# taz.de -- Romantische Film-Komödien: Wo sind die Rom-Coms geblieben?
> Der Kinofilm „The Lost City“ bringt ein verloren geglaubtes Filmgenre
> zurück: die romantische Komödie. Warum werden diese kaum mehr gedreht?
IMG Bild: Bekannt für romantische Komödien: Sandra Bullock, hier mit Channing Tatum in „The Lost City“
Die großen Zeiten der Romantic Comedys scheinen vorbei – doch die Nachfrage
besteht weiterhin, wie ein Blick in die sozialen Medien zeigt. Regelmäßig
gehen Tweets viral, die neue Rom-Coms, also romantische Komödien, fordern.
Vor einiger Zeit fragte Model und Fernsehpersönlichkeit Chrissy Teigen
beispielsweise: „Wo sind all die Rom-Coms?
Es fehlen Rom-Coms und somit fehlt mir auch mein Glück“, was 130.000
Menschen likten. Das mag einer der Hauptgründe sein, warum die
[1][Netflix-Serie „Bridgerton“] so erfolgreich ist – die Leute sehnen sich
nach dieser Art von Unterhaltung.
Denkt man an die größten Hits der neunziger Jahre, sind es neben „Pulp
Fiction“ und „Titanic“ vor allem Rom-Coms, die einem einfallen: Filme wie
„Pretty Woman“, „E-Mail für dich“, „Schlaflos in Seattle“ oder „Notting
Hill“ machten aus Julia Roberts und Meg Ryan Stars, während Anfang der
nuller Jahre mit etwas mäßigerem Erfolg Kate Hudson und Katherine Heigl für
das Genre zuständig waren. Und plötzlich waren sie weg. Warum?
Dass Rom-Coms so sang- und klanglos aus unseren Kinos verschwanden, hat
primär zwei Gründe. Einerseits werden bedingt durch den Boom von
Superhelden-Franchises und Blockbustern ganz generell Filme mit mittlerem
Budget von etwa 10 bis 70 Millionen Dollar kaum noch produziert. (1997
beschwerte sich die New York Times, dass der durchschnittliche
Hollywood-Film 60 Millionen koste, während heute allein das Marketing für
[2][„The Batman“] knapp 200 Millionen betrug und [3][„Avengers: Endgame“]
ein geschätztes Budget von rund 400 Millionen Dollar hatte.)
## Kein gutes Investment
Das Problem von Rom-Coms ist zudem, dass sie für Filmstudios kein gutes
Investment sind. Sie sind nicht so günstig wie Arthouse-Filme und
versprechen zugleich nicht die hohen Einnahmen, die bei Franchises wie
„Avengers“, „Spider-Man“ oder „Star Wars“ nahezu garantiert sind, was sie
finanziell zu einem großen Risikogeschäft macht.
Außerdem lassen sie sich nicht so einfach vermarkten wie Megaproduktionen.
Damit fallen für die Studios sämtliche Merchandise-Einnahmen weg, die oft
um ein Vielfaches höher sind als die durch Kinogänge generierten Einnahmen,
die wegen kultureller Veränderungen wie Streaming-Angebote sowieso
rückläufig sind.
Und zum anderen gibt es gesellschaftliche Veränderungen, die das Genre
antiquiert wirken lassen. Für jüngere Generationen mit ihrem Bewusstsein
für Diversität, gerade was Gender und Sexualität betrifft, ist das
Standardschema der romantischen Komödie, laut der eine weiße,
heterosexuelle Frau und ein weißer, heterosexueller Mann eine monogame
Beziehung eingehen, vollkommen aus der Zeit gefallen.
„Die Hochzeit meines besten Freundes“ (wieder mit Julia Roberts in der
Hauptrolle) ist eine der wenigen großen Rom-Coms jener Zeit, in der Er und
Sie am Ende nicht zusammenkommen. Der Erfolg von Filmen wie „Crazy Rich
Asians“ beweist, dass das Interesse an romantischen Komödien immer noch
groß ist.
## Das Publikum für Rom-Coms wäre vorhanden
Die Wünsche der sehnsüchtig Tweetenden wurden jetzt immerhin halbwegs
erhört. Mit „The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt“ ist ein
Film im Kino angelaufen, der zumindest grob in das von vielen verloren
geglaubte Genre passt. Diese zaghafte Rückkehr zur Rom-Com hat keine
Geringere als Sandra Bullock in der Hauptrolle, die mit Filmen wie „Während
du schliefst“ und „Ein Chef zum Verlieben“ ohnehin für romantische Komödien
bekannt ist.
In dem Film der Regisseure Aaron und Adam Nee spielt Bullock Loretta, eine
Autorin von Liebes- und Abenteuerromanen, auf dessen Covern immer Modell
Alan (Channing Tatum) abgebildet ist und mit dem sie auf Lesereise geht.
Paramount Pictures scheint dem Hunger nach Rom-Coms allerdings noch nicht
zu vertrauen und so ist „The Lost City“ eher eine romantische Actionkomödie
geworden, in der Loretta von einem Milliardär (Daniel Radcliffe) entführt
wird, während der tollpatschige Alan versucht, sie zu retten. In den ersten
drei Wochen nach Kinostart spielte der Film in den USA immerhin 78
Millionen Dollar ein und bekam größtenteils positive Kritiken. Vielleicht
ein guter Start, um die Tür für eine neue, zeitgemäßere Riege an Rom-Coms
zu öffnen. Das Publikum dafür wäre vorhanden.
13 May 2022
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## AUTOREN
DIR Isabella Caldart
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