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       # taz.de -- Bekämpfung illegaler Inhalte im Internet: EU beschließt einheitliche Regeln
       
       > Vor allem die großen Online-Plattformen müssen Hate-Postings und
       > Fake-News spätestens ab 2024 schneller entfernen. Die Einigung in Brüssel
       > lässt aber Lücken.
       
   IMG Bild: Wer das hier anklickt, soll in der EU künftig besser vor hasserfüllten Inhalten und Unwahrheiten geschützt sein
       
       Brüssel epd | Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Mitgliedstaaten
       haben sich auf einheitliche Regeln zur Bekämpfung illegaler Inhalte im
       Internet geeinigt. Wie EU-Kommission und Europaparlament am Samstag in
       Brüssel mitteilten, sei der Durchbruch in der Nacht zu Samstag erzielt
       worden. Der sogenannte Digital Services Act sieht vor, dass
       Online-Plattformen wie Soziale Netzwerke und Onlinehändler Maßnahmen
       ergreifen müssen, um Nutzerinnen und Nutzer vor illegalen Inhalten, Waren
       und Dienstleistungen zu schützen.
       
       Hass-Postings und Desinformation sollen schneller entfernt werden. Sehr
       große Online-Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern in der EU wie
       Facebook, Amazon oder Google haben dabei die meisten Pflichten.
       
       EU-Kommissionspräsident Ursula von der Leyen nannte die Einigung
       „historisch“. „Es verleiht dem Grundsatz, dass das, was offline illegal
       ist, online illegal sein sollte, praktische Wirkung“, sagte sie laut
       Mitteilung. Die für Digitales zuständige Vizekommissionschefin Margrethe
       Vestager erklärte: Plattformen sollten ihre Entscheidungen zur
       Content-Moderation transparent machen, sie sollten verhindern, dass
       gefährliche Desinformation sich viral verbreitet und unsichere Produkte auf
       Online-Marktplätzen angeboten werden.
       
       Auch aus Deutschland kam Zustimmung. Der Bundesminister für Digitales,
       Volker Wissing (FDP), erklärte, der Digital Services Act stärke die
       Nutzerrechte und setze klare Standards für die Regulierung von
       Online-Plattformen. Der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und
       ehemalige Grünen-Europaabgeordnete, Sven Giegold, sagte, Europa schaffe mit
       dem Digital Services Act weltweit die schärfsten Standards für ein freies
       und demokratisches Internet. Auch Bundesjustizminister Marco Buschmann
       (FDP) lobte die Übereinkunft.
       
       Digitalminister Wissing verwies darauf, dass die Verfahren zur Meldung und
       Entfernung illegaler Inhalte künftig europaweit einheitlich ausgestaltet
       würden. Dazu werde mit dem neuen „Digitale Dienste Koordinator“ eine
       robuste und dauerhafte Aufsichtsstruktur in Europa aufgesetzt. [1][Auch in
       Deutschland] muss im Zuge der Umsetzung des Rechtsaktes ein Koordinator
       benannt werden.
       
       Die Geschäftsführerin von HateAid, Anna-Lena von Hodenberg, sagte, mit dem
       Gesetzgebungsvorhaben übernehme die EU eine Vorreiterrolle bei der
       Regulierung von Big Tech. Sie kritisierte jedoch, dass die EU es versäumt
       habe, [2][bildbasierte sexualisierte Gewalt, von der vor allem Kinder und
       Frauen betroffen seien, mit dem Digital Service Act zu bekämpfen]. HateAid
       setzt sich für die Belange von Betroffenen digitaler Gewalt ein.
       
       Neben einheitlichen Regeln zur Entfernung von illegalen Inhalten, müssen
       Onlinehändler beispielsweise künftig sicherstellen, dass Verbraucher
       sichere Produkte oder Dienstleistungen online kaufen können. Künftig soll
       dafür das „Kenne deinen Geschäftskunden“-Prinzip gelten, das
       Online-Marktplätze verpflichtet, ihre Händler nachzuverfolgen.
       
       Der nun beschlossene Text muss noch juristisch geprüft und formal vom Rat
       der EU und dem EU-Parlament angenommen werden. Die EU-Mitgliedsstaaten
       haben dann 15 Monate Zeit, die Richtlinien umzusetzen.
       
       ##
       
       23 Apr 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schaetzung-des-Bundeskriminalamts/!5827188
   DIR [2] https://hateaid.org/make-image-based-sexual-abuse-stop/
       
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