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       # taz.de -- Brandes verlässt Naturschutzorganisation: WWF-Chef geht
       
       > Nachdem mehr als zwei Drittel der Belegschaft ihm in einem Brief ihr
       > Misstrauen ausgesprochen hatten, gibt Eberhard Brandes sein Amt auf.
       
   IMG Bild: Der WWF auf Suche nach Unterstützung in München
       
       Berlin taz | Der WWF verkündet die Nachricht am späten Freitagnachmittag:
       Die Naturschutzorganisation bekommt einen neuen Chef. „Der
       Geschäftsführende Vorstand Eberhard Brandes wird den WWF Deutschland
       verlassen und sich neuen Betätigungsfeldern widmen“, heißt es in der
       Pressemitteilung. „Der Stiftungsrat ist seinem Wunsch nach sofortiger
       Beurlaubung nachgekommen.“ Zu den Gründen steht darin nichts.
       
       Was hier beiläufig mitgeteilt wird, ist der vorläufige Höhepunkt eines
       internen Aufstandes von Mitarbeitenden des WWF gegen die Führungsriege.
       Nach taz-Informationen zieht Brandes die Konsequenzen aus den Vorwürfen
       gegen ihn, [1][die die taz öffentlich gemacht hatte]. Brandes soll eine
       Liebesaffäre mit der WWF-Finanzchefin gehabt haben, ohne das seinem
       Arbeitgeber zu melden. Das hätte er nach internen Richtlinien allerdings
       wohl tun müssen, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Es steht der
       [2][Vorwurf von Machtmissbrauch i]m Raum.
       
       Die Affäre war intern bekannt geworden, weil die Personalchefin des WWF sie
       durch Zufall bemerkt hatte. Die Finanzchefin hat den WWF mittlerweile mit
       einer Abfindung verlassen. Ihr sollen kurz vor ihrem Ausscheiden auch noch
       15.000 Euro für ein MBA-Studium finanziert worden sein. Es sei ihr zudem
       eine sehr lange Freistellung „bei überwiegend voller Vergütung“ gewährt
       worden, wie es die Personalchefin schriftlich festgehalten hat. Den
       Aufhebungsvertrag hatte ihren Angaben zufolge Brandes selbst aufgesetzt.
       
       Die Personalchefin [3][zeigte den Vorgang intern an], nutze dafür eine
       Hinweisgeberplattform und wandte sich an den Stiftungsrat, das Aufsichts-
       und Kontrollorgan der NGO. Daraufhin wurde eine externe Anwaltskanzlei mit
       einer Untersuchung beauftragt. Das Ergebnis ist unter Verschluss.
       
       ## Mitarbeitende gegen Brandes
       
       Der WWF hatte den Compliance-Fall eigentlich als abgeschlossen betrachtet.
       Das wollte die Personalchefin aber nicht hinnehmen. Sie klagt derzeit vor
       dem Berliner Arbeitsgericht gegen den WWF. Die Personalerin will
       erstreiten, dass sie den Inhalt des Untersuchungsberichts zu sehen bekommt.
       Sie bemängelt auch, wie mit ihr als Whistleblowerin umgegangen wurde:
       Nachdem sie die Affäre gemeldet hatte, sei sie von ihren Vorgesetzten
       gegängelt worden. Von weiten Teilen der Belegschaft bekam sie nun
       Unterstützung.
       
       Anfang Mai hatte fast die komplette mittlere Leitungsebene in einem Brief
       der Chefetage des WWF Deutschland ihr Misstrauen ausgesprochen. Nachdem die
       taz über die Vorgänge berichtete hatte, zogen in der vergangenen Woche auch
       die übrigen Mitarbeitenden nach.
       
       344 von ihnen unterschrieben einen Brief, in dem sie den Stiftungsrat des
       WWF aufforderten, Eberhard Brandes als Vorstand abzuberufen. Das sind mehr
       als zwei Drittel der Belegschaft. Der WWF sei in einer Führungskrise,
       schreiben sie. Seine Glaubwürdigkeit sei schwer beschädigt, nach außen und
       nach innen. Kooperationspartner*innen und Spender*innen seien
       durch die Vorwürfe stark verunsichert.
       
       ## Vertrauen zerstört
       
       Die Mitarbeitenden werfen Brandes nicht nur einen intransparenten Umgang
       mit seinen möglichen Interessenkonflikten vor. Sie bemängeln auch, dass
       Brandes eine frauenfeindliche Arbeitsatmosphäre geschaffen habe.
       
       Solche Vorwürfe waren in der Vergangenheit schon mehrfach im WWF
       thematisiert worden, allerdings bislang weitgehend ohne Konsequenz
       geblieben. Die Mitarbeitenden fordern daher einen strukturellen Neuanfang
       der Naturschutzorganisation, ohne Brandes und mit paritätisch besetzten
       Leitungspositionen. Der Druck war nun so groß geworden, dass der
       langjährige Chef nicht zu halten war.
       
       Brandes Aufgaben übernimmt vorübergehend Christoph Heinrich, bisher
       Vorstand Naturschutz des WWF. Am Montag soll die Belegschaft auf einer
       Mitarbeiterversammlung darüber informiert werden, wie es weitergehen soll
       und das Vertrauen zwischen der Belegschaft und dem Stiftungsrat
       wiederhergestellt werden kann.
       
       Bislang äußerte sich der WWF zu diesen Zusammenhängen nicht. „Der WWF
       Deutschland hat in den sechzehn Jahren unter Eberhard Brandes Führung die
       Wirkung und Wahrnehmung seiner Aktivitäten erheblich steigern können“, wird
       Valentin von Massow, Vorsitzender des WWF-Stiftungsrats zitiert.
       
       Man werde „unsere Organisation und die Anforderungen an Mitarbeitende und
       Gremien auch in Zukunft weiterentwickeln“. Zu welchen Konditionen Brandes
       ausscheidet, wollte eine WWF-Sprecherin nicht sagen. „Zu
       Personalangelegenheiten und Details zu Arbeitsverträgen äußern wir uns
       grundsätzlich nicht in der Öffentlichkeit“, teilte sie mit.
       
       22 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Fuehrung-des-Umweltverbands-WWF/!5850257
   DIR [2] /Nach-taz-Recherche-zu-Interessenkonflikt/!5856126
   DIR [3] /Vorwuerfe-von-Machtmissbrauch/!5854237
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Fromm
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