidalgo (1,7 Prozent), dem Kommunisten
Fabien Roussel (2,3 Prozent) oder den linken Splitterkandidaturen von
Philippe Poutou und Nathalie Arthaud (je weniger als 1 Prozent) ihre
Stimmen gaben. „Keine Stimme für Le Pen“, rief Mélenchon seinen Anhängern
zu, ohne explizit Macron als Alternative zu nennen.
## Sozialisten und Konservative marginalisiert
Bei diesen Wahlen gingen zwei traditionelle Regierungsparteien unter, die
Sozialisten und die Konservativen, während die Protestbewegungen von links
und rechts eine virtuelle Mehrheit gegen die Staatsräson bilden, die der
Präsident verkörpern will.
Die Wahl des Staatspräsidenten ist angesichts der großen Befugnisse des
Staatschefs alle fünf Jahre die wichtigste politische Weichenstellung in
Frankreich. Dennoch war die Beteiligung beim ersten Durchgang an diesem
Sonntag mit weniger als 70 Prozent deutlich geringer als 2017 und 2012.
Am Wahlsonntag herrschte ein prächtiges Frühlingswetter in ganz Frankreich,
das eher zum [4][Flanieren und Wandern] im Grünen als zum Gang ins
Wahllokal einlud.
Im Fernsehen nannten die Experten diese Gründe: ein Desinteresse von
Bevölkerungsgruppen, die sich nicht repräsentiert fühlen, ein [5][Groll
gegen die Staatsführung] seit der Bewegung der Gelbwesten oder ein Boykott
aus politischer Überzeugung, aber auch bloß, dass in einem Teil des Landes
die Osterferien begannen.
10 Apr 2022
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## AUTOREN
DIR Rudolf Balmer
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