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       # taz.de -- Museum Berlin-Karlshorst am 8. Mai: Zwei Flaggen fehlen
       
       > NS-Gedenkstätten sind gezwungen, sich mit dem Ukrainekrieg zu
       > beschäftigen. Ein Abend am Ort der deutschen Kapitulation in Berlin.
       
   IMG Bild: Ein neues Motto und nur eine Flagge: das Museum Berlin-Karlshorst am Sonntag
       
       Berlin taz | Wo bis zum Februar die Inschrift „Deutsch-Russisches Museum“
       angebracht war, befindet sich heute ein anderer Halbsatz: „Ort der
       Kapitulation Mai 1945“ steht am [1][Museum Karlshorst] geschrieben. Dort,
       am historischen Ort der bedingungslosen Kapitulation der deutschen
       Wehrmacht in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai 1945, hängen auch nicht mehr
       die Flaggen Russlands und Belarus’, sondern einzig die der Ukraine.
       
       Das Museum, das wie kein anderes in Deutschland für den Dank an die
       Sowjetsoldaten für die Niederringung des NS-Regimes steht, hat sein
       Programm für die Nacht vom 8. auf den 9. Mai geändert. Der traditionelle
       „Toast auf den Frieden“ entfällt. Wie sollte das auch möglich sein, mitten
       im Krieg? Stattdessen hat Direktor Jörg Morré zu einer „Mahnung für den
       Frieden“ geladen.
       
       Im historischen Saal der Kapitulation, dort wo vor 77 Jahren die deutschen
       Generäle ihre Niederlage unterzeichneten, hängen sie, die Flaggen Russlands
       und von Belarus. Morré würdigt den „großen Beitrag der sowjetischen
       Soldaten“ im Kampf gegen die Nazis. Aber er spricht auch Klartext zu dem,
       was jetzt geschieht. Bei Putins Angriffskrieg missbrauche Russland „die
       Geschichte für seine Kriegspropaganda“. „Unsere Solidarität gilt der
       Ukraine“, sagt er.
       
       Das Deutsch-Russische Museum hat sich umbenannt, es heißt jetzt nur noch
       „Museum Berlin-Karlshorst“. Der Namenswechsel ist nicht nur Folge des
       Kriegs in der Ukraine. Schon lange schien die Verengung des Kampfs der
       Roten Armee gegen die NS-Diktatur einzig auf die russische Nation aus der
       Zeit gefallen und dem Moskauer Narrativ folgend. Denn tatsächlich haben ja
       auch Ukrainer, Belarussen, Angehörige der baltischen Staaten und von
       Nationen aus Mittelasien dort gekämpft. Das „Russische“ im Museumsnamen ist
       also eine unangemessene Verkürzung.
       
       ## Kränze nur mit weißen Schleifen
       
       Nicht nur Karlshorst, viele Museen und NS-Gedenkstätten in Deutschland sind
       vom russischen Angriffskrieg tangiert. In [2][Bergen-Belsen] hat man
       anlässlich des 77. Jahrestags der Befreiung am Sonntag die Vertreter von
       Russland und Belarus gebeten, keine Kränze oder Besucher zu entsenden. Für
       die Opfer aus diesen Staaten gab es Kränze mit weißen Schleifen.
       
       Gedenkstätten bangen um ihre ukrainischen Partnerorganisatoren – und um die
       hoch betagten Menschen, die Krieg, KZ und Zwangsarbeit überlebt haben, aber
       nun einen neuen Krieg erleben müssen. 47 deutsche Gedenkstätten, Museen und
       Initiativen haben deshalb ein „[3][Hilfsnetzwerk für die Überlebenden der
       NS-Verfolgung in der Ukraine]“ gegründet. Dank der Spenden konnten bisher
       über 300 Menschen unterstützt werden.
       
       9 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.museum-karlshorst.de/
   DIR [2] https://bergen-belsen.stiftung-ng.de/de/
   DIR [3] https://hilfsnetzwerk-nsverfolgte.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Tag der Befreiung
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