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       # taz.de -- Gewalt und Proteste in Sri Lanka: Zorn mit tödlichen Folgen
       
       > In Sri Lanka führt der Frust der Menschen über die Regierung zu Gewalt.
       > Mehrere Menschen sterben, Ex-Premier Rajapaksa ist untergetaucht.
       
   IMG Bild: Aufruhr in Colombo: Fahrzeuge von Unterstützern der Regierungspartei wurden ins Wasser gestoßen
       
       Mumbai taz | Als Brandstifter wird Mahinda Rajapaksa mittlerweile
       bezeichnet. Bevor [1][Sri Lankas Ex-Premier zu Beginn der Woche seinen
       Rücktritt] ankündigte, sollen seine Anhänger:innen friedlich
       Demonstrierende in der Hauptstadt Colombo oder im zentral gelegenen Kandy
       attackiert haben. Landesweit hatten sich gegen Präsident Gotabaya Rajapaksa
       gerichtete „Gota-Go“-Lager („Hau ab, Gotabaya“-Lager) gebildet.
       
       Doch dann schlug der Unmut der Protestierenden in Gewalt um. Seitdem sind
       mindestens sieben Menschen gestorben (ein Suizid unter einem
       SLPP-Politiker), über 200 Menschen wurden verletzt.
       
       Seit Wochen waren religionsübergreifend Menschen zusammengekommen, um gegen
       [2][Misswirtschaft], Korruption und für den Rücktritt der Familie Rajapaksa
       aus ihren politischen Ämtern ihre Stimme zu erheben. Viele machen
       [3][Gotabaya Rajapaksa] und seinen Bruder Mahinda, die Hardliner hinter der
       buddhistisch-nationalistischen Volksfront SLPP, für die [4][schwerwiegende
       Wirtschaftskrise] verantwortlich. Seit 2019 teilten sich die Brüder die
       Ämter des Präsidenten beziehungsweise des Premierministers.
       
       Diese Unzufriedenheit mit der Regierung unter Führung des Rajapaksa-Clans
       schlug nun in einigen Teilen des Inselstaates in Wut um. Mehrere Wohnhäuser
       von Politiker:innen der SLPP wurden in Brand gesetzt. Auch Fahrzeuge
       und mindestens ein Luxushotel wurden schwer beschädigt. Laut des
       sri-lankischen Ex-Provinzgouverneurs und Direktors des Zentrums für
       Menschenrechte und Forschung, Rajith Keerthi Tennakoon, sei die Situation
       außer Kontrolle geraten.
       
       „Solange Gotabaya nicht bereit ist, zurückzutreten, wird die Lage weiter
       eskalieren“, so Tennakoon zur taz. Er erinnert daran, dass die
       Hauptforderung der Demonstranten der Rücktritt des Präsidenten Gotabaya
       Rajapaksa sei. Doch dafür gibt es keine Anzeichen. Im Gegenteil. Am Freitag
       ließ der Präsident den Ausnahmezustand ausrufen, am Montag wurde inselweit
       eine Ausgangssperre bis Mittwochfrüh angeordnet, die dann noch einmal bis
       Donnerstag verlängert wurde. Das Militär erhielt Sonderbefugnisse für
       Festnahmen und Hausdurchsuchungen.
       
       ## Demonstranten blockieren Weg zum Flughafen
       
       Beobachter vermuten, dass Gotabaya Rajapaksa weiter auf eine
       Übergangsregierung unter seiner Leitung spekuliert. Oppositionspolitiker
       wie Sajith Premadasa (SJB) haben eine Beteiligung aber ausgeschlossen. Sie
       wollen erst politisch Verantwortung übernehmen, wenn Gotabaya sich
       zurückzieht. „Die Lage ist mehr als ernst. Wir haben absolut keine Mittel –
       weder Dollar noch Rupien. Es wird eine gigantische Herausforderung für
       jeden sein, Sri Lanka zu retten“, schrieb Harsha de Silva (SJB) auf
       Twitter.
       
       Unterdessen kursieren Gerüchte, dass der ehemalige Premierminister Mahinda
       Rajapaksa mit Angehörigen zum nordöstlichen Marinestützpunkt Trincomalee
       geflüchtet sei. Im Netz zirkulieren Videos mit aufgebrachten Menschen, die
       die Familie Rajapaksa als Diebe ausbuhen. „Wir haben keine Angst vor
       Kugeln“, rufen sie.
       
       Die Demonstranten fordern, dass er und seine Familie für die Krise
       verantwortlich gemacht und festgenommen werden. Zur selben Zeit wird die
       Route zum internationalen Flughafen Katunayake (Westprovinz) von
       Demonstranten blockiert, die die Abgeordneten hindern, das Land zu
       verlassen.
       
       Es wird viel Kritik an der Polizei geübt, da sie die Zusammenstöße am
       Freitag nicht verhindert hatte. Die Menschenrechtsaktivistin Marisa de
       Silva geht davon aus, dass die Regierenden die Krise hätten kommen sehen
       müssen. Die Forderung des Volkes, dass der Präsident zurücktreten müsse,
       sei eindeutig. Alles weitere liege nun in den Händen der Regierung.
       
       10 May 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Natalie Mayroth
       
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