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       # taz.de -- HSV im Aufwind: Auferstanden aus Ruinen
       
       > Beim Spiel gegen Hannover 96 zeigt der HSV, dass er auch ohne große Namen
       > gewinnen kann. Da wirkt der Traum vom Wiederaufstieg gleich weniger
       > absurd.
       
   IMG Bild: Im Geiste schon auf dem Weg in die erste Liga: der HSV nach dem 2:0 gegen Hannover 96
       
       Hamburg taz | Zwei Fragen ergaben sich aus diesem faszinierenden Spiel:
       Warum ist der HSV [1][nicht längst aufgestiegen]? Hat Hannover 96 wirklich
       gegen den Abstieg aus der Zweiten Liga gespielt? „Es war alles dabei: Tore,
       Spielwitz, Mut, Herz und Wille“, sagte Hannovers Kapitän Julian Börner, und
       sein Kollege Hendrik Weydandt pflichtete ihm bei: „Wir haben gesehen, wozu
       diese Mannschaft fähig ist. Es ist einerseits schön zu sehen, andererseits
       traurig. Unglaublich, dass wir bis vor einer Woche [2][um den Klassenerhalt
       gekämpft haben].“
       
       Da spielten zwei Mannschaften, die das Potential zu viel mehr haben, als es
       die Tabelle ausweist. Und da traten zwei Vereine auf, die alles mitbringen,
       um in der Bundesliga eine gute Rolle zu spielen. Weil beide Klubs über
       Jahre aber Fehler an Fehler gereiht haben, blieben nach dem 2:1-Sieg des
       HSV am Samstagmittag nur kleine Erfolge im großen Maßstab: Die Hamburger
       können mit einem Sieg am Sonntag in Rostock den Relegationsrang sichern.
       Hannover beendet die Saison ohne Druck gegen Ingolstadt und will dann mit
       einem Nachfolger für Noch-Trainer Christoph Dabrowski und deutlich mehr
       Geld wieder angreifen.
       
       Das Aufeinandertreffen der Traditionsklubs umgab die prickelnde Atmosphäre
       großer Spiele. 57.000 Zuschauerinnen und Zuschauer im ausverkauften
       Volkspark zeigten, was in Hamburg möglich sein könnte. Darunter ein voller
       96-Fanblock in Rot mit 2.700 Menschen, der dazu beitrug, dass diese Partie
       des 33. Spieltages ein Fußballfest wurde.
       
       HSV-Trainer Tim Walter umarmte im Jubelkreis nach dem Abpfiff jeden seiner
       Profis und wirkte stolz auf seine Mannschaft. Später sagte er: „Wir wollen
       aufsteigen.“ Am 10. April wäre er dafür ausgelacht worden. Der HSV hatte
       0:1 in Kiel verloren und stellte sich auf eine fünfte Spielzeit in der
       Zweiten Liga ein. Walter selbst und Sportvorstand Jonas Boldt, der ihn
       eingestellt hat, standen im Mittelpunkt der Kritik. Man kennt das aus
       Hamburg.
       
       ## HSV mit No-Name-Kader
       
       Sportlich traute dem HSV niemand mehr etwas zu vor vier Wochen. Daraus hat
       die Mannschaft eine robuste Mentalität entwickelt. „Wir hatten nichts mehr
       zu verlieren, alle hatten uns abgeschrieben. Jetzt wollen wir es allen
       zeigen“, sagte Robert Glatzel. Seine Saisontreffer Nummer 20 und 21
       ermöglichten am Samstag den vierten Sieg nacheinander.
       
       Nominell hat Walter die schwächste HSV-Mannschaft der Zweitligajahre
       beieinander; da ist kein Holtby, kein Ulreich, kein Hunt mehr. Die deutlich
       namhaftere Bank besaß Hannover. Und ja, der HSV wackelte ordentlich zu
       Beginn und nach dem 2:1 durch Sebastian Kerk, es war spürbar, dass er viel
       zu verlieren hatte. Aber – anders als in den Vorjahren blieb das Konstrukt
       stabil genug, um zu gewinnen. Walter sagte: „Wir sind von uns überzeugt,
       mutig und leidenschaftlich, und genau das wollen die Leute sehen.“ Dafür
       stehen die Eigengewächse Anssi Suhonen und Josha Vagnoman.
       
       Überragender Spieler beim 15. Saisonsieg war indes [3][Bakery Jatta]. Bis
       die Socken qualmten, rannte der Rechtsaußen und bereitete beide Tore vor.
       Ganz nebenbei sind HSV-Spiele höchst unterhaltsam, weil vorn immer etwas
       passiert. Hinten auch. Der Spielaufbau ist nichts für schwache Nerven. Weil
       der lange Ball verboten und die individuelle Klasse von Schonlau und Co.
       überschaubar ist, wird fast jede Kombinationskette unter Druck zum Flirt
       mit dem Desaster.
       
       Die vergangenen vier Siege lassen den HSV die 33. Runde mindestens als
       Dritter abschließen. In diesen entscheidenden Duellen keine Federn zu
       lassen, hätten ihm nur wenige zugetraut. Sollte Walters Team Rostock
       unbeschadet überstehen, wären die ersten Geister der Vergangenheit schon
       vertrieben. Der Auftritt vom Samstag beinhaltete schon mal auf mehreren
       Ebenen Werbung für den Trainer. Es gab eine lange Verabschiedung samt
       Ehrenrunde. Offenbar wächst da wieder etwas zwischen Profis und Fans.
       
       Den Schritt in eine bessere Zukunft hat Hannover 96 vor sich – es wird
       wieder zu einem großen Umbruch kommen, diesmal unterfüttert mit frischem
       Geld, wie Vereins-Chef Martin Kind ankündigte. Bevor die ganz großen Ziele
       ausgerufen werden, mahnte Torwart Ron-Robert Zieler allerdings zur
       Vorsicht: „Etwas Demut täte uns ganz gut.“
       
       8 May 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Frank Heike
       
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