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       # taz.de -- AfD-Richtungskampf nach Wahlschlappen: Bürgerliche Bekundungen aus Hamburg
       
       > Beim Richtungskampf in der AfD fordert der Hamburger Alexander Wolf mehr
       > Parteinahme für die Ukraine. Er will damit die bürgerliche Mitte
       > erreichen.
       
   IMG Bild: Sah schon früher nicht harmonisch aus: Tino Chrupalla (links) und Alexander Wolf im Februar 2020
       
       Die Kontrahenten bringen sich in Stellung, beim geplanten Bundesparteitag
       der AfD im Juni kommt es zur großen Abrechnung. Der Parteitag in Riesa
       könnte für Tino Chrupalla der letzte als Bundesvorsitzender sein. In der
       AfD wird er für die schlechten Wahlergebnisse bei den Landtagswahlen
       [1][verantwortlich gemacht]. Nicht alle Kritiker:innen sind schon aus
       der Deckung gekommen. Einer im Norden aber schon: Alexander Wolf,
       stellvertretender Vorsitzender der Hamburger Bürgerschaftsfraktion.
       
       Die AfD schmerzt vor allem, dass der Wiedereinzug ins
       schleswig-holsteinische Landesparlament [2][nicht gelungen ist]. Ein alter
       Vorwurf an den Landesverband zwischen den Meeren brach neu auf, der auch
       dem Verband an der Elbe schon gemacht wurde: zu moderat, zu bürgerlich,
       doch aus der bürgerlichen Mitte würde die AfD kaum noch enttäuschte
       CDU-Wähler:innen gewinnen können.
       
       Diese Position kontert Wolf nun – wenig überraschend. Mit Blick auf die
       „bürgerlichen Kreise“ hält er, der auch im Bundesvorstand sitzt, Chrupalla
       vor, angesichts des Krieges in der Ukraine zu sehr auf der Seite Russlands
       zu stehen. „Wir sollten uns stärker für den Freiheitskampf des ukrainischen
       Volkes engagieren, das wäre patriotisch und sinnvoll“, sagte er der Welt.
       
       Und weiter: „Wir haben auch deshalb Stimmen verloren, weil manche
       Positionierungen aus der AfD so verstanden werden können, dass wir zu nah
       bei Putin sind.“ Die bürgerliche Mitte stünde jedoch überwiegend auf der
       Seite der Ukraine. Wolf wurde noch deutlicher: „Dieser [3][Kurs von Tino
       Chrupalla] ist ein Irrweg, der die AfD fast eine weitere Landtagsfraktion
       gekostet hätte“, betonte er, und: „‚Frieden schaffen ohne Waffen‘ ist eine
       Kirchentagsparole, nicht die Position der AfD.“
       
       ## „AfD-Ost“ befürchtet
       
       In den bundesweiten AfD-Konflikten trat Wolf bislang selten öffentlich in
       Erscheinung. Mit diesen Vorhaltungen greift er nun den Bundesvorsitzenden
       sowie auch ein mögliches Bundesvorstandsmitglied an: Vor wenigen Tagen
       hatte [4][Björn Höcke] ein Meme mit der Friedensbewegungsparole und einer
       Friedenstaube sowie seinem Konterfei in mehreren sozialen Medien gepostet.
       Der Landtagsfraktionschef aus Thüringen deutete unlängst an, für den
       Bundesvorstand kandidieren zu wollen – erstmals. Schon die Ankündigung,
       meinen Höcke-Kritiker:innen, habe Wahlzuspruch gekostet.
       
       Mit seiner direkten Kritik ist Wolf nicht allein. Parteiintern wird schon
       eine AfD-Ost befürchtet. Gleich nach dem Scheitern in Schleswig-Holstein
       wurde eine „Offensive West“ gefordert. Die Idee hat Chrupalla prompt
       gekapert, der jetzt eine „Initiative West“ und einen „Westbeauftragten“
       ankündigte.
       
       Die Ankündigung dürfte Wolf nicht reichen. Erneut nutzt er den Disput, um
       sich [5][als bürgerlich-moderat darzustellen]. Dabei hatte Wolf 1991 noch
       einen Arbeitskreis der neurechten Jungen Freiheit geleitet und für die
       Wochenzeitung geschrieben. Dass deren Chefredakteur Dieter Stein, am 23.
       Mai in Hamburg in der Reihe „Fraktion im Dialog“ sprechen soll, kann dabei
       als Stellungnahme verstanden werden: Stein warnt immer wieder vor einem
       radikalen Kurs der AfD.
       
       21 May 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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