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       # taz.de -- Mietensteuer für Berlin: Ein Signal an die Bundesregierung
       
       > Die SPD will Vermieter, die zu hohe Mieten verlangen, zur Kasse bitten.
       > Was ist das Motiv für diese Steuer nach Weimarer Vorbild? Ein
       > Wochenkommentar.
       
   IMG Bild: Kundgebung für die Enteignung privater Hauseigentümer vor dem Roten Rathaus
       
       Ist das nicht ungerecht? Ausgerechnet diejenigen Mieterinnen und Mieter in
       Berlin, die ohnehin schon überhöhte Mieten zahlen, sollen nun auch noch den
       Neubau finanzieren? Nicht direkt natürlich, aber indirekt schon? So
       zumindest könnte man den Vorschlag des [1][Deutschen Instituts für
       Wirtschaftsforschung DIW] für eine „progressive Mietensteuer“ verstehen,
       den sich in dieser Woche auch die SPD-Abgeordneten Lars Rauchfuß und
       Mathias Schulz zu eigen gemacht haben.
       
       Diejenigen Vermieter, die mehr als 10 Prozent über dem Mietspiegel an Miete
       verlangen, sollen eine Abgabe entrichten. Je höher die Miete über der
       ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, desto höher soll die Abgabe sein.
       Tatsächlich würde da einiges zusammenkommen, hat das DIW errechnet. Denn 41
       Prozent aller Haushalte zahlen eine erhöhte Miete in Berlin.
       
       Die jährlichen Einnahmen für den Berliner Landeshaushalt beziffert das
       Institut auf 201 Millionen Euro. Diese könnten etwa für die Förderung für
       den Bau von Wohnungen ausgegeben werden. Vorbild ist die [2][Hauszinssteuer
       in der Weimarer Republik], mit der etwa der Bau von Siedlungen wie der
       [3][Hufeisensiedlung in Britz] finanziert wurde.
       
       ## Ersatz für den Mietendeckel
       
       Aber wer zahlt da am Ende eigentlich? Derjenige, der zuviel Miete verlangt?
       Oder diejenige, die zuviel Miete entrichtet? Natürlich müsse dafür gesorgt
       werden, dass die Mietensteuer nicht auf die Miete umgelegt wird, betonen
       Rauchfuß und Schulz. Darüber hinaus könne man überlegen, ob die Einnahmen
       nicht auch für die Senkung von Mieten verwendet werden könnten, indem das
       Land diese subventioniert.
       
       Tatsächlich ist die Frage, wer da zahlt, gerade gar nicht die
       entscheidende. Denn ein Instrument, die Mieten dauerhaft zu senken, steht
       dem rot-grün-roten Senat derzeit nicht zur Verfügung. Den [4][Mietendeckel]
       hat das Bundesverfassungsgericht kassiert. Alle anderen Instrumente wie das
       Zweckentfremdungsverbotsgesetz, das Mietenstaatssekretärin [5][Ülker
       Radziwill unlängst im taz-Interview] ins Spiel brachte, wirken, wenn
       überhaupt, nur auf Umwegen. Die Botschaft des DIW und des Senats richtet
       sich deshalb vor allem an den Bund. Macht was, lautet sie, sonst wird es
       für die Vermieter in Berlin wieder etwas ungemütlich.
       
       Dass Berlin, anders als beim Mietendeckel, eine solche Steuer verlangen
       darf, steht für das DIW außer Frage. Vorausgesetzt, sie heißt nicht Steuer,
       denn dafür hat das Land keine Gesetzgebungskompetenz. Eine Abgabe aber darf
       der Senat verlangen. Derzeit prüft die Senatsfinanzverwaltung den
       Vorschlag.
       
       Dieser aber hält noch eine zweite Botschaft bereit. Er richtet sich auch
       gegen den [6][Volksentscheid Deutsche Wohnen und Co. enteignen], über den
       derzeit eines Expertenkommission des Senats berät. Das DIW macht kein Hehl
       daraus, dass es von einer Vergesellschaftung privater Wohnungsunternehmen
       wenig hält. Wegen der hohen Entschädigungszahlungen, die das Land Berlin
       dabei leisten müsse, sei dies „ein weiterer fragwürdiger Versuch, den seit
       nunmehr gut zehn Jahren deutlich steigenden Wohnungsmieten in der
       Hauptstadt etwas entgegenzusetzen“, heißt es.
       
       Stattdessen setzen DIW und SPD nun also auf eine Abgabe. Und auf ein
       freiwilliges Mietenmoratorium der privaten Vermieter, wie es Bausenator
       Andreas Geisel (SPD) vorgeschlagen hat.
       
       Das ist ihr gutes Recht. Das gute Recht der Mieterinnen und Mieter aber ist
       es, zu sagen: Wir nehmen alles, was wir kriegen können. Einen Mietendeckel,
       den der Bund vielleicht doch noch erlaubt, ein Moratorium, eine Abgabe auf
       Wuchermieten und, wenn möglich, auch die Vergesellschaftung.
       
       23 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.828273.de/diw_aktuell_75.pdf
   DIR [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Hauszinssteuer
   DIR [3] https://www.berlin.de/sehenswuerdigkeiten/3560991-3558930-hufeisensiedlung-britz.html
   DIR [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Mietendeckel
   DIR [5] /Staatssekretaerin-fuer-Mieterschutz/!5844993
   DIR [6] https://www.dwenteignen.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uwe Rada
       
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