# taz.de -- Pussy-Riot-Mitglied entkommt Hausarrest: Filmreife Flucht
> Pussy-Riot-Mitglied Maria Aljochina ist als Lieferservice-Mitarbeiterin
> verkleidet aus dem Hausarrest entkommen. Das zeige das Chaos im
> Machtapparat.
IMG Bild: Die Aktionskünstlerin Maria Aljochina von der russischen Punkband Pussy Riot 2019
Ein Selfie, bevor sie geht und für die Ewigkeit: [1][Maria Aljochina] steht
in der grünen Uniform eines Lieferservices vor dem Spiegel. Mütze und
Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Thermorucksack für den Essenstransport auf
dem Rücken. In dieser Verkleidung soll die politische Aktivistin und
Mitglied [2][der russischen Punkband Pussy] Riot es letzte Woche aus ihrer
Wohnung in Moskau und schließlich aus Russland heraus geschafft haben.
An den Polizist:innen vorbei, die ihre Wohnung überwachten, die sie
nachts nicht mehr verlassen durfte. Ein Jahr Freiheitsbeschränkung hatte
das Urteil vergangenen September gelautet. Doch diesmal hat die russische
Regierung die Freiheit nicht lange beschränken können: Aljochina befinde
sich nicht mehr auf russischem Staatsgebiet, bestätigte ihr Anwalt am
Dienstagabend der Agentur Interfax.
Nach Angaben der New York Times hält sie sich in der litauischen Hauptstadt
Vilnius auf. Der Zeitung erzählt sie die Geschichte einer spektakulären
Flucht, die zugleich viele Fragen aufwirft, was die Kompetenz der
russischen Rechtsdurchsetzung angeht: Ein Freund hat sie bis nach Belarus
gefahren. Drei Versuche brauchte sie, um dort über die Grenze nach Litauen
zu kommen. Unterstützt wurde sie unter anderem von dem isländischen
Künstler Ragnar Kjartansson. Er soll dafür gesorgt haben, dass ein
europäisches Land, das nicht genannt werden möchte, ihr Reisedokumente
ausstellte.
## Nicht so viel Kontrolle, wie Putin gern hätte
„Es klingt wie ein Spionageroman“, sagt Aljochina der New York Times. Ein
politisches Künstler:innen-Kollektiv vs. den russischen Staat. Diesmal
haben die Aktivistinnen gewonnen. Und vor allem haben sie einen Beleg
dafür, dass in Russland nicht alles so unter Kontrolle zu sein scheint, wie
Putin es gerne hätte. Ihre Flucht zeige nur, wie chaotisch der russische
Gesetzesvollzug abläuft, meint Aljochina. Was wie ein großer Dämon wirke,
sei von innen betrachtet sehr unorganisiert. „Die rechte Hand weiß nicht,
was die linke gerade macht“, sagt sie.
Im Jahr 2012 wurde die heute 33-Jährige [3][zu zwei Jahren Straflager
verurteilt], nachdem sie in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau gegen
Putin protestiert hatte. Als vor einigen Wochen die russischen Behörden
ankündigten, ihren Hausarrest in einen Aufenthalt in einer Strafkolonie
umzuwandeln, beschloss sie, Russland zu verlassen. Zumindest vorübergehend.
Eine von Tausenden russischer Geflüchteter.
11 May 2022
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## AUTOREN
DIR Ruth Lang Fuentes
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