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       # taz.de -- Affront gegen Steinmeier: In Kiew nicht erwünscht
       
       > Man kann die Wut in Kiew auf die deutsche Russlandpolitik verstehen. Aber
       > klug ist die demonstrative Ausladung von Steinmeier nicht.
       
   IMG Bild: Zusammen mit seinem polnischen Amtskollegen Duda wollte Steinmeier nach Kiew reisen
       
       Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat Bundespräsident
       Frank-Walter Steinmeier in Kiew faktisch [1][zur unerwünschten Person
       erklärt]. Steinmeier plante, zusammen mit den Präsidenten Polens und der
       baltischen Staaten zu reisen, doch Kiew zog es vor, Deutschland, das die
       Ukraine massiv unterstützt, eine Absage zu erteilen und demonstrativ
       vorzuführen. Dies ist das Maximum an diplomatischer Beschämung. Und –
       gelinde gesagt – ungewöhnlich.
       
       Die öffentliche Demontage des Präsidenten eines Landes, von dem man
       dringlich noch mehr Geld, mehr Waffen, mehr Sanktionen gegen den
       Kriegsgegner fordert – hat es das schon mal gegeben? Der [2][ukrainische
       Botschafter Andrij Melnyk] hat eine gewisse Raffinesse darin entwickelt,
       die politische Klasse in Berlin vor sich her zu treiben. Er wirft vor,
       verurteilt, polemisiert – um die deutsche Regierung zu mehr Unterstützung
       zu bewegen. Melynks Wortwahl ist zwar zu schrill. Aber der Kern der Kritik
       ist oft richtig:
       
       Berlin hat Putin katastrophal falsch eingeschätzt. Melnyk hatte Steinmeier
       [3][scharf attackiert] und ihm (zu Unrecht) vorgeworfen, nach dem Angriff
       am 24. Februar eine Art fünfte Kolonne Putins in Deutschland zu sein. Diese
       Polemik war die Ouvertüre – Selenskis Nein zu dem Besuch ist der Hauptakt.
       
       Man kann die Wut in Kiew auf die deutsche Russlandpolitik der letzten Jahre
       verstehen. Man kann auch die Frage, wer jetzt nach Kiew fährt und wer
       nicht, generell für überschätzt halten. Aber diese Ausladung ist
       kurzsichtig – und schadet dem ukranischen Interesse, einen geschlossenen
       Westen hinter sich zu wissen. Dieser Affront hat nichts von der oft
       bewunderten Geschicklichkeit, mit der Selenski im Westen Sympathien für
       Ukraine weckt.
       
       Sie ist aus Hybris oder Verzweiflung geboren. Sie ist eine riskante
       Erhöhung des politischen Einsatzes – und eine Art Erpressung Richtung
       Berlin. Selenski will, dass Scholz nach Kiew kommt, am besten, wie Boris
       Johnson, mit Waffen im Gepäck. Für diesen Weg hat Selenski jetzt
       eigenhändig eine hohe Hürde aufgebaut. Der Bundespräsident darf nicht, aber
       der Kanzler soll gefälligst kommen?
       
       Es ist schwer vorstellbar, dass Scholz bei diesem symbolpolitischen Diktat
       mitspielt und mit einer Visite die Beschämung des Bundespräsidenten
       nachträglich gutheißt. Er sollte es keinesfalls tun.
       
       13 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/nicht-erwuenscht-steinmeiers-ukraine-reise-geplatzt,T2oGZpz
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=GjK2jh1u6o8
   DIR [3] https://www.n-tv.de/politik/Melnyk-Feingefuehl-ist-fuer-Steinmeier-ein-Fremdwort-article23242712.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
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