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       # taz.de -- Cyber-Attacken auf Windenergiebranche: Erpressung aus dem Cyberraum
       
       > Eine Windenergiefirma aus Bremen hat einen Cyberangriff erlebt – nicht
       > als einzige der Branche. Für Cyber War hält man das dort aber noch nicht.
       
   IMG Bild: Cyberangriffe auf Windkraftunternehmen erschweren die Wartung – Strom wird aber weiter produziert
       
       Bremen taz | Die Bremer Firma Deutsche Windtechnik AG hat in der Nacht zu
       Dienstag einen Cyberangriffs erfahren. Noch immer sind Teile der Systeme
       heruntergefahren. In den vergangenen Wochen waren bereits zwei weitere
       norddeutsche Windanlagenbetreiber Opfer von Cyber-Attacken geworden.
       
       Die Attacke stellte [1][wohl eine Art Ransomware-Angriff] dar – dabei wird
       über Schadprogramme der Zugriff auf die eigenen Daten blockiert. Der
       Cyber-Angriff erfolgte gegen eine Server-Anlage in Rendsburg, betroffen
       waren indirekt aber Einrichtungen der Firma weltweit: Das gesamte
       Firmennetzwerk wurde aus Sicherheitsgründen heruntergefahren. Noch am
       Donnerstagnachmittag war das Unternehmen daher nicht per Mail zu erreichen.
       Für Kunden des Unternehmens bestehe keine Gefahr, heißt es in einer
       Presseerklärung.
       
       Die Deutsche Windtechnik ist für die Wartung von Windkrafträdern zuständig;
       normalerweise sind die Anlagen übers Internet mit dem Unternehmen verbunden
       und senden automatisch Daten über die Leistung und mögliche Fehler. Als der
       Angriff festgestellt wurde, kappte die Firma daher nach eigenen Angaben
       vorsorglich bis Donnerstag auch die Datenverbindung zu den Anlagen. Selbst
       betroffen waren die Windräder vom Angriff laut Unternehmenssprecherin Sarah
       Pirk aber nicht.
       
       Der Fall sorgte auch deshalb für Aufsehen, weil zuletzt mehrere
       Windanlagenbetreiber von Cyber-Angriffen betroffen waren: Nordex, ein
       Hamburger Hersteller von Windturbinen, musste seine Systeme nach einem
       Angriff Ende März herunterfahren. Und das Windenergieunternehmen Enercon
       aus dem niedersächsischen Aurich musste Ende Februar den Datenaustausch mit
       5.800 Windkraftanlagen abbrechen.
       
       ## Eher Cyberkriminalität als Cyberwar
       
       Das Regionalmagazin „Butenunbinnen“ von Radio Bremen hatte am Donnerstag
       [2][als erstes über den Angriff auf die Deutsche Windtechnik berichtet.]
       „Fachleute vermuten [3][Zusammenhang mit Ukraine-Krieg]“, schrieben sie in
       einer Zwischenüberschrift.
       
       Für die Störung bei Enercon gilt dieser Zusammenhang tatsächlich als
       gesichert: Am Tag des Kriegsbeginns hatte es einen Angriff auf ein
       europäisches Satellitennetzwerk gegeben – vermutet wird von Behörden, dass
       so Erkenntnisse über Russlands Vormarsch verhindert werden sollten.
       Betroffen waren aber auch Unternehmen, darunter Enercon, die über das
       Satellitennetzwerk kommunizieren – praktisch ein Kollateralschaden.
       
       Bei der Deutschen Windkraft AG selbst geht man aktuell laut
       Unternehmenssprecherin Sarah Pirk nicht davon aus, dass es sich bei der
       Attacke von Dienstagnacht um einen militärischen Angriff handelt. „Es ist
       natürlich leicht, jetzt zu unterstellen „die Russen waren's“, sagt sie.
       „Aber dafür gibt es bei uns wirklich keinerlei Anhaltspunkte.“
       
       ## Erpressung über die Blockade von Daten
       
       Cyber-Attacken gegen Unternehmen werden oft ausgeführt mit dem Ziel, Daten
       abzugreifen – zum Beispiel für Industriespionage, noch häufiger aber
       [4][als Mittel der Erpressung:] Das Unternehmen soll den Zugriff auf die
       blockierten Daten dann von den Hacker*innen zurückkaufen. Auch beim
       Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das im Fall der
       Störungen bei Enercon ermittelt hat, geht man im neuen Bremer Fall bisher
       eher von kriminellen Aktivitäten aus. „Die Angriffsform Ransomware ist
       leider immer noch ein sehr lukratives kriminelles Geschäftsmodell“, sagt
       BSI-Sprecher Joachim Wagner.
       
       Gravierend kann auch ein solch krimineller Angriff auf strategisch wichtige
       Infrastruktur sein: Stromnetze müssen bestimmte Leistungen stabil
       gewährleisten, damit sie nicht zusammenbrechen. Vor allem Angriffe auf die
       Netzbetreiber könnten daher gefährlich sein.
       
       Im Fall der Cyberangriffe seit Ende Februar konnten die einzelnen Windräder
       aber jeweils weiter Strom produzieren und ins Netz abgeben – nur die
       Kommunikation mit ihnen war unterbrochen, Leistung und Fehlerquellen
       mussten von Hand überprüft werden. „Wir haben da einen großen Vorteil etwa
       im Vergleich zu einem Atomkraftwerk“, findet Unternehmenssprecherin Pirk.
       „Die Anlagen können alle unabhängig voneinander laufen.“
       
       14 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Cyber-Erpressungen-nehmen-zu/!5837971
   DIR [2] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/cyberangriff-auf-deutsche-windtechnik-ag-bremen-102.html
   DIR [3] /Experte-ueber-russische-Cyberattacken/!5837842
   DIR [4] /Cyberangriff-auf-IT-Dienstleister/!5784001
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lotta Drügemöller
       
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