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       # taz.de -- Machtmissbrauch in der Slowakei: Ex-Premier Fico im Visier
       
       > In der Slowakei ist Ex-Innenminister Kaliňák verhaftet worden. Es soll
       > mit dem früheren Regierungschef Fico eine kriminelle Vereinigung geführt
       > haben.
       
   IMG Bild: Mit seinem Innenminister Kopf einer kriminellen Vereinigung in der Slowakei? Ex-Premier Robert Fico
       
       Prag taz | Es war beim Angeln mit den Kindern kurz nach Ostern, als
       [1][Robert Kaliňák] der Polizei ins Netz ging. Der ehemalige slowakische
       Innenminister gilt als bislang größter Fisch, dem die Nationale
       Kriminalagentur (Naka), eine Eliteeinheit der slowakischen Staatsgewalt,
       Handschellen anlegen durfte. Die streckt er bei seiner Verhaftung
       vergangenen Mittwoch zwar noch grinsend in die Luft. Doch das Lachen sollte
       dem studierten Juristen inzwischen vergangen sein: Am Freitag beschied ein
       Gericht, Kaliňák müsse in Untersuchungshaft bleiben.
       
       Der 51-Jährige bekleidete von 2006 bis 2018 insgesamt zehn Jahre lang das
       Amt des Innenministers und Vizeministerpräsidenten der Slowakei. Zusammen
       mit seinem Chef, dem langjährigen Ministerpräsidenten [2][Robert Fico],
       soll er unter anderem Amt und Macht zur Gründung und Unterstützung einer
       kriminellen Vereinigung missbraucht haben.
       
       Auch Fico droht eine Anklage wegen Bildung und Führung einer kriminellen
       Vereinigung. Seine Festnahme und Haft müssen allerdings erst noch vom
       slowakischen Parlament, dem Nationalrat, bestätigt werden, dem Fico im
       Gegensatz zu Kaliňák noch angehört.
       
       Über ein Jahrzehnt lang sollen Fico und Kaliňák ihre politische Macht dazu
       genutzt haben, politische Gegner zu vernichten und sich an Unternehmern und
       Investoren zu bereichern. Unterstützt wurden sie dabei angeblich von dem
       damaligen Polizeipräsidenten Tibor Gašpar und Norbert Bödör, Inhaber eines
       privaten Security-Unternehmens.
       
       ## Erst spät kam ans Licht, wozu der Machtapparat fähig war
       
       Diese sollen dabei geholfen haben, politische und wirtschaftliche Rivalen
       zu diskreditieren oder kompromittierendes Material anzufertigen. Zu den
       Opfern dieser Praktiken zählen unter anderem der slowakische Ex-Präsident
       Andrej Kiska oder auch der Wahlsieger von 2019, Igor Matovič. Beiden
       ursprünglichen Unternehmern sollten Steuervergehen angehängt werden, um sie
       so politisch zu diskreditieren. Auch vor Drohungen soll das System Fico,
       das binnen zehn Jahren zu einem Deep State geworden war, nicht
       zurückgeschreckt haben.
       
       Nachdem dieses System Anfang 2018 mit dem brutalen Doppelmord an dem
       Journalisten [3][Ján Kuciak] und seiner Verlobten Martina Kušnírová
       eskaliert war, wurde der Machtapparat Fico/Kaliňák von einer bis dahin
       beispiellosen [4][Protestwelle] zum Abtritt gedrängt. Doch nur langsam kam
       ans Licht, dass die kriminelle Gruppe um Privatunternehmer Bödör ihre
       politische Führung ganz oben im slowakischen Regierungsamt hatte.
       
       In seiner Reaktion auf die Anklage und Verhaftung Kaliňáks versucht Fico
       sich nun als Opfer darzustellen: „Das hier ist nichts weiter als politische
       Rache, ein Versuch, den Vorsitzenden der stärksten Oppositionspartei im
       Parlament zu liquidieren.“
       
       24 Apr 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Alexandra Mostyn
       
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