# taz.de -- Protest gegen Abschiebeknast Glückstadt: Hungerstreik beendet Abschiebehaft
> Nach neuntägigem Hungerstreik wurde Hossein N. aus der Abschiebehaft in
> Glückstadt in Schleswig-Holstein entlassen. Seine Perspektive ist
> schlecht.
IMG Bild: Die Forderung ist eindeutig: Protest gegen den Abschiebeknast in Glückstadt
Bremen taz | Einzig sein kritischer gesundheitlicher Zustand hat Hossein N.
vor einer Abschiebung bewahrt – vorerst zumindest. Der 52-Jährige wurde am
Dienstagabend aus dem [1][Gefängnis in Glückstadt] in Schleswig-Holstein
entlassen, [2][nachdem er neun Tage im Hungerstreik verbracht hatte] (taz
berichtete). Reiseunfähigkeit ist laut dem Schreiben, das er bei der
Entlassung bekommen hat, der Grund dafür. Die Sprecherin der Stadt Kiel
bestätigt dies. „Der Abschiebetermin wurde daraufhin abgesagt und die
Abschiebehaft bis auf Weiteres verschoben.“
Derzeit fühle er sich „sehr schwach“. Er brauche Zeit, gesundheitlich
wieder zurechtzukommen. Doch die Freude über die wiedererlangte Freiheit
ist groß: „Es ist eine schwierige Zeit für mich, aber heute bin ich wieder
frei“, sagte er am Tag nach seiner Entlassung. Jetzt müsse er den nächsten
Termin bei der Ausländerbehörde abwarten. Was dann passiert, wisse er
nicht. „Ich hoffe aber, dass ich endlich ein Bleiberecht bekomme.“
Die Antwort der Kieler Behörde klingt jedoch nicht sehr vielversprechend:
Sein Asylantrag sei 2017 abgelehnt worden, der Rechtsweg ausgeschöpft, das
Urteil seit 2018 rechtskräftig. Seither bestehe Ausreisepflicht, und das
ändere sich auch durch die Entlassung nicht. „Über das weitere Vorgehen
wird in den nächsten Wochen beraten.“
Am 11. Mai wurde Hossein N. von der Polizei in die Abschiebehaft gebracht.
Denn beim Abschiebeversuch kurz zuvor habe er Widerstand geleistet und die
Abschiebung dadurch verhindert, schreibt die Kieler Sprecherin. Kurz darauf
tritt er in den Hungerstreik. Seine [3][Abschiebung nach Griechenland], wo
er 2003 erstmals einen Asylantrag gestellt hatte, ist zu dem Zeitpunkt für
den heutigen Freitag angesetzt.
## Die Arbeitserlaubnis fehlte
N. ist Iraner mit kurdischen Wurzeln, floh 1999 über die Türkei nach
Griechenland. Nachdem er dort festgehalten wurde, ging es weiter über die
Schweiz nach Deutschland. Hier will er bleiben. Seit neun Jahren lebt er in
Kiel. [4][Er spricht Deutsch, möchte arbeiten.] Doch die Ausländerbehörde
weigerte sich bislang, dies zu erlauben – fehlte doch der iranische Pass
von N. Aus Angst, dass seine Familienmitglieder im Iran vom dortigen Regime
bestraft würden, könne er sich jedoch nicht an die Botschaft wenden, um
einen Pass zu beantragen, erklärte er.
Das Abschiebegefängnis in Glückstadt wurde im Sommer vergangenen Jahres in
Betrieb genommen. Es dient den Ländern Schleswig-Holstein, Hamburg und
Mecklenburg-Vorpommern und bietet Platz für bis zu 60 Menschen. Von außen
sieht die Ex-Kaserne aus wie ein Hochsicherheitsgefängnis. Aber die
Sicherung diene dazu, „dass sich die Menschen innerhalb ihrer Bereiche frei
bewegen können“, sagte der Sprecher des schleswig-holsteinischen
Landesamtes für Zuwanderung und Flüchtlinge damals der taz. Denn das Motto
der Einrichtung lautet: „Wohnen minus Freiheit“.
Damit habe das Gefängnis aber wenig zu tun, sagt Ela Hazem, Sprecherin der
Kampagne „Kein Abschiebegefängnis in Glückstadt und anderswo!“, die Hossein
N. unterstützt. Er selbst sagte am Mittwoch wenig zu den Bedingungen vor
Ort. Aber: „Wenn man eingesperrt ist, egal ob das Gebäude modern oder alt
ist, geht es einem nicht gut. Ein unklares Schicksal wartet auf die
Menschen, die dort sind.“
Die Initiative kündigt nun eine Demo in Kiel an. Denn ihre Forderung ist
mit der Freilassung von Hossein N. noch lange nicht erfüllt: das
Abschiebegefängnis in Glückstadt zu schließen.
26 May 2022
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## AUTOREN
DIR Alina Götz
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