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       # taz.de -- Hannover ehrt jüdische Kinderärztin: Gedenken an Elisabeth Müller
       
       > Die Nazis ermordeten Elisabeth Müller 1944 in Auschwitz. Nun hat die
       > Stadt Hannover einen Platz in der Südstadt nach ihr benannt.
       
   IMG Bild: Hier wurde Elisabeth Müller ermordet: KZ Auschwitz​
       
       Hannover taz | Als Elisabeth Müller 1933 bei der kassenärztlichen
       Vereinigung um Auskunft bittet, ob auch ihre Zulassung nun erloschen sei,
       ist die Rückmeldung voll Häme: Wo sie nun schon aktiv nachfrage, könne man
       ihr, als „nichtarischer“ Medizinerin, sehr gerne die Zulassung aberkennen.
       [1][Mit der Machtergreifung der Nazis] beginnt für die in Hannover geborene
       Müller eine leidvolle Lebensphase, die 1944 in Auschwitz enden wird.
       Deshalb ist in Hannover nun ein Platz nach ihr benannt worden: Die Kreuzung
       zwischen Sallstraße und kleiner Düwelstraße in der hannoverschen Südstadt
       heißt jetzt Elisabeth-Müller-Platz.
       
       1895 kam Müller in Hannover als zur Welt. Ihr Vater Siegfried Müller war
       Bankier und die Mutter stammte aus einer Kaufmannsfamilie. In der
       Rumannstraße 25 lebte Familie Müller gutbürgerlich. Die junge Elisabeth
       Müller schrieb sich dann zum Medizinstudium in Heidelberg ein.
       
       Weit verbreiteter Antisemitismus schloss zahlreiche andere Berufswege aus,
       noch bevor die Nazis an die Macht kamen. So blieben Jüd:innen etwa hohe
       Staatsämter verschlossen und sie wählten daher freie Berufe, wie
       Ärtz:innen oder Anwält:innen. 1922 promovierte Müller in Göttingen und
       wurde als Ärztin zugelassen. 1925 kehrt sie nach Hannover zurück und
       arbeitete als Kinderärztin, wo „Tante Lieschen“ sehr beliebt gewesen sein
       soll.
       
       Nachdem ihr die Zulassung aberkannt wurde, zog sie zunächst in die Schweiz
       und arbeitete in einer Genfer Kinderklinik. Doch schon 1934 musste sie
       notgedrungen nach Deutschland zurückkehren – ihr Visum war abgelaufen.
       Gemeinsam mit der jüdischen Lehrerin Annerose Heitler eröffnete sie bei
       Freiburg das jüdische Kinderheim „Sonnenhalde“.
       
       ## Aus Geldmangel kehrte Müller nach Hannover zurück
       
       Doch als auch die „Sonnenhalde“ 1938 schließen musste, floh Heitler nach
       England – Müller fehlten dazu die Mittel und die Beziehungen. So kehrte sie
       1939 nach Hannover zurück, und leitete fortan das jüdische Krankenhaus in
       der Ellernstraße 16. Vermutlich auch, weil ihre Schwester mit Mann in die
       USA geflohen und ihre Brüder verstorben waren, entschied sie sich bei den
       Eltern zu bleiben.
       
       1941 deportierten die Nazis die noch verbliebenen hannoverschen Jüd:innen
       in das jüdische Krankenhaus. Auch Müllers Eltern kamen dorthin und starben
       wenig später. Ob Müller ihnen womöglich beim Suizid assistierte, wird in
       der Geschichtsforschung vermutet, wenngleich es nicht abschließend geklärt
       ist.
       
       1942 kam Elisabeth Müller [2][ins Ghetto Theresienstadt] und leitete dort
       ein „Siechenheim“, was sie in einem Brief als „Stätte unsagbaren Elends“
       beschrieb. Am 19. Oktober 1944 wurde sie [3][nach Auschwitz verschleppt und
       ermordet].
       
       27 May 2022
       
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