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       # taz.de -- Friedensbewegung in Deutschland: Wachsam gegenüber Imperialismen
       
       > Pazifist*innen geraten zunehmend in die Defensive. Dabei wird gern
       > vergessen, dass ihre Kontakte zu Gorbatschow mit zur Abrüstung führen.
       
   IMG Bild: Ostermarsch in Berlin 2022
       
       Bürger*innen, die vor der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine warnen,
       machen sich derzeit verdächtig, auf Putins atomare Drohungen
       hereinzufallen. Ebenso hängt [1][Ostermarschierer*innen] der Ruf
       nach, „Putins [2][fünfte Kolonne]“ (so Graf Lambsdorff) zu sein, obwohl
       manche von ihnen eine angemessene militärische Verteidigung der Ukraine
       durchaus befürworten.
       
       Vor 42 Jahren, als 4 Millionen den [3][Krefelder Appell] zur Rücknahme des
       Nato-Doppelbeschlusses unterzeichneten, wurde ihnen vorgeworfen, das
       parallel zur Stationierung amerikanischer Pershing-II und Cruise Missiles
       an die UdSSR gerichtete Verhandlungsangebot zum Abbau russischer
       SS20-Mittelstreckenraketen zu ignorieren. Die damit verbundene
       Doppelstrategie habe Gorbatschow veranlasst, dem Westen weitreichende
       atomare Abrüstungsangebote zu machen.
       
       Übersehen wird dabei, dass dafür ebenso die damaligen Kontakte der
       Friedensbewegung zu Gorbatschow ausschlaggebend waren. Und nicht nur das:
       Es bestand durchaus Atomkriegsgefahr. Darüber hinaus hatte sich ein
       beachtlicher Teil der Friedensbewegung dem Aufruf „Für ein atomwaffenfreies
       Europa“ angeschlossen, der von der britischen [4][Russell Peace Foundation]
       ausging und eine eigene Doppelstrategie vorsah:
       
       Von beiden Großmächten wurde verlangt, alle Atomwaffen von europäischem
       Territorium abzuziehen und insbesondere von der Sowjetunion, die Produktion
       ihrer SS-20-Mittelstreckenraketen zu beenden. Zugleich distanzierte man
       sich von allen einseitigen Schuldzuweisungen sowie jeglicher
       Instrumentalisierung: „Wir müssen uns allen Versuchen von Politikern aus
       Ost und West widersetzen, diese Bewegung zu ihrem eigenen Vorteil zu
       manipulieren.“
       
       Hätte sich die Friedensbewegung an solche Vorsätze gehalten, so stünde sie
       jetzt anders da: Sie wäre wohl sogar imstande gewesen, frühzeitig auf
       Putins imperiale Bestrebungen hinzuweisen. Weiterführend bedeutet dies:
       erhöhte Wachsamkeit gegenüber allen Imperialismen und ihren Schubkräften
       hin zu einer atomaren Apokalypse!
       
       26 May 2022
       
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