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       # taz.de -- Reparatur-Programm in Bremen: Zweites Leben für die Waschmaschine
       
       > Werkstätten erwünscht: Bremen soll nach dem Willen der
       > Regierungsfraktionen Reparaturnetzwerke ausbauen. So soll es weniger
       > Elektroschrott geben.
       
   IMG Bild: Hätte das wirklich alles auf den Müll gemusst? Oder wäre eine Reparatur möglich?
       
       Bremen taz | Es schont Ressourcen und das Klima, es sichert Arbeitsplätze
       vor Ort, und es macht unabhängiger von volatilen globalen Lieferketten und
       nicht überall vorhanden Rohstoffen – wer braucht eine eierlegende
       Wollmilchsau, wenn man doch reparieren kann? Reparieren ist en vogue.
       
       Durch die Ökodesign-Richtlinie der EU ist dieses Nachhaltigkeitsziel
       mittlerweile [1][auch politisch verankert]. Kund*innen müssen von
       Unternehmen künftig Informationen dazu bekommen, wie und ob ein neues
       Produkt zu reparieren ist. Die Umsetzung vor Ort ist aber noch ein ganz
       anderes Thema: Dass Werkstätten vor Ort eine Reparatur überhaupt anbieten,
       ist längst kein Standard.
       
       In Bremen wird nun überlegt, wie eine lokale Reparaturoffensive aussehen
       könnte. Ein Antrag der Regierungsfraktionen dazu wird am heutigen Mittwoch
       in der Bürgerschaft verhandelt, die Linke hatte ihn initiiert. Ein
       „Reparaturnetzwerk“, so eine Idee, soll helfen, bestehende
       Reparaturdienstleistungen in Bremen sichtbarer zu machen. Geprüft werden
       soll aber auch die Einrichtung von sogenannten Ressourcenzentren und die
       Einführung eines Reparaturbonus.
       
       Reparaturcafés, auf ehrenamtlicher Basis und gegen Spende, [2][gibt es in
       Bremen natürlich bereits,] selbst auf vielen Dörfern ist das nichts Neues
       mehr. Die Mitarbeiter*innen, die dort zu Reparaturen anleiten, sind
       Freiwillige – und ganz unterschiedlich erfahren. Eine Erfolgsgarantie gibt
       es nicht: Mal fehlen die Ersatzteile, mal die Expertise. Gut möglich ist
       es, ein paar Stunden der eigenen Zeit für eine gemeinsame Reparatur
       aufzubringen und am Ende doch mit einem kaputten Gerät von dannen zu
       ziehen.
       
       ## Vorbild ist das Ressourcenzentrum in Oldenburg
       
       Wie sich das angedachte neue „Ressourcenzentrum“ davon unterscheiden
       könnte, steht nicht im Detail fest. Gut erreichbar soll es laut Antrag
       sein, und lange Öffnungszeiten haben. Zumindest dieser Punkt wäre eine
       echte Neuerung: Die bestehenden Cafés öffnen je nach Stadtteil ein paar
       Stunden in der Woche oder auch nur einmal alle zwei Monate.
       
       Einen Hinweis auf weitere Ideen für das Zentrum gibt der Antrag: Als
       Vorbild wird Oldenburg genannt; dort ist ein Ressourcenzentrum bereits im
       Aufbau. Aktuell gibt es dort montags bis freitags jeweils zwei Stunden Zeit
       für Reparaturen: Für Textiles und für IT, für Elektrogeräte und auch für
       Möbel.
       
       Der größte Unterschied zum Reparaturcafé ist, dass das Konzept auf
       kommerziellen Anbietern basiert. Wer hier repariert, der tut das auf
       Rechnung – ganz so, wie auch in einer Werkstatt von klassischen
       Handwerksbetrieben. Mit dem Unterschied, dass dort entsprechende
       Reparaturen eben häufig nicht mehr angeboten würden, erzählt
       Ressourcenzentrumsleiter Lachlan Campbell.
       
       Die Bremer Handwerkskammer begrüßt die Initiative – solange denn
       ausschließlich Meisterbetriebe für die Reparaturen herangezogen würden.
       
       Das Oldenburger Zentrum zeigt aber auch die größte Tücke des Konzepts auf:
       Die Nachfrage sei zwar groß, erzählt Campbell, besonders für die Reparatur
       von Elektrogeräten. Die Zurückhaltung, die hohen Reparaturpreise zu zahlen,
       ist es allerdings auch: Das Konzept werde oft mit den bestehenden
       Reparaturcafés verwechselt. „Viele wollen alles für nix“, so Campbell.
       
       „Sie sind nicht bereit, Geld in die Hand zu nehmen.“ Ganz verübeln kann man
       das den Oldenburger*innen nicht: Ein kaputter Toaster wird im Zentrum
       zwar angenommen; dass die Reparatur günstiger wird, als ein Neukauf, ist
       damit aber nicht gesagt. Der Vorteil für die Kund*innen bleibt eher
       ideeller Natur. Man hat mit seinem eigenen Konsum die Umwelt weniger
       belastet.
       
       ## Reparaturbonus wird diskutiert
       
       Damit die Reparatur sich auch finanziell lohnen könnte und damit für mehr
       Menschen in Frage kommt, lässt der Bürgerschaftsantrag in Bremen noch
       weitere Modelle prüfen. Ein Reparaturbonus ist im Gespräch. Ins Leben
       gerufen wurde der in Wien: Über ein Gutscheinsystem können sich Menschen
       dort Reparaturkosten zur Hälfte erstatten lassen.
       
       Erfahrungen damit gesammelt hat in Deutschland das rot-rot-grün regierte
       Thüringen in einem Modellprojekt: Bürger*innen dort konnten sich im
       letzten Jahr für Reparaturen von Elektrogeräten zwischen Juni und Oktober
       Geld zur Hälfte zurück überweisen lassen. Wie in Wien sind bis zu 100 Euro
       pro Jahr und Bürger*in möglich. Angenommen wurde das Projekt laut
       thüringischem Umweltministerium gut. In den fünf Monaten wurden knapp 6.800
       Anträge gestellt und 480.000 Euro ausgezahlt.
       
       Vor allem Mobiltelefone sowie Waschmaschinen und Geschirrspüler wurden hier
       repariert. Die meisten Geräte waren relativ neu. Das am häufigsten genannte
       Kaufjahr war 2018. Kleingeräte tauchen unter den häufigsten Reparaturgütern
       nicht auf – der alte Toaster bleibt also auch unter den Bedingungen eines
       Reparaturbonus' eher ein exotisches Beispiel.
       
       15 May 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Lotta Drügemöller
       
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